In Liebe verführt
der Kajüte einiges Aufregende verpasst zu haben. Plötzlich kehrte ihre ganze Freude am Abenteuer in vollem Maße zurück. An dieser Aktion war nichts In-der-Ecke-Verstecktes, Messer-im-Dunkeln-Bedrohliches. Sie befanden sich mitten unter den Feinden, legten sie monumental herein. Und das faszinierte sie. Mit glänzenden Augen horchte sie auf die französische Antwort. Ein beiläufiges Bon voyage .
Cosimo sah sie an und entdeckte das Funkeln in ihren lebhaften, grünen Augen. Es war also doch noch nicht alles verloren, dachte er, und sein stilles Lächeln wurde tiefer. Er hatte sich nicht getäuscht. Meg hatte ihm doch ein Märchen erzählt mit diesem Theater von der schwachen kleinen Frau. Er spürte die Energie in ihr genauso stark wie in den Momenten, wenn sie sich geliebt hatten. Er war schon lange der Überzeugung, dass der vibrierende Pulsschlag der Gefahr große Ähnlichkeit mit dem Pulsschlag der sexuellen Leidenschaft hatte. Wenn sie hier erst außer Gefahr waren, würde er der Sache auf den Grund gehen, was ihren plötzlichen Stimmungsumschwung bewirkt hatte.
Er nahm ihren Arm und zog sie vor sich, so dass sie das Steuerruder ansah. Schweigend legte er ihre Hände darauf. Sie warf ihm über die Schulter einen erstaunten Blick zu und schloss dann die Finger fest um das glatte Holz, spürte das Schiff unter den Füßen. Sie beobachtete das Vorsegel, und als es leicht flatterte, legte Cosimo seine Hände auf die ihren und korrigierte das Steuer. Nachdem das zweimal so gegangen war, schob sie beim dritten Mal seine Hände weg und korrigierte das Steuer selbst. Dabei kam sie etwas zu weit nach Backbord, und das Segel flappte. Hastig drehte sie das Steuer zurück, und das Segel füllte sich. Sein Körper hinter ihr wirkte stark und beruhigend, aber Meg konnte ihre eigene Kraft spüren in der Art, wie die Mary Rose auf ihre Handbewegungen reagierte. Das war ein berauschendes Gefühl von Macht. Und unter anderen Umständen hätte sie laut gelacht, weil es so überwältigend war. Doch sie war sich allzu sehr der Gefahr bewusst, die sie auf allen Seiten umgab, finstere dunkle Formen in dem brodelnden grauen Nebel.
Und dann drehte sich plötzlich das Steuer unter ihren Händen, und sie spannte die Schultern an, um es zurückzudrehen, doch Cosimo hatte jetzt seine Hände darauf gelegt, und sie duckte sich unter seinem Arm hindurch und stand neben ihm. Der Nebel lichtete sich, sowie der Wind auffrischte und das Vordersegel blähte. Cosimo gab keine Befehle, aber seine Männer brauchten auch keine. Sie kletterten hinauf in die Wanten und machten sich bereit, das Hauptsegel zu setzen.
Die Mary Rose segelte aus dem Nebel heraus und in eine klare, sternenhelle Nacht, in der kein anderes Schiff mehr in Sicht war.
»Was ist passiert?«, fragte Meg, und dann schaute sie hinter sich, sah die graue Wand und verstand. Der Nebel hatte sich nicht gelichtet, sondern sie waren nur einfach herausgefahren.
»Dieses Stück der Bucht ist berüchtigt für seinen Nebel«, erklärte Cosimo. »Es war nur Pech, dass wir gleichzeitig hier durchmussten wie eine französische Flotte.«
Meg schüttelte amüsiert und ungläubig den Kopf. »Du hast das die ganze Zeit genossen, Cosimo!«
Er lachte leise. »Ja, das stimmt wohl. Der Gedanke, sich durch eine ganze Flotte von feindlichen Kriegsschiffen zu schleichen, ohne dass sie es bemerken, hatte seine komischen Seiten.«
Einen Moment lang war es, als hätten sie sich einander nie entfremdet.
»Übernimm das Steuer, Mike. Halte diesen Kurs. Wenn wir Glück haben, liegen die Schwierigkeiten erst einmal hinter uns.« Cosimo trat vom Steuerruder zurück. Er nahm Megs Ellenbogen. »Lass uns unter Deck gehen.«
Meg war einverstanden. Sie hatte keine Ahnung, wie sie aus dieser Situation herauskommen sollten, aber sie wusste, dass es ihnen irgendwie gelingen musste. Es musste einfach möglich sein, ihren moralischen Standard zu bewahren, ohne dieses Abenteuer ganz aufzugeben. Es würde auch so viel einfacher sein, auf der Mary Rose zurück nach England zu segeln, so wie der Freibeuter es ursprünglich geplant hatte. In einem solchen Fall mussten pragmatische Überlegungen an erster Stelle stehen. Sie konnte ja nicht in Bordeaux am Hafen herumlaufen und versuchen, sich eine Überfahrtmöglichkeit auf einem Handelsschiff zu kaufen. Das war nicht machbar, und sie wusste es… hatte es die ganze Zeit gewusst.
Ihr war nicht klar, warum sich Cosimo auf der Klippe so verhalten hatte, und eben hatte
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