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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Kristensen
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unterschiedlichsten Formen der Marktanpassung ausprobiert, allerdings hielten alle die russischen Versuche, vom Spitzbergen-Tourismus zu profitieren, für amateurhaft. Mit Ausnahme der Russen selbst. Wie hatten sie glauben können, dass norwegische Touristen in Scharen in dieses dunkle, verfallene Nest kommen würden? Touristen liebten es bequem, sie wollten nicht ihren eigenen Transport von Longyearbyen organisieren müssen, und sie wollten auch keine Siedlung im Verfall sehen, deren Einwohnerzahl sich im Laufe von ein paar Jahren halbiert hatte. Außerdem mochten sie das ungewohnte russische Essen nicht und quartierten sich nicht in einem Hotel ein, von dem sie nicht einmal wussten, dass es existierte. Zur Enttäuschung der Russen zogen die Touristen die kurzen Ausflüge nach Barentsburg vor, die von norwegischen Reisebüros organisiert wurden.
    Knut wandte sich an den Dolmetscher. »Wie sehen die Pläne für den Rest des Abends aus? Ich muss mit dem Büro der Regierungsbevollmächtigten in Kontakt bleiben, falls es irgendwelche Änderungen bei dem Hubschraubertransport geben sollte. Außerdem brauche ich einige Toilettenartikel, und später muss ich wahrscheinlich auch noch etwas essen.«
    » Da , da … natürlich. Lassen Sie mich nur … wo sind denn die Schlüssel, dann … alles andere kommt später. Ljudmila Wyborova ist für das Hotel verantwortlich. Ich müsste sie eigentlich holen, aber heute ist ja ein besonderer Tag. Man kann nicht ohne weiteres eine Trauerfeier stören. Außerdem gibt es Probleme im Bergwerk, einige Arbeiter haben sich darin verschanzt.« Er hielt abrupt inne, als er merkte, dass der Direktor dieses Gesprächsthema kaum gutheißen würde.
    Knut erstarrte. Das könnte wichtig sein, ein möglicher Grund, warum die Russen die Regierungsbevollmächtigte um Hilfe ersucht hatten. Aber was erwarteten sie eigentlich von ihr? Eine Einmischung der norwegischen Behörden in einen Arbeitskonflikt in Barentsburg war vollkommen undenkbar.
    »Wieso sind die Bergleute so aufgebracht? Hat es etwas mit dem Unfall zu tun?«, erkundigte er sich vorsichtig.
    Der Dolmetscher zögerte, er blieb stehen und dachte nach. »Die Arbeiter behaupten, dass es der Leitung nur um Profit geht, nicht um die Sicherheit. Sie behaupten, das Leben der Arbeiter sei in Gefahr … So weit ist es mit dieser Gesellschaft gekommen, jeder Vorwand wird ausgenutzt, um Unruhe zu stiften. Und dann endet es mit einer kleinen Lohnerhöhung … das ist es doch, was sie letztendlich wollen. Mit dem Todesfall hat das nichts zu tun.« Er zuckte die Achseln und verschwand in der Dunkelheit hinter dem Tresen.
    Minuten vergingen. Knut hörte, wie der Dolmetscher Schränke und Schubläden öffnete. Schließlich kam er mit einem Schlüssel zurück, mit dem er vergnügt klimperte.
    Am vernünftigsten wäre gewesen, er hätte Knut ein Zimmer im Erdgeschoss neben der Rezeption gegeben. Aber der Dolmetscher hatte irgendeinen Schlüssel erwischt, ohne auf das Metallschild zu achten, das daran hing. Sie gingen mehrere Treppen hinauf und stolperten durch dunkle, schmale Korridore. Der Dolmetscher ging voran, schwer atmend und langsam. Er lokalisierte die Lichtschalter für die Lampen an der Decke, allerdings schaltete eine Zeituhr das Licht wieder ab, noch bevor sie halbwegs zum nächsten Lichtschalter gelangt waren.
    Schließlich hatten sie das richtige Zimmer erreicht. Knut schloss die Tür auf. Der Raum war klein und spartanisch möbliert: ein Kleiderschrank, ein Sessel, ein kleiner Tisch und ein Waschbecken. Zwei Einzelbetten standen an den Seitenwänden, daneben zwei kleine Nachttischchen. Gardinen und Bettdecke aus dem gleichen grob gewebten, verblichenen Stoff. Über einem der Betten hing ein Druck aus der Sowjetzeit, die ungelenke Zeichnung eines Bauernhofs.
    Der Dolmetscher zog sich unter kleinen, entschuldigenden Verbeugungen aus dem Raum zurück. »Ich werde jetzt Ljudmila Wyborova holen. Sie wird alles besorgen, was Sie benötigen.«
    Dann war er verschwunden. Das Geräusch seiner Schritte entfernte sich auf dem Gang.
    Knut setzte sich schwerfällig aufs Bett und sah sich in dem schlecht beleuchteten Raum um. Vermutlich würde ihn irgendjemand holen, sie konnten ihn doch nicht allein hier sitzen lassen? Immerhin war er auf Wunsch der Russen nach Barentsburg gekommen. Er stöhnte, es war unglaublich dämlich gewesen, allein hierherzufahren. Zu zweit wäre alles sehr viel einfacher gewesen. So wie der Besuch sich entwickelte, beschränkte sich

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