In Liebe verführt
gewissen Gelegenheiten die Strippenzieherin sein. Das würde sie ihm beweisen. Sich bei hohem Seegang zu lieben war eindeutig eine bemerkenswerte Angelegenheit, dachte Meg eine Weile später. Man brauchte dazu die Balance einer geübten Turnerin. Cosimo hatte da kein Problem, doch schließlich war das Meer sein natürlicher Lebensraum. Er kam nicht für einen Augenblick aus dem Rhythmus, mit dem er tief in sie eindrang, und brachte sie trotz der schwankenden Umgebung unausweichlich zum erruptiven Höhepunkt.
»Das war so ähnlich, als ob man sich auf dem Rücken eines galoppierenden Pferdes liebt«, bemerkte sie verträumt und strich mit der Hand über seinen schweißfeuchten Rücken, als er sich jetzt neben sie rollte.
»Wann hast du denn Sex auf dem Rücken eines Pferdes gehabt?« Er streichelte amüsiert ihren Bauch.
»Na ja, eigentlich nie, aber ich stelle mir vor, dass es sich so anfühlen müsste.«
»Wir sollten das bei Gelegenheit mal ausprobieren«, alberte er. Dann richtete er sich mit einem Seufzer auf und kletterte aus dem Bett. »Ich habe mein Schiff schon zu lange unbeaufsichtigt gelassen.« Er zog Kniehosen und Hemd an – und stutzte. »Was hast du da vorher über wärmere Kleidung gesagt?«
»Dass ich danach gesucht habe«, erwiderte sie unter einem Berg wirrer Decken hervor. »Es ist zu kalt für Seide. Wenn Ana also nichts für schlechtes Wetter eingeplant hat, werde ich im Bett bleiben müssen, bis es wieder wärmer wird.«
»Nun, es gibt tatsächlich Kleidung, die Ana bei kaltem Wetter getragen hätte«, sagte er mit einem Funkeln im Blick, das Meg vorsichtig machte.
»Und wo ist die?«, fragte sie misstrauisch.
»In einem von jenen Schränken dort, glaube ich«, sagte er und deutete mit einer vagen Geste zu der Reihe von Schränken unter der Bank am Backbordfenster.
»Da habe ich schon nachgeschaut, aber nichts entdeckt.« Sie setzte sich auf und zog die Decken bis unter ihr Kinn.
Das Funkeln verstärkte sich. »Vielleicht hast du die Sachen nur nicht als solche erkannt.« Er setzte sich und zog seine Stiefel an. »Sie sind etwas ungewöhnlich, werden dich aber warm halten.« Er griff nach seinem Wettermantel. »Ich muss zugeben, dass ich gespannt bin, dich darin zu sehen. Sie werden dir sicher wunderbar passen.« Er beugte sich über sie und küsste sie. »Komm doch an Deck, wenn du dich angezogen hast.« In seinem leisen Lachen lag ein derart amüsierter Klang, dass sie die Stirn runzelte.
»Also worüber genau hat er da gerade gesprochen?«, fragte Meg Gus, der auf seiner Stange saß und sich emsig putzte.
»Gut’n Tag«, sagte er unpassenderweise.
»Dir auch.« Meg rappelte sich aus dem Bett und wickelte sich schaudernd in die oberste Decke. Sie wandte sich den Schränken unter dem Backbordfenster zu und kniete sich davor. Wie sie schon vorher festgestellt hatte, lag Cosimos Unterwäsche darin, zusammen mit Halstüchern, Socken und Hemden. Sie begann, sie um sich her aufzustapeln, und entdeckte hinten im Schrank einen weiteren Stapel. Ein schweres Baumwollhemd, eine lange wollene Unterhose, Kniehosen aus Nanking, dicke Wollsocken, ein ledernes Wams. Sie nahm die Sachen heraus und inspizierte sie genauer.
Ein beinah ungläubiges Lächeln flackerte über ihr Gesicht. Diese Kleider würden dem Freibeuter garantiert nicht passen. Aber ihr schon. »Etwas ungewöhnlich« war maßlos untertrieben, dachte sie und schob versuchsweise ihre Arme in die Ärmel des Wamses. Ein wenig breit an den Schultern, die Ärmel etwas zu lang, doch das würde sie weiter nicht stören.
Sie zog das Wams wieder aus und warf die Kleider aufs Bett. Dann ging sie erneut in die Knie, um den restlichen Inhalt des Schrankes wieder einzuräumen. Als sie weit hineingriff, berührten ihre Finger etwas Kleines, Hartes. Neugierig kramte sie den Gegenstand hervor. Es war ein mit Bandzug verschlossener Beutel aus Samt. Meg öffnete ihn und schüttete seinen Inhalt auf ihre Handfläche. Ein kleiner silberner Schlüssel. Ein Schlüssel, der genau die richtige Größe hatte für die verschlossene Schublade am Kartentisch.
Sie warf ihn ein paar Sekunden lang von der einen Handfläche in die andere. Cosimo hatte ihn versteckt, wollte also nicht, dass jemand die Schublade öffnete. Keine schwierige Schlussfolgerung. Sie hatte weder das Recht, die Schublade aufzuschließen, noch eine offensichtliche Schlussfolgerung. Aber hatte sie das Recht, so viel wie möglich über den Mann herauszufinden, der ihr Liebhaber war, von
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