In Liebe verführt
dem sie zur Zeit auf Gedeih und Verderb abhängig war? Natürlich hatte sie sich das selbst so ausgesucht, aber das änderte nichts an der Wirklichkeit. War sie es nicht sich selbst schuldig, auf alles vorbereitet zu sein?
Meg beschloss, dass sie Recht hatte. Sie rutschte auf den Knien die kurze Entfernung zu der Schublade unter dem Kartentisch und probierte den Schlüssel. Er passte genau und ließ sich leicht umdrehen. Die Schublade öffnete sich. Sie starrte den Inhalt an, und eine plötzliche, elende Furcht zog ihr den Magen zusammen. Eine Reihe von sorgfältig polierten Messern lag da auf einem Stoffstück. An ihnen war nichts Normales, nichts, das angedeutet hätte, sie würden für irgendeinen normalen Zweck verwendet wie Holz schnitzen, Seil schneiden oder gar Papier oder Stoff. Es waren ein Stilett, ein gebogenes Messer wie ein Säbel, eines mit einer böse gesägten Schneide, eines ganz besonders schmal und scharf und ein kleiner, silberner Dolch mit einer schmalen Klinge wie ein Degen.
Das waren Messer, mit denen man töten konnte. Und genau aus diesem Grund waren sie weggeschlossen.
Meg schob die Schublade mit einem heftigen Stoß zu, verschloss sie mit zitternden Fingern, ließ den Schlüssel in den Beutel fallen, schob ihn zurück ganz nach hinten in den Schrank und stapelte die Kleider des Freibeuters davor. Er hatte ihr empfohlen, in dem Schrank nach Kleidern zu suchen. Wenn er also merkte, dass die Sachen nicht mehr genau wie vorher lagen, konnte er sich nicht darüber wundern.
Wen brachte Cosimo mit diesen Messern um? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie zur Selbstverteidigung gebraucht wurden. Sie hatten eine tödliche Ausstrahlung, wie sie so sorgfältig ausgebreitet dalagen. So als wäre jedes für einen ganz bestimmten Zweck. Pistolen waren laut und ungeschickt; Messer waren leise und tödlich.
Sie dachte an seine Hände, jene Hände, die gerade erst ihren Körper berührt und sie mit wissender Intimität gestreichelt hatten, bis sie unter seinen Zärtlichkeiten fast zerflossen war. Große, kräftige Hände mit langen Fingern, die genauso sicher mit den Messern umgehen würden, wie sie sie auf die Höhen der Lust brachten.
Langsam stand Meg auf. Bildete sie sich hier Dinge ein? Vielleicht gab es ja eine völlig logische Erklärung für eine solche Sammlung. Vielleicht war er genau das, ein Sammler. Aber sie wusste es besser. Sie hatte seine dunkle Seite gesehen, das gnadenlose Innere bemerkt, das tief unter jenem humorvollen, lässigen Äußeren lag. Was immer er auch in diesem Krieg machte, es gehörte nicht zu den offenen, direkt dem Gegner gegenüberstehenden Kampfmethoden. Sonst wäre er in der Marine gewesen und würde eine Fregatte oder so etwas kommandieren.
Nun, diesmal hatte sie etwas gelernt in Bezug auf ihre Neugier, dachte Meg finster. Es wäre ihr lieber gewesen, diese Mordwerkzeuge nicht gefunden zu haben. Jetzt würde sie von Spekulationen gequält werden und die Wahrheit wohl kaum erfahren, denn sie wagte es nicht, Cosimo offen zu fragen.
Mit ihrem Wissen konnte sie nun nichts anfangen, als es lediglich zu speichern und nach weiteren seltsamen Dingen Ausschau zu halten. Mit gewohnter Entschlossenheit verbannte sie den Gedanken an die Messer ganz tief unten in ihr Bewusstsein und widmete sich stattdessen dieser provokativen Kleidung. Bei etlichen Gelegenheiten hatte sie schon Männer um die Bewegungsfreiheit beneidet, die sie durch ihre praktischen Hosen hatten. Aber nachgedacht, wie es sich anfühlen mochte, wenn sie selbst so was trüge, hatte sie nie.
Der Gedanke reizte sie jetzt, und sie entledigte sich der Decke und schlüpfte eilig in das Hemd. Der Stoff war dick, aber nicht rau. Sie schloss die Hornknöpfe auf der Vorderseite und an den Handgelenken, zog die Unterhose über und knüpfte die Bänder in der Taille zusammen. Das Zeug fühlte sich auf jeden Fall seltsam an, weil es eng an den Beinen anlag. Als Nächstes kamen die Strümpfe, dann die Kniehosen. Sie waren aus wunderbar weichem, warmem, sächsischem Stoff geschneidert. Offensichtlich war Ana nur an das Beste gewöhnt, dachte Meg mit gewisser Erleichterung. Raue Wolle konnte zu warm und kratzig sein. Sie beugte die Knie, schwang die Hüften, trat ein paar Mal versuchsweise hoch in die Luft. Es war wundervoll befreiend. Aber die Taille war zu weit, und die Hose würde unausweichlich über ihre nahezu nicht vorhandenen Hüften rutschen. Sie brauchte einen Gürtel.
Cosimo hatte eine schmale Taille,
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