In sanguine veritas - Die Wahrheit liegt im Blut (German Edition)
nur zu gerne in deinen Kopf gucken.“
„Mach das, dann kannst du mir vielleicht sagen, was los ist, denn ich werde gerade nicht schlau aus mir.“
„Du bist wütend auf mich?“, riet er ins Blaue hinein.
„Nein.“ Ich schüttelte den Kopf.
„Enttäuscht?“ Seine Stimme bekam einen beängstigten Unte rton.
„Nein, auch nicht. Es ist nur …“
„Ja?“
„Ich hätte nicht gedacht, dass du so etwas tun könntest. Ich meine, vielleicht waren auch ein paar Unschuldige darunter. Unter den Werwölfen heute Nacht.“
„Also bist du erschrocken, weil ich so kaltblütig sein kann.“ Er klang unendlich traurig und mir steckte plötzlich ein Kloß im Hals. Seine Worte trafen genau ins Schwarze.
„Das ist es“, gab ich kraftlos zu.
„Ich bin der Falsche für diese Prophezeiung! Sobald es um dich geht, würde ich Völker auslöschen und eine Terrorherrschaft beginnen.“ Er seufzte. „Sie haben gedroht, dich mir wegzunehmen. Sie haben dein Leben bedroht. Dafür mussten sie büßen.“
Die Wut in seiner Stimme war nicht zu überhören . Da er aber am Lenker saß, entschied ich, die Diskussion nicht weiter zu schüren.
„Kätzchen, es ist den Werwölfen verboten , sich auf dem Territorium von ISV zu bewegen, und nur dort wurde auf meine Anweisung hin gejagt. Die Werwölfe, die die Grenze überschritten haben, hatten gewiss nichts Gutes im Sinn gehabt.“
„Du meinst, die haben einen Angriff auf ISV geplant?“, fragte ich voller Ho ffnung, denn das würde bedeuten, dass kein unschuldiges Blut vergossen worden war. Dann sollten sie von mir aus in der Hölle schmoren.
„Nein, nicht wirklich. Wenn Werwölfe jagen, vergessen sie vor lauter Aufregung schnell mal, wo sie gerade sind. Jedes Mal zu Vollmond verirren sich ein paar auf unser Gebiet, aber wir haben sie bisher nur beobachtet und ihres Weges ziehen lassen. Aber dieses Mal nicht. Dies mal haben wir ein Exempel statuiert. Wenn sie unser Leben bedrohen, werden wir ihnen auf unserem Gebiet nicht freundlich begegnen. Sie haben uns den Krieg erklärt, Kätzchen. Nicht ich. Ich bin zwar gläubig, aber so edel wie Jesus Christus, dass ich die andere Wange hinhalte, wenn man mich schlägt, bin ich nicht.“ Einen kurzen Moment sah er mich unglücklich an. „Das soll keine Entschuldigung für mein Verhalten sein. Am liebsten wäre ich gestern selbst mit auf die Jagd gegangen, aber dich in solch einer Nacht alleine zu lassen, hätte ich nicht übers Herz gebracht. Also habe ich mir die nächstbeste Möglichkeit rausgepickt. Ich wusste, dass Mathias schon lange darauf scharf war, den Werwölfen die Grenze zu erklären.“
Ich weiß nicht , wieso, aber ich konnte Elias’ Handeln tief in mir drin irgendwo nachvollziehen, auch wenn ich das Gefühl hatte, einen Stein verschluckt zu haben. Jeder dieser Werwölfe, die gestorben waren, hätten mich sicher, ohne mit der Wimper zu zucken, getötet. Für ein paar Euro. Elias hatte wirklich zwei Persönlichkeiten. Zum einen war da der liebevolle, einfühlsame und lustige Kerl und zum anderen war da Gabriel, das kaltblütige Raubtier, der Rachengel, der über Leichen gehen würde, wenn er es für nötig betrachtete. Aber man kann das Wort Racheengel nicht schreiben oder aussprechen, ohne dabei auch das Wort Engel zu gebrauchen.
Plötzlich hupte jemand hinter uns. Wir schreckten beide hoch, als uns bewusst wurde, wer uns da mit einem dreckigen Grinsen im Rückspiegel entgegensah. Mir gefror das Blut in den Adern. Es war die Glatze von gestern, der Meister-Proper-Werwolf.
Elias fackelte nicht la nge, er trat das Gaspedal durch und schnitt beinahe einen vorbeifahrenden Wagen. Im Seitenspiegel konnte ich sehen, wie der Werwolf ebenfalls Gas gab. Ein unbekannter Mann saß neben ihm.
„Halt dich gut fes t!“, sagte Elias als er das Auto haarscharf zwischen zwei Lastwagen einfädelte.
Ich klammerte mich am Sitz des Autos fest und kniff meine A ugen zusammen. Ich spürte, wie Elias die Spuren wechselte und ich dadurch von einer auf die andere Seite gedrückt wurde. Immer wieder hörte ich Autos hupen und meinen Vampir fluchen. Der Motor heulte laut auf, da Elias ihn anscheinend über seine Grenzen hinaus strapazierte. Ich vernahm ein leises Wimmern, bis mir bewusst wurde, dass es von mir kam. Ich hatte Todesangst und verkrampfte förmlich in meinem Sitz. Ich traute mich nicht, meine Augen aufzumachen, und wenn ich es doch einen kleinen Spalt weit tat, erwartete mich jedes Mal der grauenhafte Anblick eines
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