In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Ledige Kindsmütter wurden meist unbarmherzig aus der Stadt verbannt, wenn nicht sogar mit Ruten gestrichen.
»Wenn sie ein Kind bekommt, Giovanni, was soll dann werden? Das hab ich nicht gewollt!«
»Na, weißt du, ihr habt ja nur einmal … Da wird schon nichts passiert sein.«
Zweifelnd sah Cunrat ihn an. Er würde seine Wallfahrt bald machen. Vielleicht half die Madonna von Einsiedeln ja auch gegen ungewollte Kinder. Egal, ob bei Bärbeli oder bei Gretli.
Doch seine Wallfahrt sollte zu spät kommen.
Inzwischen war Sebolt Schopper mit einem Besen herbeigeeilt, um den zerbrochenen Krug wegzuräumen.
»Wer bezahlt mir den?«, fragte er finster.
»Das erledige ich schon!«, antwortete Giovanni. Er war froh, dass sein Freund sich wieder ein wenig beruhigt hatte, und dafür erschien ihm der Preis eines irdenen Kruges vergleichsweise gering. Doch dann fiel ihm etwas anderes ein.
»Sebolt, ich hatte Euch schon einmal wegen eines Zimmers angesprochen. Heute ist der fremde Herr wieder da gewesen und hat nachgefragt. Und eine Eurer Mägde hat neulich gesagt, Ihr hättet noch ein Zimmer frei, im zweiten Geschoss. Was ist damit?«
Der Wirt hielt erschrocken inne. »Welche Magd hat Euch von dem Zimmer erzählt?«
»Ich erinnere mich nicht, irgendeine. Also, was ist nun damit?«
»Dieses Zimmer ist nicht zu vermieten.« Er wollte weitergehen, aber Giovanni gab nicht nach und hielt ihn am Ärmel zurück.
»Warum nicht? Der Herr würde sicher gut zahlen!«
»Das würde er nicht lange«, antwortete Schopper, riss sich los und wollte in den Keller verschwinden.
Doch Giovanni ließ immer noch nicht locker.
»Sebolt, sagt uns doch, was es mit dem Zimmer auf sich hat!«, rief er ihm laut nach.
Da hielt der Wirt inne und sah sich ängstlich um, ob jemand ihren Wortwechsel mitgehört hatte, dann sagte er: »Kommt mit!«
Die beiden folgten ihm aus der Schankstube ins Treppenhaus. Dort nahm Schopper sie beiseite. Da er und Giovanni ohnehin Geheimnisse hatten, schien er bereit zu sein, auch dieses Geheimnis mit ihm zu teilen, und so erklärte er ihnen flüsternd: »Damit Ihr endlich Ruhe gebt, sage ich es Euch: In diesem Zimmer geht ein Geist um.«
Giovanni sah ihn überrascht an, doch Cunrat wusste sofort, wessen Geister infrage kamen: »Johann Tettinger! Karolina!«
»Das weiß ich nicht«, fuhr Schopper fort, »ich weiß nur, dass keiner meiner Gäste es in diesem Zimmer länger als eine Nacht ausgehalten hat. Es ist verflucht! Ich hätte schon längst einen Exorzisten kommen lassen, aber wenn sich herumspricht, dass es in der Haue nicht geheuer ist, dann bin ich meine anderen Gäste vielleicht auch noch los. Also fragt mich nicht mehr danach und sprecht zu niemandem darüber, ich bitte Euch! Und meinen Mägden werde ich jetzt etwas erzählen!«
Dann kehrte er wütend mit den Resten des zerbrochenen Kruges zurück in die Schänke und begab sich zur Küche.
Auch die beiden Bäcker setzten sich wieder auf ihre Hocker in der Ecke. Giovanni bedauerte ein wenig, dass die Mägde nun seinetwegen Ärger bekommen würden, doch Cunrat war ganz aufgeregt: »Das ist der Beweis, dass Karolina und ihr Bruder sich nicht selbst umgebracht haben! Verstehst du, Giovanni, sie wurden getötet, und dieses Zimmer hat etwas damit zu tun, sonst würden sie sich nicht dort zeigen. Ihre Seelen suchen Hilfe! Sie sind nicht verdammt, sondern warten im Fegefeuer auf unser Gebet!«
Giovanni sah ihn zweifelnd an. »An diese Gespenster glaube ich erst, wenn ich sie selber gesehen habe.«
»Aber Giovanni, weißt du denn nicht, dass die Seelen im Fegefeuer auf unser Gebet angewiesen sind? Alle glauben, dass Karolina und Tettinger als Selbstmörder in der Hölle seien und kein Gebet der Welt ihnen noch helfen könne, aber so ist es nicht. Ich werde in Einsiedeln eine Messe für sie lesen lassen! Ich bekomme ja jetzt Geld.«
»Dann bezahl mir aber erst deine Schulden zurück, bevor du die Silberlinge der Kirche in den Rachen wirfst!«
Cunrats Gesicht verdüsterte sich. Es gefiel ihm nicht, wenn sein Freund despektierlich von heiligen Dingen sprach.
»Du bekommst dein Geld, keine Angst!«
Da lachte Giovanni und klopfte ihm auf die Schulter. »Ist ja schon gut, ich habe volles Vertrauen zu dir, Cunrat!«
Dann sah er sich in der Schänke um.
»Schopper ist noch in der Küche. Lass uns jetzt die Kammer genauer anschauen.«
Cunrat wurde bleich. »Die Spukkammer? Aber Giovanni …«
Doch der war schon aufgestanden und hatte ein paar Münzen auf
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