In Liebe verführt
ausmachen und dachte einen Moment lang sehnsüchtig an einen warmen Platz am Kamin, eine Schüssel heißer Suppe, ein Glas mit würzigem Punsch. Das alles waren Winterannehmlichkeiten und Dinge, die ihr noch gestern sicher nicht in den Sinn gekommen wären, als die Sonne heiß von einem strahlend blauen Himmel brannte und die Mary Rose über glitzernde Wellen dahingeglitten war. Heute musste sie sich unter minimaler Segelmenge durch tiefe Wellentäler arbeiten, dann Berge erklimmen und wieder jenseits hinunterkippen.
»Ist dir übel?«
Sie drehte sich um, als sie Cosimos Stimme hörte. »Nein, aber besonders wohl fühle ich mich auch nicht.«
»Das ist auch keine Situation zum Wohlfühlen«, stimmte er ihr zu und stellte sich neben sie. »Und ich fürchte, das wird noch eine Weile so bleiben. Die Bucht von Biscaya ist bekannt für ihre schwere See und das schlechte Wetter.«
»Ich wünschte, du hättest mich vorher gewarnt«, sagte sie nur halb im Scherz.
»Hätte das etwas geändert?« Er lockerte seinen schweren Umhang, dann legte er einen Arm um ihre Schultern, zog sie an sich und schlang die weiten Falten um sie beide.
»Nein, natürlich nicht«, gab sie wahrheitsgemäß zu und atmete tief das warme Aroma seines Körpers ein, das unter dem dicken Mantel gefangen war. Sein Hemd roch noch nach Seife und dem Sonnenschein des vergangenen Tages, in dem es getrocknet war, dazu kam ein schwacher, erdiger Hauch von Schweiß durch seinen vorherigen Kampf mit einem widerspenstigen Steuerruder.
»Wir segeln in ziemlichem Abstand von der Küste«, bemerkte sie und fragte sich, ob das Meer näher beim Land nicht so rau war.
»Im Moment«, stimmte er ihr zu. »Ich will keine unnötige Aufmerksamkeit bei den französischen Patrouillen erregen. Aber morgen Abend segeln wir an Land.«
»Und warum wird es morgen Abend weniger gefährlich sein?«
»Wird es nicht, aber ich habe an Land etwas zu erledigen.«
Schon eineinhalb Tage waren vergangen, seit sie Sark verlassen hatten, und Meg war es zufrieden gewesen, jeden Augenblick so zu leben, wie er sich darbot, wobei sie nicht weiter an den kriegsbezogenen Zweck dieser Fahrt dachte. Jetzt wurde ihr diese Tatsache wieder bewusst. »Du willst wirklich an Land gehen?«
»Nur für eine oder zwei Stunden.«
»Um was zu tun?«
Er schüttelte mit gespieltem Vorwurf den Kopf. »Stelle keine Fragen, dann muss ich dir keine Lügen erzählen, meine Liebe.«
»Aber ich bin doch nicht einfach nur ein Mitglied deiner Mannschaft«, protestierte sie. »Ihnen scheint es nichts auszumachen, wenn sie nichts wissen. Mir schon. Es bedeutet mir etwas zu wissen, was du tust und warum.«
Sein Gesichtsaudruck wurde düster, wie sie es vorausgesehen hatte, und er bekam jenes kalte Glitzern in die Augen, das sie so hasste. »Du bist auf meinem Schiff«, stellte er fest. »Und du wirst immer genau das erfahren, wovon ich möchte, dass du es erfährst. Nicht mehr und nicht weniger.«
Sie wollte nicht mit ihm streiten, konnte seine Bemerkung jedoch nicht so stehen lassen. »Das ist nicht gut genug, Cosimo. Ich weigere mich, denselben Regeln unterworfen zu werden wie deine Besatzung. Ich bin deine Geliebte, und ich würde gern glauben, dass ich auch deine Freundin bin… jemand, der etwas mehr Vertrauen verdient.«
»Du bist beides, aber das hat mit der Sache nichts zu tun. Solange du auf meinem Schiff bist, wirst du dieselben Informationen bekommen wie alle anderen«, beschied er sie. »Glaube mir, ich habe meine Gründe.«
»Oh, das glaube ich gern«, sagte sie beißend und entwand sich dem Schutz seines Umhanges. »Aber sag mir bitte eines: Wenn das jetzt Ana wäre, die da neben dir stünde, würdest du sie mit dem gleichen Mangel an Vertrauen behandeln?«
Darauf wusste er keine Antwort. »Bitte entschuldige mich«, sagte er nur und ließ sie stehen. Die eisige Art seines Abschieds brachte sein Missfallen deutlicher zum Ausdruck, als es Anbrüllen hätte tun können.
Wenn Ana bei ihm wäre, dann hätte er nicht diese ungeplante Landung in Quiberon vor sich. Es gab dort draußen einen geheimen Brieftaubenposten, der nicht von der Marine organisiert war, sondern von seinem Netzwerk von Spionen. Cosimo hatte von Sark aus die Nachricht über Anas Gefangennahme hinübergeschickt. Seine Agenten dürften sofort damit angefangen haben, sie zu suchen. Wenn es irgendeinen Fortschritt zu vermelden gab, würde die Nachricht nach Quiberon geschickt werden. Wenn er dort noch keine Nachricht vorfand, war
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