In seiner Hand
deinem Anwalt. Das ist alles ein riesengroßer Irrtum.«
»Sie haben immer wieder behauptet, ich sei ein gewalttätiger Mann.« Die Kellnerin stellte den Kaffee auf den Tisch, doch Terry schien sie gar nicht zu bemerken.
»Es war, als würde sich mein ganzer Kopf mit Blut füllen.
Ich hätte dir niemals etwas getan. Sie haben geredet, als wäre ich ein bösartiger Mistkerl. Sie haben gesagt, ich hätte dich in den Nervenzusammenbruch getrieben …«
»Das haben sie gesagt?«
»Und Sally … Sally … O verdammt!«
»Terry. Nicht.«
Er begann zu weinen. Dicke Tränen liefen ihm über die Wangen und in den Mund. Er griff nach seiner Tasse, aber seine Hände zitterten so sehr, dass er große Pfützen Kaffee über den Tisch verschüttete.
»Ich weiß nicht, was passiert ist«, sagte er, während er ohne großen Erfolg versuchte, den verschütteten Kaffee mit einer Serviette aufzuwischen. »Erst lief alles ganz normal, und dann ging plötzlich alles zum Teufel. Die ganze Zeit dachte ich, ich würde irgendwann aufwachen und feststellen, dass es nur ein schlimmer Traum war, und du würdest neben mir liegen oder Sally. Aber stattdessen bist du hier, und Sally ist tot, und die Polizei glaubt noch immer, dass ich es war. Ich weiß genau, dass sie das glauben.«
»Die Hauptsache ist, dass sie dich freigelassen haben«, antwortete ich. »Du warst es nicht, und sie dürfen das auch nicht länger behaupten. Du hast jetzt nichts mehr zu befürchten.«
Aber er hörte mir gar nicht zu. »Ich fühle mich so verdammt einsam«, sagte er. »Warum ich?«
Angesichts seines Selbstmitleids empfand ich einen Anflug von Zorn. »Oder warum Sally?«, erwiderte ich.
Am nächsten Morgen rief Ben bei Jos Eltern an. Sie waren aus dem Urlaub zurückgekehrt, ich konnte die Stimme der Mutter hören. Nein, erklärte sie, Jo sei nicht mit ihnen in Urlaub gefahren. Sie hätten sie vor ihrer Abreise das letzte Mal gesehen. Ja, natürlich, sie würden sich sehr über Bens Besuch freuen, wenn er in der Gegend wäre, und selbstverständlich sei es in Ordnung, wenn er eine Freundin mitbringe. Bens Gesichtszüge wirkten angespannt, seine Mundwinkel waren nach unten gezogen, als hätte er etwas Saures gegessen. Er sagte, wir würden gegen elf kommen.
Schweigend fuhren wir durch Nord-London zu ihrem Haus in Hertfortshire. Es war ein nebliger, feuchter Tag.
Die Bäume und Häuser, an denen wir vorbeifuhren, hatten etwas Düsteres, Bedrohliches. Jos Eltern lebten am Rand eines Dorfes, in einem flachen weißen Haus am Ende einer gekiesten Zufahrt. Nachdem wir von der Hauptstraße abgebogen waren, hielt Ben einen Moment an.
»Mir ist richtig übel«, erklärte er in wütendem Ton, als wäre das meine Schuld. Dann fuhr er weiter.
Jos Mutter hieß Pam und war eine gut aussehende, kräftige Frau mit einem festen Händedruck. Ihr Vater dagegen war dürr wie ein Skelett. Mit seinem ausgemergelten, von unzähligen Falten durchzogenen Gesicht wirkte er um Jahrzehnte älter als seine Frau, und als ich seine Hand schüttelte, hatte ich das Gefühl, ein Bündel Knochen in der Hand zu halten. Wir nahmen in der Küche Platz, und Pam bewirtete uns mit Tee und Keksen.
»Dann erzähl mal, wie es dir so geht, Ben. Es ist ja schon eine Ewigkeit her, dass Jo dich das letzte Mal mitgebracht hat …«
»Ich bin aus einem bestimmten Grund gekommen«, unterbrach Ben sie abrupt.
»Jo?«, fragte sie.
»Ja. Ich mache mir Sorgen um sie.«
»Was ist mit ihr?«
»Wir wissen nicht, wo sie ist. Sie ist verschwunden. Ihr habt gar nichts von ihr gehört?«
»Nein«, antwortete sie im Flüsterton. Dann fügte sie lauter hinzu: »Aber du weißt ja, wie das bei ihr ist, sie verschwindet ständig irgendwohin, ohne uns etwas davon zu sagen. Manchmal meldet sie sich wochenlang nicht.«
»Ich weiß. Aber Abbie wohnt seit ein paar Wochen bei ihr, und Jo ist eines Tages einfach nicht nach Hause gekommen.«
»Nicht nach Hause gekommen«, wiederholte sie.
»Du hast keine Ahnung, wo sie sein könnte?«
»Im Cottage?« Ihr Miene hellte sich hoffnungsvoll auf.
»Sie fährt manchmal hin und haust eine Weile dort.«
»Da waren wir schon.«
»Oder bei ihrem Freund?«
»Nein.«
»Ich verstehe nicht so recht«, schaltete sich der Vater ein.
»Wie lange ist sie denn schon verschwunden?«
»Seit dem sechzehnten Januar«, antwortete ich.
»Zumindest nehmen wir das an.«
»Und heute haben wir den wie vielten? Den sechsten Februar? Das sind ja schon drei Wochen!« Pam stand auf.
Sie
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