In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Tür zum Ratssaal, »dann wirst du sehen, wie hoch deine Buße wird!«
Joß starrte ihn hasserfüllt an, sagte aber nichts mehr. Cunrat versuchte abzulenken: »A… aber wenn d… der Meister für uns b… bezahlt, dann m… müssen wir halt noch m… mehr arbeiten. B… besser, als aus der Stadt verwiesen z… zu werden.«
»Du hast gut reden«, versetzte Joß bitter, »du heiratest Bärbeli und bist alle Schulden los. Aber ich? Ich kann schuften, bis ich alt bin!«
Cunrat schluckte. Bärbeli heiraten? Was redete Joß da? Doch als er sich die Geschehnisse der letzten Wochen durch den Kopf gehen ließ, dämmerte ihm langsam, dass der Geselle vielleicht recht hatte, dass Bärbeli tatsächlich die Absicht hatte, ihn zu ehelichen. Und womöglich waren ihre Eltern sogar einverstanden mit ihrer Wahl. Hatte der Bäckermeister ihn deshalb nach Costentz gerufen? Damit er einen männlichen Nachfolger bekam? Wussten ihre Eltern vielleicht sogar Bescheid über Bärbelis nächtliche Treffen mit Cunrat und billigten sie insgeheim, damit er umso sicherer in den Hafen der Ehe einlaufen würde?
Cunrat brauchte eine Weile, sich all diese Fragen durch den Kopf gehen zu lassen, und am Ende kam er zum Schluss, dass es so sein musste. Alle hatten sie darauf hingewirkt, dass er seine Base heiraten würde.
Aber würde er denn Bärbeli heiraten wollen? Joß hatte sicherlich recht, dann wären nicht nur seine momentanen Schwierigkeiten gelöst, sondern er hätte eine gute Zukunft vor Augen, eine eigene Familie, den Meistertitel, vielleicht sogar die Möglichkeit, in den Rat gewählt zu werden. Sein Bruder, der Schuhmacher, hatte es vorgemacht, als er eine Ravensburger Schuhmacherstochter geheiratet hatte. War vielleicht sogar seine Mutter eingeweiht in die Pläne der Bäckersfamilie?
Ihn schwindelte und er fühlte sich plötzlich hintergangen. Er versuchte, sich Bärbeli vorzustellen, aber da wurden ihr runden Backen verdrängt von einem ganz anderen Gesicht, schmal mit hohen Wangen, aus dem ihn grüne Augen anlächelten, und mit einem Mal stieg eine ungeheure Wut in ihm hoch, er fühlte sich wie ein wildes Tier, das man in einem Netz gefangen hat, und nun hatte er sich mit seiner Unbedachtheit noch weiter darin verstrickt, hatte sich abhängig gemacht von Meister Katz und dessen Geldsäckel!
»N… niemals!«, stieß er keuchend hervor, und als die anderen ihn verständnislos ansahen, bekräftigte er: »N… niemals w… werde ich B… barbara h… heiraten!«
Joß grinste boshaft: »Du bist ein Narr, Stammler!«
Doch Giovanni sagte: »Das musst du ja vielleicht auch gar nicht. Hört mir mal zu!«
Sie waren inzwischen aus dem Rathaustor getreten und standen am Bleicherstaad vor dem großen Stadthaus des Klosters Salem, dem Salmansweiler Hof.
»Ich hab keine Lust, mir dein Gestammel noch weiter anzuhören, ich marschier jetzt zum Bäcker und frag um das Geld!«, fuhr Joß ihn an.
»Warte doch mal!«, beharrte Giovanni. »Wisst ihr, wer morgen in die Stadt kommt? Eine von den Stadtwachen hat’s mir erzählt!«
Die beiden sahen ihn fragend an.
»Graf Hermann von Cilli, der Schwiegervater von König Sigismund!«, sagte Giovanni triumphierend.
»Na und? Glaubst du, der bezahlt unsere Ablöse?«, fragte Joß hämisch.
»Nein, aber mit ihm können wir wieder in die Stadt zurückkehren!«
»Wieso das denn?«
»Man merkt, dass ihr nie in die Welt hinaus gekommen seid!«, bemerkte Giovanni mit einer Spur Herablassung, aber nun hatte er ihre Aufmerksamkeit gewonnen. »Wenn ein großer Herr wie ein König oder ein Herzog in die Stadt kommt, dann steht jeder, der in seinem Gefolge die Stadt betritt, unter seinem Schutz. Für den Schwiegervater des Königs gilt das gewiss auch. Und das heißt, wenn wir es schaffen, mit ihm durch das Tor hereinzukommen, dann ist unsere Verbannung aufgehoben. Da wäre es doch dumm, wenn ihr bei eurem Meister Schulden macht, wo ihr auch so wieder zurückkommen könnt. Und einen Tag wird er auf euch verzichten können, oder?«
Cunrat zögerte keinen Augenblick, ihm war alles recht, wenn es ihn nur vor der Heirat mit Bärbeli bewahrte. Joß war weiterhin skeptisch.
»Wer weiß, was uns der Welsche da erzählt!«
»Ich sage die Wahrheit!« Giovanni legte theatralisch seine Hand auf die Brust.
»Wir brauchen trotzdem Geld, um die Strafe zu bezahlen. Mein Beutel wird nicht ausreichen, und deiner noch weniger, Stammler!«
Und Joß wollte weitergehen zur Brotlaube, wo die Läden alle offen waren. Meister
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