In Liebe verführt
gebracht, wo ich dir begegnet bin. Und da du ein aufrechter englischer Gentleman bist, hast du mir sofort deinen Schutz und deine Hilfe angeboten«, fabulierte sie.
Cosimo pfiff anerkennend. »Du hast wirklich eine blühende Phantasie«, sagte er. »Aber ich bezweifle, dass zurzeit allzu viele Vergnügungssegeltouren im Ärmelkanal stattfinden.«
»Das ist egal«, sagte Meg knapp. »Es reicht als Erklärung. Ich möchte gern, dass du Kontakt mit ihnen aufnimmst, bitte.«
»Also gut.« Er machte Frank ein Zeichen. »Bitte sie, längsseits zu kommen.«
»Aye, Sir.« Frank machte sich mit den Flaggen an die Arbeit. »Sie wollen wissen warum, Sir«, rief er nach einer Minute zurück. »Sie haben es eilig.«
Cosimo musterte Meg mit gehobenen Augenbrauen. »Bist du sicher, dass du in Kriegszeiten ein Schiff der Marine auf einer dringenden Fahrt unterbrechen willst?«
Meg wandte sich schnaubend ab und ging unter Deck. Sie wusste, dass sie das nicht tun konnte, nur um aus Schwierigkeiten herauszukommen, in die sie sich selbst gebracht hatte.
Cosimo wartete, bis sie die Treppen zum Mitteldeck hinunter verschwunden war, dann sagte er zu Frank: »Signalisiere ihnen, dass wir Befehl haben, nach Bordeaux zu segeln.« Das dürfte genug Information sein, um sicherzugehen, dass der Kommandant nicht erwartete, die Mary Rose würde ihnen bei ihrem Unternehmen beistehen.
»Sie sagen bon voyage , Sir«, rief Frank, aber sein Kapitän hatte das Signal bereits gelesen und sich abgewandt.
In der Kajüte setzte sich Meg auf die Bank unter dem Fenster, zog die Knie an die Brust und sah zu, wie das große Schiff in den Sonnenuntergang hineinfuhr. Es wurde ihr klar, dass es einfältig gewesen war, ihre Rettung aus den Händen eines Marineschiffes zu erhoffen. Sie alle würden damit beschäftigt sein, Krieg zu führen. Die Chancen, einem Schiff zu begegnen, das auf dem Rückweg nach England war, schienen sehr gering. Denn nur ein solches Schiff würde auch einen Passagier aufnehmen.
Sie seufzte schwer. Also musste sie sich damit abfinden, den ganzen Weg bis nach Bordeaux mitzufahren, wo sie versuchen musste, ein Handelsschiff zu finden. Es würde bestimmt eines geben. Es musste einfach eines geben. Bordeaux war ein großer Handelshafen, selbst in Kriegszeiten.
Sie wünschte, sie hätte sich nicht so deprimiert gefühlt. Es war gar nicht ihre Art, leicht melancholisch zu werden. Aber irgendwie stimmte alles nicht, nicht einmal ihre Entscheidung, den Freibeuter und sein Schiff zu verlassen. Es war eine instinktive Reaktion gewesen, der Drang, vor einer Situation davonzulaufen, die sie nicht im Griff hatte. Das Problem war, dass sie in ihrem tiefsten Innern die Mary Rose gar nicht verlassen wollte. Sie war einfach noch nicht bereit, die leidenschaftliche Beziehung zu einem Mann aufzugeben, dessen pure Gegenwart, ganz zu schweigen von seiner Berührung, sie absolut faszinierte. Und sie war nicht bereit, die Begeisterung zu negieren, die sie empfunden hatte bei dem Gedanken, an einem Abenteuer teilzunehmen.
Aber ihr Widerwille angesichts jenes kaltblütigen Mordes auf der Klippe warf einen solchen Schatten auf ihre Seele, dass sie sich nicht vorstellen konnte, die Idylle fortzusetzen, als wäre gar nichts geschehen. Sie würde ihre eigene moralische Integrität verraten, wenn sie Cosimos Handeln akzeptierte. Oh, das klang arrogant und selbstherrlich, aber es war wahr. Jede Faser ihres Gewissens hatte Mitleid mit jenen zusammengesunkenen Leichen… Das waren Bilder, die sie niemals vergessen würde.
Also blieb es dabei. Sie musste fort, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit.
14
Meg blieb unter Deck, als der Abend zur Nacht wurde. Biggins brachte ihr ein Abendessen, das sie mit wenig Appetit aß. Das Wetter war wieder umgeschwungen, und ein feuchter Nieselregen fiel. Also ging sie davon aus, dass Cosimo nicht auf dem Oberdeck essen würde. Vielleicht nahmen er und Gus das Abendessen zusammen mit David in der Kajüte des Arztes ein. Sie hätte Gus gern bei sich gehabt, so ganz allein war es etwas einsam.
Meg schob ihren noch halb vollen Teller beiseite und stand vom Tisch auf. Die Kajüte fühlte sich plötzlich eng und bedrückend an, und ihr wurde klar, dass sie sich schon den ganzen Tag kaum bewegt hatte. Sie hüllte sich in den dicken Umhang und verließ den Raum. Eine unheimliche Stille und völlige Dunkelheit empfing sie. Gewöhnlich hörte man Stimmen von Deck oder aus der Kombüse am Ende des Flurs. Immer ertönten
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