In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
sprechen und bis zum Tode verteidigen, fordert der Böhme, denn die Wahrheit werde uns vor Sünde, Teufel und ewigem Tod bewahren.
So ein Tor, der glaubt, die Wahrheit wissen zu können! Sagt uns doch schon Cicero, dass, wer von sich annimmt, die Wahrheit zu kennen, sich in gefährlicher Sicherheit wiegt, denn wir können der Wahrheit nur nahe kommen, sie aber niemals erreichen. Wenn Hus sich nur nicht zu sicher fühlt!
Zur Eröffnung des Conciliums, die aus den obgenannten Gründen ohne den König stattfinden musste, gab es eine prächtige Prozession um den Dom, den man hier Münster nennt. Hinter dem Papst gingen 15 Kardinäle, 23 Erzbischöfe und 27 Bischöfe, außerdem Äbte, Theologen, Studenten und Schüler. Danach hat man die Bischofskirche für die Sessionen umgebaut. Im Grunde ist es eine recht armselige Kirche, ganz im alten Stil gebaut, eine Basilika, dreischiffig, mit Holzdecken und ohne Gewölbe. Im Langhaus hat man ein hölzernes Gestühl errichtet sowie zwei Throne, einen für den Herrn Papst und einen für den König, wenn er dann erscheinen wird. So ist genügend Platz für all die Kardinäle und Bischöfe, die noch erwartet werden.
Bei der ersten Session am 16. des Monats waren aber noch überall Lücken, und es wurde daher nicht viel beratschlagt. Unser Herr Papst hat gewisse allgemeine Regeln erlassen, die für alle Konzilssitzungen Gültigkeit haben sollen. Besonders wichtig erschien ihm, dass die Teilnehmer der Sitzungen ihre Anliegen – welcher Art sie auch seien – in Ruhe vorbringen und diskutieren mögen. Wer diese Regel nicht einhält, soll die Sitzung verlassen und für drei Tage exkommuniziert werden. Ich hoffe nur, dass er sich nicht einmal selbst des Saales verweisen muss, bei seinem Temperament!
Inhaltlich konnte ohnehin nicht viel besprochen werden, weil eine große Anzahl wichtiger Teilnehmer noch fehlt, so die Delegation aus Paris, Herzog Friedrich von Tirol oder der Deutsche Orden. Damit war auch hier das einzige Thema, das zur Sprache kam, die Häresie von Wyclif. Darin war man sich immerhin einig, dass er ein Ketzer gewesen sei.
Der St.Martins-Tag brachte eine besondere Freude für den Herrn Papst, weil fünf Kardinäle eintrafen mit der Nachricht, dass die Stadt Rom, die bisher dem Gegenpapst Gregor anhing, sich nun auch unter die Obödienz seiner Heiligkeit, des Papstes Johannes, begeben hat. Vor Freude ließ er dreimal die Glocken läuten. Auch mich hat diese Nachricht froh gestimmt, denn je schwächer seine Gegner werden, umso schneller wird ihn das Konzil als den einzigen rechtmäßigen Papst bestätigen, und wir können endlich nach Hause zurückkehren.
Allerdings sind vor drei Tagen die Gesandten des Kardinals Dominici hier angekommen, der, wie du weißt, sich immer noch zu Gregor bekennt. An ihrer Spitze ritt der Dominikaner Giovanni Benedetti, Gregors venezianischer Camerar und Erzbischof von Ravenna. So sehr ich Dominici schätze – ich kenne ihn noch recht gut aus meiner Florentiner Zeit – so unangenehm ist mir Benedetti, dieses Exemplum von einem Venezianer, eitel, heuchlerisch und voller Tücke. Bei seiner Ankunft ist ihm jedoch ein rechtes Missgeschick widerfahren. Der Konzilsvogt hatte Dominici und seinem Gefolge das Augustinerkloster als Quartier zugeteilt, und so war bereits vor Tagen Gregors Wappen am dortigen Tore angeschlagen worden, um die Herberge für alle sichtbar zu reservieren. Aber stell dir vor, irgendwelche Spitzbuben haben das Wappen abgerissen, sodass man Dominicis Leuten das Quartier streitig machte. Am Ende konnten sie zwar doch bei den Augustinern einziehen, aber erst nach etlichen Querelen und Ärgernissen. Welcher Fuchs hinter diesem bösen Streich steckte, werden wir wohl nie erfahren!
Inzwischen sind auch einige Franzosen eingetroffen, darunter Pierre D’Ailly, der Kardinal von Cambrai. Er ist ein Parteigänger von Johannes, doch wie du wohl weißt, hat er eindeutig Stellung bezogen gegen Jean Petit und den Burgunderherzog Johann Ohnefurcht in der Frage, ob der Mord am Bruder des französischen Königs durch den Herzog im Jahre 1407 ein gerechtfertigter Tyrannenmord gewesen sei oder nicht. So fürchte ich, dass auch dieses unselige Thema noch einmal hier vom Konzil behandelt werden wird, was uns zusätzliche Tage in Costentz kosten dürfte.
Ach, und zu übler Letzt noch eine Geschichte, die sich vor einer Woche, am Tage der Heiligen Christina, ereignet hat. Ein Weinhändler wurde tot aufgefunden, erhängt, ein fetter Kerl,
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