In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Vorhänge zugezogen waren, an dessen Fußende ein quergestelltes Bett, wohl für den Diener, und in der Ecke einen Kachelofen, um den er ihn beneidete, obwohl Sommer war, denn der nächste Winter würde gewiss kommen.
Poggio schickte seinen Diener um einen Krug Wein in den Stauf , die Schänke für die Prälaten. Doch Giovanni sagte, sie wollten ihn nicht lang aufhalten in seinen sicher wichtigen Geschäften, sie hätten nur die Bitte, dass er ihnen bei der Übersetzung einiger Dokumente behilflich sei. Dann zog er eine schmale Ledertasche heraus, die mit einer goldenen Fibel verschlossen war, und öffnete sie. In feinstes Seidenfutter gehüllt, lag in der Tasche ein gutes Dutzend Pergamente. Manche trugen Wappen und Siegel, andere waren einfach nur beschrieben. Bevor er sie an Poggio weiterreichte, schilderte er ihm, wie sie über seine Würfel darauf gekommen waren, dass Schopper Diebesgut hortete, wie sie dort eingedrungen waren und die Armbrust entdeckt hatten, und wie Hug Strigel ihnen im Austausch gegen ihr Schweigen die Mappe mit den Pergamenten des Conte übergeben hatte.
»Vielleicht finden wir darin irgendeinen Hinweis auf Lucia!«, erklärte Giovanni ihr Interesse an den Schriftstücken.
»Schade um die schöne Armbrust!«, seufzte indes Poggio, machte sich dann aber bereit, die Pergamente in Augenschein zu nehmen. Dazu setzte er sich ein paar Augengläser auf, die Cunrat in höchstes Erstaunen versetzten. Hinter den runden Gläsern wirkten die Augen des Sekretärs wie die eines riesigen Käfers.
»Meine Augen sind schneller gealtert als ich!«, erklärte er lächelnd. »Die Gläser helfen mir, trotzdem klar zu lesen.«
Dann besah er sich die Papiere eines nach dem anderen, zunächst diejenigen mit Siegel.
»Das sind Geleitbriefe! Vom König, vom Herzog von Mailand, vom Herzog von Österreich. Alle ausgestellt für Conte Alessandro Sassino. Sieh an! Hier ist sogar einer von Papst Johannes!«
Er präsentierte ihnen das Schriftstück mit dem angehängten Siegel. Dieses zeigte ein Wappen mit einem länglichen Gebilde in der oberen Hälfte und schrägen Streifen in der unteren.
»Ist das ein Menschenbein?«, fragte Cunrat und deutete auf den oberen Teil des Siegels.
»Die coscia, der Schenkel, das Zeichen seiner Familie. Baldassare Cossa – so hieß der Papst vor seiner Wahl – stammte aus Neapel, da hießen sie noch Coscia. Im Dialekt des Nordens ist Coscia dann zu Cossa geworden. Diese Papiere sind gewiss Fälschungen, aber perfekt gemacht. Die haben dem Conte alle Türen geöffnet!«
Dann nahm er die übrigen Schriftstücke aus der Tasche.
»Briefe. Lasst uns schauen, mit wem er in Kontakt stand.«
Er überflog die Unterzeichner der Briefe.
»Ein Frick Humpis aus Ravensburg. Sagt euch das etwas?«
»Simon Ringlin hat mir von ihm erzählt«, sagte Cunrat. »Er war derjenige, der Jakob Schwarz die Stelle Ringlins im Mailänder Kontor gegeben hat. Ringlin meinte, er sei ein böser Mensch.«
»Ah, seht euch das an!« Poggio hatte bereits weitergelesen. »Ein Brief von meiner Freundin Magdalena Muntprat, der Äbtissin des Klosters Münsterlingen! Sie hat ihm Anfang Juni geschrieben. Hört zu!
Hochverehrter Herr,
es ist alles so geschehen, wie wir besprochen haben. Das Kleinod ist vor einigen Tagen wohlbehalten bei uns eingetroffen. Weil es jedoch in unserem Hause nicht sicher ist, wurde es an den vereinbarten Ort überstellt. Dort wird man es sicher für Euch verwahren, bis Ihr kommt, es abzuholen. Das Kästchen mit dem Fuß des Heiligen Petrus, das wir dem dortigen Herrn in Eurem Auftrag mitgesandt haben, hat er sehr geschätzt und wird Euch dafür immer zu Diensten sein.
Ich bitte Euch nun, Euren Teil unserer Vereinbarung zu erfüllen und das Juwel, das man mir bösartig entrissen hat, aus der Höhle des Fuchses zu holen und mir wiederzubringen.
In dankbarer Erwartung verbleibe ich Eure
Magdalena Muntprat, Äbtissin zu Münsterlingen. «
»Die interessiert sich nur für Geschmeide! Schöne Äbtissin!«, stellte Cunrat empört fest.
Poggio sah ihn durch die Augengläser spöttisch an, und plötzlich fühlte Cunrat sich, als ob er ein Käfer wäre, der von einem Gelehrten genauestens in Augenschein genommen würde.
»Mein lieber Cunrat, sie würde sich mit dem Conte Sassino gewiss nicht über Geschmeide austauschen. Das ist eine kryptische Sprache!«
Cunrat sah ihn verständnislos an.
»Eine Geheimsprache«, erklärte Giovanni. »Die Äbtissin will etwas ganz anderes sagen als
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