In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
groß, dass die Stadtwachen auf der Mauer oder andere Gasthausbewohner etwas mitbekommen.«
»Vielleicht hat er sie wieder nach Münsterlingen gebracht?«
»Das glaube ich nicht«, entgegnete Poggio. »Die Äbtissin würde sich wohl kaum trauen, noch einmal ein solch gefährliches Unterfangen einzugehen, nachdem ihre Hilfe für Jakob Schwarz sogar dem König angezeigt worden ist.«
Doch auch er hatte keine Idee, wo die arme Lucia versteckt sein konnte.
»Was machen wir denn jetzt?«, fragte Simon Ringlin. »Den Vogt informieren? Oder gleich dem König Bescheid geben?«
»Der Vogt hat schon einen Attentäter hinrichten lassen. Er wird es nicht hinnehmen, wenn wir ihm nun plötzlich einen anderen präsentieren.« Giovanni schüttelte den Kopf. »Und der König wird uns ohnehin nicht glauben. Dass er Jakob Schwarz verhaften ließ, war das Äußerste, was wir von ihm verlangen konnten. Nein, wir müssen selber handeln!«
»Aber was willst du tun? In die Haue gehen und den Conte zur Rede stellen?«
»Das ist unmöglich, das weiß ich auch. Wenn wir an Sebolt Schopper und seinen Knechten vorbeikämen, müssten wir mit Waffengewalt in die Kammer des Conte eindringen, und wir können davon ausgehen, dass er und sein einäugiger Diener sich gut zu verteidigen wüssten! Wir würden den Konzilsfrieden brechen, und die Stadtwachen, die ohnehin meist in der Haue sitzen, hätten leichtes Spiel, uns zu verhaften.«
»Was sollen wir dann tun?«
»Wir müssen ihm eine Falle stellen, ihn irgendwie aus seiner Kammer locken.«
Da schnalzte Poggio mit den Fingern.
»Ich weiß auch schon, wer das für uns übernehmen wird!«
Gespannt sahen sie ihn an.
»Der König selbst!«
»Der König?« :
»Letzten Samstag hat er vor dem Konzil seine Abschiedsrede gehalten und angekündigt, dass er am Tag der Heiligen Ottilie, dem kommenden Donnerstag, Costentz verlassen wird. Er will sich nach Nizza begeben, um den König von Aragon und den Gegenpapst Pedro de Luna zu treffen. Dabei wird er zunächst nach Schaffhusen reisen, so wie damals Papst Johannes bei seiner Flucht. Es heißt, dass er mit dem Schiff den Rhein hinabfahren will, während sein Tross mit den Pferden über Land nach Schaffhusen marschieren wird. Da die Stadtoberen ihn bei seinem feierlichen Auszug aber noch begleiten wollen, wird er das Schiff erst beim Schloss Gottlieben besteigen und die Stadt zu Pferd durch das Rindportertor verlassen.«
»Vorbei an der Haue .«
»Ja, und das ist die letzte Möglichkeit für den Assassino, sein Attentat zu vollenden, denn bis zu Sigismunds Abreise wird es sonst wohl keine Gelegenheit mehr für einen Anschlag geben. Außer zur Messe wird der König den Freiburger Hof kaum mehr verlassen, so viele Urkunden muss er noch unterzeichnen, und ein Giftanschlag dürfte ebenfalls schwierig sein, dafür sind Sigismunds Köche und Vorkoster inzwischen zu sehr auf der Hut.«
»Also bleibt dem Conte nur die Möglichkeit, den König von ferne mit der Armbrust zu erschießen, so wie damals beim Turnier, als er jedoch versehentlich anstatt des Königs den Burgunder erwischt hat.«
»Ja, und zwar am besten von der Stadtmauer aus.«
»Und um auf die Mauer zu gelangen, wird er gewiss den geheimen Gang von der Haue zum Wehrgang nehmen.«
Simon Ringlin wandte ein: »Es werden aber viele Menschen unterwegs sein, um den König zu verabschieden. Wenn der Conte über den Verbindungsgang zur Stadtmauer geht und von der Mauer aus schießt, ist er für alle sichtbar. Der Wehrgang ist nach innen offen, und man sieht von der Gasse alles, was dort oben vor sich geht.«
»Ihr habt recht«, antwortete Giovanni. »Er muss einen geschützten Ort haben, von dem aus er auch wieder verschwinden kann. Ein gedungener Mörder will ja nicht sterben bei der Ausführung seines Auftrages.«
»Und wenn er vom Turm aus schießt?«, fragte Cunrat. »Eine bessere Aussicht auf den Weg, den der König nehmen wird, gibt es wohl nicht, als vom Dachgeschoss des Rindportertores aus. Und dort sieht ihn keiner.«
»Vom Rindportertor aus? Mein lieber Cunrat,« Giovannis Stimme wurde sarkastisch, »dazu müsste er durch die Wachstube gehen. Stell dir doch einmal vor: Er nimmt seine Armbrust unter den Arm, betritt die Stube und sagt zum Torwächter: ›Mein Herr, entschuldigt, ich müsste einmal kurz hier durchgehen in das Dachgeschoss des Turms, damit ich den König erschießen kann.‹«
Poggio grinste, während Cunrat die Schultern zuckte. »Ich dachte ja nur.«
Da mischte sich
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