In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)
die Polizeiarbeit hier auf Formalitäten.
Er hatte das Gefühl, als hätten die Russen nicht gewollt, dass er den Unfall genauer untersuchte. Er griff nach seiner einfachen Digitalkamera und klickte die Fotos der Fundstelle durch. Es waren weniger als erwartet. Hatte er wirklich nur sieben Bilder gemacht? Der Notizblock enthielt ebenfalls nicht viel, nur ein paar hastig hingekritzelte Sätze und einige zufällige Worte, die vielleicht einen Sinn ergeben hatten, als er sie aufschrieb.
Es war unangenehm kühl und klamm im Zimmer. Er streckte die Hand aus und legte sie auf einen großen, altmodischen Heizkörper am Bett. Er war eiskalt. Knut bückte sich und fand eine Art Regulator, an dem er drehte, eher zufällig. Es gurgelte vielversprechend in den Rohren, aber nach einer Weile war der Heizkörper noch immer kalt.
Dann ging das Licht aus. Wenn er ehrlich sein sollte, bekam er Angst – eine alberne Reaktion. Er tastete sich zum Lichtschalter an der Tür, aber das Licht flammte natürlich nicht wieder auf. Es war so ruhig, dass er seinen eigenen rasselnden Atem hörte. Auf dem Weg zum Fenster stieß er gegen den Nachttisch, er schaute hinaus. Keinerlei Licht von der kleinen Kapelle oder den Straßenlampen rund um den Platz.
Was nun? Sollte er wirklich hier in der Dunkelheit auf diese Ljudmila oder sonst jemanden warten, der es irgendwann für richtig hielt, nach ihm zu sehen? Er suchte die Taschen seiner Jacke ab. Hatte er keine Streichhölzer dabei … nein, er fand nur sein Taschenmesser und das Handy. Er drückte auf irgendeine Taste, und das Display leuchtete gespenstisch grün auf. Er hatte ein Netz. Kein sonderlich starkes Signal, nur ein Strich auf der Anzeige. Möglicherweise reichte es, um eine Verbindung zum Büro aufzubauen; er wollte es später versuchen.
Leider waren die Batterien nur noch halb voll. Genügend Kapazität für ein oder zwei kurze Gespräche, aber absolut nicht ausreichend, um das Display auf den dunklen Fluren und Treppen als Taschenlampe zu benutzen. Er fuhr mit der Hand über die Wand bis zu einem der Betten und setzte sich. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zu warten.
Knut musste geschlafen haben. Er lag angekleidet auf dem Bett und schreckte auf, als die Tür seines Zimmers vorsichtig geöffnet wurde. Regungslos und angespannt zugleich blieb er liegen und sah eine dunkle Gestalt, die vorsichtig den Raum betrat.
»Hallo …? Polizeibeamter Fjeld?«
Es war der Dolmetscher. Knut erkannte ihn an der Stimme. Er richtete sich auf und wurde fast ohnmächtig – Kopfschmerzen, schlimmer als er sich je erinnern konnte. Ganze Ströme aus glühendem Schmerz flossen von seinen Schläfen zu den Augen und hinab zu den zusammengebissenen Zähnen. Er stöhnte auf. »Was zum Henker geht hier vor?«
»In ganz Barentsburg ist der Strom ausgefallen. Tut mir leid. Ich dachte, ich schaue mal nach Ihnen. Sie hatten doch keine Angst, oder? Keine gute Idee, jetzt allein durch Barentsburg zu laufen …« Der Dolmetscher seufzte und setzte sich auf das andere Bett. »Die Trauerfeier ist vorbei. Alle haben den Saal verlassen … und sind auf dem Heimweg. Ich habe Ljudmila gesucht. Und plötzlich … war das Licht weg.«
»Warum? Wie kommt es zum Stromausfall?«
»Jemand hat das Kraftwerk abgeschaltet. Vielleicht Sabotage. Sehr gefährlich, das Wasser kann gefrieren und die Rohre platzen lassen. Das Thermometer zeigt Minusgrade. Alles kann kaputtgehen, Abwasserleitungen, Heizungen … Auch im Bergwerk ist der Strom ausgefallen. Die Ventilatoren sind stehen geblieben … sehr, sehr gefährlich. Vielleicht muss ganz Barentsburg den Winter über geschlossen werden?«
Knut hatte einen fürchterlichen, unstillbaren Durst. Er dachte nur an die Kopfschmerzen und diese brennende Trockenheit in seiner Kehle. Konnte er aus dem Hahn am Waschbecken trinken? Und wie stand es um eine oder zwei Kopfschmerztabletten, ob sie sich beschaffen ließen?
Der Dolmetscher zog irgendwelche Dinge aus der Tasche und legte sie auf den Tisch zwischen ihnen. »Ich habe Ihnen etwas zu trinken mitgebracht … und etwas zu essen. Bald wird alles wieder in Ordnung sein. Der Direktor ist zum Kraftwerk gefahren, um mit den streikenden Arbeitern zu reden. Morgen früh können Sie zurückfliegen. In einem von unseren drei Hubschraubern. Sie sollen den Sarg mit dem Verstorbenen nach Longyearbyen bringen.«
Mit einem zischenden Geräusch öffnete er eine Dose. Biergeruch breitete sich im Raum aus. Knut kam es wie ein Wunder vor, als die
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