In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)
registriert?«
»Nehme ich an.« Der Ermittler schien noch immer verärgert zu sein. »Übrigens habe ich das Gewehr, mit dem du das Schwein erschossen hast, wieder in der Zeche abgeliefert. Du hast es im Büro des Konsuls einfach stehen lassen.«
»Hab ich’s mir ausgeliehen? Ich wusste doch nicht …«
Sie hatten sich schon wieder in den Haaren. Knut war klar, dass er zu der miserablen Stimmung ebenso beitrug wie der Russe. Während sie noch gegenseitig stichelten, ging ihm plötzlich etwas durch den Kopf. Die Umrisse einer Idee. Er brach mitten im Satz ab. Er fragte nach etwas anderem.
»Hast du den Eindruck gehabt, dass es schwer ist, sich im Zechenbüro eine Waffe zu leihen?«
»Was weiß ich?« Iwanowitsch zuckte die Achseln. Dann runzelte er die Augenbrauen. »Du meinst … der Mörder könnte sich dort ein Gewehr oder einen Revolver beschafft haben?«
Knut nickte, aber eigentlich verfolgte er einen anderen Gedanken. Letzte Nacht hatte er gesehen, dass es in Barentsburg viele Waffen gab, sowohl Gewehre wie Handfeuerwaffen. Wenn es sich tatsächlich so verhielt, dass alle Waffen registriert wurden, die Notwendigkeit, sich eine Waffe zu beschaffen, aber nicht nachgewiesen werden musste, warum hatte der Mörder dann einen Revolver mit einem besonderen Kaliber gewählt, wie die gestohlene Webley? Warum hatte er sich die Mühe gemacht, den Revolver zu stehlen?
Die einzige Erklärung bestand darin, dass der Mörder sich auf andere Weise keine Waffe beschaffen konnte, nicht ohne in irgendeiner Liste erfasst zu werden. Es handelte sich um jemanden, der nicht auffallen wollte. Jemanden, an den man nicht dachte, wenn es um den Gebrauch von Waffen ging – jedenfalls nicht in Barentsburg. Eine Frau.
Es gibt nur zwei Frauen, die ein mögliches Motiv haben , dachte Knut und empfand plötzlich ein Gefühl der Resignation und Erschöpfung. Beide Frauen hatten etwas mit dem Massaker in Pischane zu tun.
Vor den Fenstern des Konsulats fiel dichter Schnee. Es herrschte noch immer kein Flugwetter.
KAPITEL 34 Flucht
Knut ging allein ins Sitzungszimmer im ersten Stock des Konsulats und verbrauchte den Rest der Batteriekapazität seines Handys. Er rief Tom im Büro an. Der Polizeichef ging sofort ans Telefon. Knut erzählte ihm, was er herausgefunden hatte. Seine Stimme war heiser, gleichzeitig ohne Spannung und gefühllos.
»Du bist groggy, Knut. Leg dich hin und schlaf ein bisschen.«
»Tom, wir haben nicht mehr viele Sekunden …«
Der Polizeichef redete langsam, zwang sich, ruhig zu bleiben. Am liebsten hätte er die Telefonleitung aus der Wand gerissen, so frustriert war er. »Was willst du, was soll ich machen? Es schneit wie verrückt. Die Meteorologen haben für den Abend Besserung versprochen, aber … Die gute Nachricht ist, dass die Kripos-Leute morgen mit dem Flieger vom Festland kommen. Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um sie nach Barentsburg zu schaffen. Was willst du mehr? Es kann doch kaum um Stunden gehen, oder …«
»Ich möchte, dass du mir vertraust. Wenn wir eine der Frauen aus Barentsburg rausschaffen, wird nichts passieren. Ich dachte, sie seien Freundinnen, aber sie hassen sich …«
Tom Andreassen ging durch den Kopf, dass sich Knut zum ersten Mal so niedergeschlagen und unsicher anhörte. Irgendetwas stimmte hier nicht. »Knut, ich verstehe nicht, warum du eine dieser Frauen mit nach Longyearbyen nehmen willst. Verdächtigst du nicht beide?« Plötzlich wurde es ihm klar. »Oh, nein, Knut, sag nicht, dass …«
Jeden Moment konnte die Batterie tot sein. Knut war verzweifelt. »Sei so nett und tu mir diesen Gefallen. Denk dir etwas aus. Sie ist in Barentsburg nicht sicher. Wenn sie diesen Grigótovit umgebracht hat, dann kann sie in jedem Fall auf mildernde Umstände plädieren. Sie ist keine Mörderin, Tom. Ich kenne sie.«
Der Polizeichef dachte nach, sah keine Möglichkeit … aber mit einem Mal fiel ihm etwas ein. »Du willst sie also unbedingt nach Longyearbyen bringen? Obwohl du damit deine Karriere bei der Regierungsbevollmächtigten aufs Spiel setzt?«
»Ja.«
»Und dann überlässt du sie und den Fall der Kripos und hältst dich raus?«
»Ja.«
»Es gibt vielleicht eine Möglichkeit … Erinnerst du dich an die alte Jagdhütte bei Finneset in nördlicher Richtung, die die Beamten im Winter hin und wieder zur Übernachtung nutzen? Vom Flugplatz aus gesehen, liegt sie nicht weit von Barentsburg, auf der anderen Seite der Siedlung. In der Nähe des Grubeneingangs
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