In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)
wie Tom im Hintergrund heftig protestierte, es wurde diskutiert.
Er versuchte, ruhig zu bleiben. »Kann mir mal jemand erklären, was eigentlich los ist?«
Es wurde still am Telefon. Im Hintergrund hörte er, wie der Polizeichef einige Leute aus dem Sitzungszimmer scheuchte, Gesprächsfetzen erreichten ihn. »… Ohrenzeugen … muss vorsichtig sein … habe keinen Überblick über die Situation in Barentsburg … Knut ist trotz allem dort … ich bin sicher, er …«
Dann meldete sich Tom wieder. Knut hörte an seiner Stimme, dass er sich Sorgen machte. »Jetzt sind nur noch Anne Lise, Kommandeurkapitän Kristian Fredriksen und ich im Raum. Ich soll dir erklären, was momentan passiert, aber wir haben nicht viel Zeit zur Diskussion. Sieh zu, dass du mit deinen Handybatterien sparsam umgehst. Es ist überaus wichtig, dass du uns informierst – ohne abgehört zu werden –, sobald die Fischkutter Barentsburg verlassen.«
»Okay, erklär’s mir.« Ein paar Worte durfte er wohl verschwenden, meinte Knut.
»An dem Tag, an dem du nach Barentsburg geflogen bist, erhielten wir den Notruf eines russischen Trawlers nördlich von Spitzbergen. Der Helikopter flog zur angegebenen Position, nachdem er dich abgesetzt hatte. Es stellte sich heraus, dass sich dort oben einige Schiffe aufhielten, drei russische Fischtrawler des Typs, der normalerweise in der Barentssee fischt. Aus irgendeinem Grund hatten sie die Hinlopenstraße genommen. Sie lagen tief im Wasser, voll beladen. Es ist nicht leicht, einen schwer verletzten Mann von einem Trawler ohne Hubschrauberlandeplatz aufzunehmen. Vor allem bei einem derartigen Wind und Seegang. Aber das Manöver ging zum Glück gut. Der Bursche ist mit einer Ambulanzmaschine auf dem Weg nach Tromsø. Hinterher haben sich die Russen über Spitzbergen Radio bedankt. Sie sagten, jetzt müssten sie die Fangsaison nicht abbrechen. So weit, so gut, nur, was haben sie da oben gemacht? Da sie mehr als voll beladen waren, wäre es doch sinnvoller gewesen, Kurs in Richtung Süden zu nehmen, um den Fisch bei der nächsten russischen Verarbeitungsstelle anzulanden.«
Knut antwortete nicht, er ging davon aus, dass der Polizeichef ihm sagen würde, was die Küstenwache davon hielt. »Erst vor wenigen Jahren wurden Trawler erwischt, die viel zu viel geladen oder illegal mit einer allzu kleinen Maschenweite bei ihren Netzen gefischt hatten. Es kam vor, dass die illegal gefangenen Fische über Bord gespült wurden, wenn die Küstenwache sie kontrollieren wollte. Heutzutage sind sie cleverer. Allerdings sind die Fangquoten sehr genau festgelegt. Deshalb müssen die Schiffe Buch führen. Jeder Fang wird darin registriert, und diese Fangbücher müssen in den Verladehäfen abgestempelt werden. Trotzdem werden die Bestände überfischt. Die Küstenwache hat seit Langem den Verdacht, dass von Norden Frachtschiffe kommen, die Spitzbergen offiziell ganz legal anlaufen. Vermutlich werden sie mit dem unregistrierten, bereits tiefgefrorenen und in neutralen Kisten verpackten Fisch beladen. Und zwar auf offener See. Sehr schwierig zu entlarven. Sie müssen auf frischer Tat ertappt werden.«
»Aber muss der Fisch nicht auch bei einem Frachtschiff registriert sein?« Knut nutzte die Gelegenheit, um seine Frage zu stellen. Er verstand nicht, worauf der Polizeichef hinauswollte.
»Nicht, wenn die Ladung zum Kontinent gebracht und auf dem Schwarzmarkt verkauft wird.« Der Polizeichef klang amüsiert. »Und jetzt hör zu … Das Küstenwachtschiff ›Senja‹ hat südlich der Bäreninsel ein großes Frachtschiff gestoppt. Der Heimathafen ist Archangelsk. Das Schiff war auf dem Weg nach Barentsburg, mit Nachschub für das Bergwerk. Alles in Ordnung mit der Ladung. Kein Grund, sie festzuhalten. Aber wir glauben, dass die Trawler ungeduldig werden. Denn mit jedem Tag, der vergeht, verkürzt sich nicht nur die Saison, sondern sie verbrauchen auch Treibstoff und Nahrungsmittel.«
»Und was hat das mit Barentsburg zu tun? Hier liegen lediglich zwei kleinere Schiffe.«
»Kommandeurkapitän Fredriksen glaubt, dass der Quotenschwindel von Barentsburg aus gesteuert wird. Nicht, solange alles nach Plan läuft, aber wenn etwas schiefgeht, dann wird Kontakt zu einem Mann in Barentsburg aufgenommen, der die Probleme lösen kann.«
»Und der tote Steiger soll am Fischschmuggel beteiligt gewesen sein? Glaubst du, so hängt das zusammen?«
»Wir wissen es nicht. Vielleicht ist er ja doch durch einen Unfall ums Leben gekommen …
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