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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Kristensen
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selbst angerufen wurden. »Arktos, hier ist die Ishav. Rufen Arktos …« Einer der Matrosen hatte sich an Deck in der Stahltrosse der Winsch eingeklemmt, beim raschen Einholen des letzten Netzes war die Mannschaft unvorsichtig geworden. Der Kapitän der »Ishav« deutete an, dass der Kapitän der »Arktos« eine Mitschuld an dem Unfall trage, weil er so gedrängelt hatte.
    »Sag ihm, er soll mich am Arsch lecken … und zusehen, dass sein Netz bald eingeholt ist, damit wir weiterkommen«, bellte der Kapitän der »Arktos«.
    Der Steuermann schaltete auf Kopfhörerempfang, doch die Funkverbindung war schlecht, er hörte kaum, was die anderen sagten. Er lauschte, antwortete mit Einwortsätzen, schüttelte den Kopf und wandte sich an den Kapitän.
    »Es sieht nicht gut aus. Der Matrose ist schwer verletzt, er steht unter Schock. Offenbar ist er ganz grau im Gesicht, zittert und windet sich. Der Kapitän der ›Ishav‹ glaubt, dass er sich außer einem Rippenbruch noch innere Verletzungen zugezogen hat. Sie bitten, Kontakt zu den Norwegern in Longyearbyen aufnehmen zu dürfen.«
    »Zur Regierungsbevollmächtigten? Auf keinen Fall … jetzt begreift er endlich, wie schnell so etwas gehen kann …«
    Der Steuermann redete wieder ins Funkmikrofon, lauschte … »Er sagt, der Matrose wird sterben … er glaubt, die Milz ist gequetscht … sie rufen jetzt Longyearbyen und senden ein Notsignal … mit oder ohne deine Erlaubnis.«
    Der Kapitän der »Arktos« fluchte verbissen und rief schließlich selbst Spitzbergen Radio, um mit dem Büro der Regierungsbevollmächtigten zu sprechen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die »Ishav« bereits ein Notsignal abgesetzt.

KAPITEL 8 Das Hotel
    Nach dem Telefongespräch mit Longyearbyen wurde Knut mehr oder weniger aus dem Büro des Konsuls geschoben. Der Konsul erklärte, die Anwesenheit eines Beamten der Regierungsbevollmächtigten bei der Trauerfeier für den toten Steiger werde weder erwartet noch sei sie erwünscht. Es handele sich um eine interne Angelegenheit, ohne Interesse für Außenstehende.
    Der Dolmetscher wurde beauftragt, Knut bei der Suche nach einem Hotelzimmer behilflich zu sein. Lieber wäre der Dolmetscher mit dem Konsul und dem Direktor zu der Trauerfeier im Versammlungssaal gegangen und hätte neben ihnen Platz genommen – als eine der wichtigen Persönlichkeiten der Stadt. Leider waren der Direktor und der Konsul einer Meinung, dass Knut im Hotelzimmer warten sollte, bis die Feierlichkeiten im Versammlungsraum vorbei waren. Dem Direktor kam es offensichtlich überhaupt nicht in den Sinn, dass der Dolmetscher damit auch von der Trauerfeier ausgeschlossen war.
    Sie gingen nebeneinander über die Hauptstraße, die Köpfe hielten sie wegen des eiskalten Windes gesenkt. Ulitsa Ivana Starostina . Wissen Sie, nach wem die Straße benannt wurde? Nach dem russischen Entdecker und Fänger Ivan Starostin. Er kam 1780 zum ersten Mal in diese Gegend und überwinterte zweiunddreißig Mal am Isfjord. Schade, dass ihr Norweger so wenig über unsere Geschichte wisst.«
    »Und ich dachte, es sei eine Frau.«
    »Nein, das ist eine Genitivform«, erwiderte der Dolmetscher.
    Wortlos liefen sie weiter. Nicht ein Mensch war auf der Straße zu sehen. Das Hotel erwies sich als einigermaßen zentral gelegenes, vierstöckiges Gebäude aus hellem Backstein. Es war nicht zu übersehen: An einer Wand hing ein enormes hellblaues Schild, auf dem mit weißen Buchstaben senkrecht das Wort HOTEL geschrieben stand.
    »Hierher hätte ich auch allein gefunden«, sagte Knut.
    Der Dolmetscher murmelte etwas Unverständliches auf Russisch. Sie stiegen die hohe, glatte Holztreppe hinauf. Die Tür war nicht abgeschlossen. Die Rezeption lag im Dunklen, der Raum war feucht und kalt. Der Dolmetscher tastete an der Wand, um einen Lichtschalter zu finden. Knut folgte ihm zögernd. Er strengte seine Augen an, um die Konturen des Raumes zu erkennen. Hinter der Rezeption stand die Tür zu einem Büro halb offen. Niemand war zu sehen, kein Laut zu hören. Es roch nach Feuchtigkeit und Schimmel. Das Hotel wirkte verlassen.
    Knut spürte, wie Melancholie in ihm aufstieg. Barentsburg hatte diese Wirkung auf ihn, eine Art Resignation wegen der Russen. Das Hotel war relativ neu, gebaut in den späten Achtzigern, als die Bevölkerung in Barentsburg versuchte, sich umzustellen: von einer sowjetischen Bergarbeitersiedlung zu etwas, das vielleicht einer westlichen Gemeinschaft ähnlich war. Eine gewisse Zeit hatte man die

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