In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)
die er weitergegeben hat, betrafen ein Massaker auf einem Hof bei Pischane 1974.«
Knut saß am Sitzungstisch, als Jewgeni Iwanowitsch zurückkam. Der Russe hatte die Arme voll – eine Blech-Thermoskanne, zwei Kaffeebecher, gesalzene Kekse und Käse. »Das wäre geschafft«, grinste er. »Der Kaffee bringt uns wieder auf die Beine, der ist schwarz wie Teer.« Er zog den verbeulten Flachmann heraus und stellte ihn zwischen Knut und sich auf den Tisch. »Sicher, dass du keinen Schluck willst?«
Knut schüttelte den Kopf. »Nein, danke, ich glaube, wir müssen klaren Kopf bewahren. Du wolltest mir erzählen, dass du nicht im Auftrag des Trusts nach Barentsburg gekommen bist.«
»Nun ja, das kommt darauf an, wie du es siehst … Als Kostja starb, gab es ein paar Stunden ein Leitungsvakuum hier oben. Georgi Gavrilowitsch übernahm die Verantwortung und rief mich an. Wir hatten schon früher zusammengearbeitet.«
»Der Dolmetscher und du haben also den Konsul und mich belogen«, antwortete Knut kühl. »Das ist eine ziemlich ernste Sache. Und kannst du mir auch erklären, warum?«
Der Ermittler hatte sich den Mund mit Keksen und Käse vollgestopft, er lehnte sich zurück und kaute langsam. »Die erste Unterhaltung, die wir geführt haben … erinnerst du dich, dass du von einem wirtschaftlichen Motiv geredet hast … Fischereischmuggel und der Schwindel mit den Quoten. Du hast erwähnt, du hättest Gerüchte über einen Kontaktmann in Barentsburg gehört … einen Koordinator.«
Knut spürte, wie seine Irritation wuchs. »Weißt du, wer es ist?«
Der Russe antwortete nicht sofort. Er goss aus der Thermoskanne Kaffee in beide Becher und sah Knut wachsam an. »Ich sage es nur dir …«
»Ich gebe nicht eher auf, bis ich weiß, wer es ist.« Knut sprach leise.
»Jemand, der ständig mit Gott und der Welt telefoniert, hast du ihn nicht selbst so beschrieben?« Der Detektiv seufzte. »Hast du übrigens gehört, dass Georgi Gavrilowitsch Dubidin eine Stelle bei der russischen Botschaft in Oslo bekommen hat? Ein vielversprechender junger Mann …«
»Gosja? Der Dolmetscher?« Knut starrte den Russen an.
»Ja, sicher. Ihn interessiert die Ölgewinnung im Norden … denn die Fischerei wird jetzt strengeren Kontrollen unterworfen. Das nächste große Thema der Diplomatie zwischen den beiden Polarnationen ist eine Grauzone. Sollte mich nicht wundern, wenn er es noch weit bringt, der gute Georgi Gavrilowitsch.«
»Du behauptest, dass …« Knut versuchte, die Informationen des Russen zu sortieren. Sollte der Dolmetscher in kriminelle Handlungen verstrickt sein? War er der Koordinator für den Schmuggel von Fisch aus Spitzbergen? »Du sagst … dass Gosja hinter den Morden steckt?«
»Nein, natürlich nicht. Gosja hat niemanden umgebracht, solche Methoden passen nicht zu ihm. Er ist Diplomat und Geschäftsmann. Es wäre übrigens vollkommen falsch, ihn als Spion zu bezeichnen. Sei so gut und mach das nie. Zu deinem eigenen Besten.«
War das eine Drohung? Drohte dieser korrupte ehemalige russische Polizist etwa einem norwegischen Beamten aus dem Büro der Regierungsbevollmächtigten auf Spitzbergen? Knut spürte, wie sein Wutpegel stieg.
Der Detektiv schien es bemerkt zu haben. Er beugte sich über den Sitzungstisch. Die dunklen geäderten Augen appellierten an Knut. »Jetzt nicht überreagieren. Sollten wir, so wie die Dinge liegen, nicht das Beste daraus machen? Ich habe von Gosja den Auftrag erhalten, für Ruhe in Barentsburg zu sorgen. Das ist im Interesse des Trusts und auch Wunsch des Konsuls. Wollen wir nicht zusammenarbeiten, bis dieser Mörder überführt ist? Die Situation ist explosiv. Du glaubst doch nicht etwa, ich hätte etwas mit den Morden zu tun? Irgendwo gibt es eine Grenze, auch für mich.«
Merkwürdigerweise glaubte Knut ihm. Jewgeni Iwanowitsch war ein Betrüger, aber kein Mörder. Bei den meisten Dingen, die er über sich erzählt hatte, war er bei der Wahrheit geblieben. Nur hatte er seine Vergangenheit als Polizist in Krasnodon und seine Kenntnis des alten Falls in Pischane verschwiegen.
Wieder schien Iwanowitsch Gedanken lesen zu können. »Du hast doch mit mehr Leuten als nur mit Jekaterina geredet? Na los, raus damit!«
Knut seufzte. Versuchte, eine Formulierung zu finden, die sich nicht wie eine Anschuldigung anhörte, in einen Mordfall verwickelt zu sein. »Ich habe erfahren, dass du in den achtziger Jahren als Polizist in Krasnodon gearbeitet hast. Natürlich weißt du von dem Mord an
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