In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
sich bei Rosshuser einen Krug Wein und eine Platte gebratenes Fleisch geholt hatte, steuerte er mit Cunrat im Schlepptau direkt auf die freien Plätze in der Ecke zu. Der Wirt hatte ihm versprochen, dass Lucia am späten Abend für ihn frei sein würde, vorher hatte sie noch einen feineren Herrn zu bedienen. So saßen sie beim Wein und aßen und redeten über das Festgelage im Hause Tettikover, während Giovanni nervös die Treppe zum Obergeschoss im Blick behielt.
Egli Locher würdigte sie keines Blickes, er starrte wie immer in seinen Weinkrug und tätschelte nur hin und wieder seinem Hund den Kopf. Fast sah er noch melancholischer drein als gewöhnlich. Als sie aber über den Giftmord an dem polnischen Ritter zu reden begannen, hob er den Kopf.
»Wisst ihr etwas darüber?«, fragte er plötzlich interessiert.
Sie sahen ihn überrascht an.
»Wir waren im Hause Tettikover und haben den Mörder gesehen, aber er ist verschwunden!«, antwortete Giovanni.
»Wie sah er aus?«
»Schmal, mit langen dunklen Haaren. Warum?«
Der Henker zögerte einen Moment, dann senkte er den Kopf.
»Nur so.«
Da rückte Giovanni näher zu ihm hin, um ihm noch etwas Wein aus ihrem Krug nachzuschenken. Die Dogge begann zu knurren, doch Cunrat warf ihr ein paar Knochen zu, die von seinem Mahl übrig geblieben waren, und redete begütigend auf sie ein. Er mochte Hunde, und es gefiel ihm, wie dieser nun seine beschnittenen Ohren spitzte, die Leckerbissen in der Luft schnappte und mit einem freudigen Wedeln seines Stummelschwanzes quittierte. So konnte Giovanni in Ruhe den Herrn des Hundes ausfragen.
»Meister Egli, sagt doch, warum wollt Ihr das wissen? Gehört es inzwischen zu den Aufgaben eines Nachrichters, schon vorher Erkundigungen zu einem Verbrecher einzuziehen? Oder denkt Ihr bereits an das Salär, wenn Ihr den Bösewicht aufs Rad flechten könnt? Zuvor muss Hanns Hagen ihn aber finden!«
Egli Locher lachte freudlos auf. »Das wird ihm kaum gelingen.«
Giovanni warf Cunrat einen erstaunten Blick zu.
»Warum nicht? Was wisst Ihr denn darüber?«
Doch der Scharfrichter schüttelte nur den Kopf, und soviel Giovanni auch nachfragte, er sagte nichts mehr. Schließlich stand er auf, rief seinen Hund, der sich inzwischen von Cunrat hatte sogar streicheln lassen, und verließ das Lokal.
»Cunrat, der weiß doch irgendetwas. Wir sollten Hanns Hagen benachrichtigen!«
»Was? Nein, ich nicht. Du weißt genau, dass der Vogt mich nicht sonderlich mag. Und was sollte so einer denn wissen?«
Doch Giovanni trank schnell seinen Becher Wein aus und stand auf.
»Komm mit!«
»Und Lucia?«
»Wir sind sicher bald zurück! So muss ich wenigstens nicht ständig die verdammte Treppe anstarren!«
Als sie aus der Tür traten, sahen sie, wie Egli Locher zunächst zu seinem Haus am Ziegelgraben ging, dort aber nicht eintrat, sondern den Weg Richtung Schottentor nahm. Es war schon Nacht, und der Henker trug kein Licht bei sich, doch der halbvolle Mond ließ immerhin schemenhaft seine Gestalt zwischen den Häusern und der Stadtmauer erahnen. Doch plötzlich verschwand er einfach im Dunkel. Als die beiden ihm nachgingen, hörten sie, wie er in der Feuergasse direkt neben seinem Haus mit irgendetwas hantierte und dabei leise fluchte. Sie schlichen vorsichtig näher, da fing plötzlich der Hund an zu knurren.
Der Henker verstummte, dann rief er scharf: »Fass, Falk!«
Aus der Finsternis hörten sie die Bestie bedrohlich auf sich zu schnaufen, und für einen Moment blitzten im Licht des Halbmondes die gewaltigen Fangzähne des schwarzen Ungeheuers auf. Giovanni wollte in Panik davonlaufen, doch Cunrat blieb stehen wie ein Baum und rief den Hund beschwörend an: »Na, du Schöner! Komm doch her, hast doch einen leckeren Happen von mir bekommen! Komm, mein Braver, lass dich klopfen!«
Verblüfft blieb der Hund tatsächlich vor ihm stehen, begann mit seinem Stummelschwanz zu wedeln und sah Cunrat erwartungsvoll an. Als dieser ihm die Flanken tätschelte, ließ er es sich gern gefallen. Da fasste auch Giovanni wieder Mut und kam näher.
»Hurenhund!«, ertönte hingegen ein Fluch aus der Dunkelheit. Da der Scharfrichter nun ohnehin wusste, dass sie ihm gefolgt waren, wagten sie es, sich ihm zu nähern. Vor ihm am Boden lag etwas wie ein nasser Sack, doch dann erkannten sie im Mondlicht, dass der Sack ein Mensch war, ein toter Mensch. Egli Locher drehte den Körper um, sodass man sein Gesicht sehen konnte. Lange schwarze Haare waren zu Eistroddeln
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