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In seiner Hand

Titel: In seiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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herumzuspielen. »Meinst du, was dich oder was Jo betrifft?«
    »Gibt es da einen Unterschied?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete er.
    »Das mit Jo tut mir so Leid, Ben. Es tut mir wirklich sehr, sehr Leid. Ich weiß gar nicht, wie ich es ausdrücken soll.«
    »Ich hoffe immer noch, dass irgendwann das Telefon klingelt und sie am Apparat ist.«
    »Das wäre schön«, sagte ich.
    Er schenkte uns Wein nach.
    »Musst du oft an die Tage denken, als du seine Gefangene warst?«

    »Manchmal kommt es mir vor, als wäre es nur ein schrecklicher Alptraum gewesen, und dann denke ich: Vielleicht habe ich wirklich alles nur geträumt. Bei anderen Gelegenheiten – meistens in der Nacht oder wenn ich allein bin und mich besonders verwundbar fühle – ist es plötzlich wieder derart präsent, dass ich das Gefühl habe, alles von neuem zu durchleben. Als würde ich tatsächlich wieder in der Situation stecken. Als wäre ich nie aus jenem Raum entkommen und all das hier« – ich machte eine Handbewegung, die die hell erleuchtete Küche mit einschloss – »wäre der Traum. Alles purzelt durcheinander, meine Erinnerungen, meine Phantasien, meine Ängste. Weißt du, was ich manchmal für ein Gefühl habe, wenn ich in den frühen Morgenstunden aufwache und mir alles so düster und traurig erscheint? Dann habe ich das Gefühl, dass ich mich auf einem Rad befinde, das sich endlos dreht. Und dass ich alles schon mal getan habe
    – was ja in gewisser Hinsicht auch stimmt, ich habe tatsächlich schon nach Jo gesucht, mich in dich verliebt –
    und demnächst wieder in der Dunkelheit verschwinden werde.«
    »Jetzt ist es bald vorbei.«
    »Glaubst du wirklich?«
    »Ja. Die Polizei wird sich darum kümmern – und glaub mir, diesmal ist ihnen bestimmt daran gelegen, alles richtig zu machen. Du versteckst dich einfach ein paar Tage hier bei mir, und dann ist dieser Alptraum vorbei, da bin ich sicher. Dann bist du abgesprungen von deinem Rad.«

    24
    Ben war im Büro, und ich gönnte mir mitten am Vormittag eine Dusche. Das war einer der vielen Vorteile von Bens Haus. Es war modern und technisch auf dem neuesten Stand, und die Dinge funktionierten auf eine Weise, wie ich es mir bis dahin kaum hatte vorstellen können. Terrys so genannte Dusche war ein Art tröpfelnder Wasserhahn knapp zwei Meter über der Badewanne gewesen. Selbst wenn das Wasser heiß war, wurden die Tropfen auf dem Weg nach unten kalt. Bens Dusche dagegen war eine richtige Hochleistungsmaschine mit einem scheinbar unerschöpflichen Vorrat an heißem Wasser und der Kraft und Konzentration eines Feuerwehrschlauchs. Hinzu kam, dass die Dusche kein Teil der Badewanne, sondern in einer eigenen Nische untergebracht und mit einer Tür versehen war. Ich kauerte in einer Ecke und stellte mir vor, mich auf einem Planeten zu befinden, der ununterbrochen mit heißem Regen bombardiert wurde. Natürlich war so ein Planet weniger vorteilhaft, wenn man essen, schlafen oder ein Buch lesen wollte, aber für eine Weile tat das Prasseln sehr gut. Ein heißer Wasserstrahl, der mit beträchtlicher Wucht meinen Kopf traf, war eine gute Art, mich vom Denken abzuhalten.
    Am liebsten wäre ich bis zum Frühjahr dort geblieben oder wenigstens, bis der Mann gefasst war, aber irgendwann drehte ich doch das Wasser ab und trocknete mich so langsam und sorgfältig ab, wie sich das nur eine Frau ohne dringenden Termin leisten kann. Dann schlenderte ich in Bens Schlafzimmer hinüber und zog fast ausschließlich Sachen von ihm an: eine Jogginghose und ein schlabberiges blaues T-Shirt, das mir mehrere Nummern zu groß war, außerdem riesige Fußballsocken und ein Paar Hausschuhe, die ich ganz hinten in seinem Schrank fand. Anschließend schaltete ich in der Küche den Wasserkocher an und machte mir eine halbe Kanne Kaffee. Eines Tages würde ich anfangen müssen, darüber nachzudenken, wie ich meine berufliche Karriere aus ihrem derzeitigen Ruhezustand erwecken und wieder in Schwung bringen sollte, aber das konnte warten. Alles konnte warten.
    Ich trank meinen Kaffee und unternahm ein paar halbherzige Versuche zu putzen und aufzuräumen, wusste in Bens Haus aber nicht gut genug Bescheid, um viel auszurichten. Ich hatte keine Ahnung, was in welche Schublade oder an welchen Haken gehörte, war andererseits aber auch nicht arbeitswütig genug, um den Boden zu schrubben oder etwas Ähnliches anzufangen, so dass ich mich am Ende darauf beschränkte, das Geschirr zu spülen, die Flächen abzuwischen und die

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