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In seiner Hand

Titel: In seiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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starrte einen Moment auf uns herunter und rief dann:
    »Wir müssen sofort anfangen, nach ihr zu suchen! Auf der Stelle!«
    »Ich gehe zur Polizei«, erklärte Ben und erhob sich ebenfalls. »Wir fahren gleich von hier aus hin. Wir haben schon mit ihnen gesprochen – zumindest hat Abbie das getan, aber sie nehmen so etwas nicht ernst, es sei denn, es handelt sich um ein Kind.«
    »Und was soll ich machen?«, fragte Pam. »Ich kann doch nicht einfach herumsitzen und warten. Ich werde mich an die Strippe hängen und einen Rundruf starten.
    Bestimmt gibt es eine ganz einfache Erklärung. Mit wem habt ihr schon gesprochen?«
    »Vielleicht hat es wirklich nichts zu bedeuten«, antwortete Ben hilflos. »Womöglich geht es ihr bestens.
    Es gehen schließlich dauernd Leute verloren und tauchen wieder auf.«
    »Ja, natürlich«, antwortete Pam. »Du hast völlig Recht.
    Das Wichtigste ist, dass wir nicht in Panik geraten.«
    »Wir fahren jetzt schnurstracks zur Polizei«, sagte Ben.
    »Ich rufe euch später an. In Ordnung?« Er legte seine Hände auf Pams Schultern und küsste sie auf beide Wangen. Sie drückte ihn einen Moment an sich. Jos Vater saß immer noch am Tisch. Ich betrachtete seine pergamentartige Haut, die Leberflecken auf seinen zerbrechlichen Händen.
    »Auf Wiedersehen«, sagte ich. Ich wusste nicht, was ich sonst noch hinzufügen sollte. Es gab nichts hinzuzufügen.

    »Ben, das ist Detective Inspector Jack Cross. Das ist Ben Brody. Er ist ein Freund von Josephine Hooper, von der ich Ihnen erzählt habe, als ich letzt …«
    »Ich weiß. Ich habe Sie in ihrer Wohnung besucht, erinnern Sie sich? Sie haben mir gesagt, dass Sie ihre Sachen anhatten und dass Jo mit erstem Vornamen Lauren heißt.«
    »Ich bin froh, dass Sie Terry freigelassen haben«, erklärte ich. »Nun, da Sie wissen, dass er es nicht wahr, muss Ihnen klar geworden sein, dass der wahre Schuldige noch frei herumläuft und dass Jo vielleicht …«
    »Dazu kann ich im Moment noch keinen Kommentar abgeben«, antwortete Cross vorsichtig.
    »Sollen wir Detective Inspector Cross erst einmal sagen, was wir mit Sicherheit wissen, Abbie?«
    Cross sah ihn leicht überrascht an. Vielleicht hatte er gedacht, dass jeder, der mit mir zu tun hatte, verrückt sein musste: Kontaminierung durch schlechten Umgang.
    Das meiste hatte ich ihm natürlich schon erzählt, aber aus meinem Mund hatte es bloß wie eine weitere Bestätigung meiner Paranoia geklungen. Es hörte sich wesentlich plausibler an, wenn jemand anders es aussprach.
    Wir gingen sämtliche Punkte mehrmals durch. Das Ganze lief sehr formal ab, wie das Ausfüllen eines komplizierten Steuerformulars. Ich schrieb die Zeiten und Daten auf, die ich für die fehlende Woche zusammengetragen hatte, sowohl für mich als auch für Jo.
    Dann überreichte ich Cross Jos Foto. Ben gab ihm die Telefonnummern ihrer Eltern und ihres Ex-Freunds und nannte ihm die Namen der Verlage, für die sie regelmäßig arbeitete.
    »Was halten Sie davon?«, fragte ich Cross.
    »Ich werde darüber nachdenken«, antwortete er. »Aber ich bin nicht …«
    »Die Sache ist …« Ich hielt inne und warf einen Blick zu Ben hinüber, bevor ich weitersprach. »Nun ja, falls ich Recht habe und Jo von dem gleichen Mann geschnappt wurde wie ich, dann habe ich die schlimme Befürchtung, dass sie mit ziemlicher Sicherheit oder zumindest mit großer Wahrscheinlichkeit, Sie wissen schon …« Ich konnte das Wort nicht aussprechen – nicht, wenn Ben neben mir saß. Ich erinnerte mich nicht mal an die kurze Zeit, die ich Jo gekannt hatte. Er dagegen kannte sie schon sein halbes Leben.

    Auf Cross’ Gesicht spiegelten sich gemischte Gefühle wider. Als wir uns das erste Mal begegnet waren, hatte er mir meine Geschichte ohne Zögern geglaubt, mich definitiv als Opfer gesehen. Dann hatte man ihn dazu gebracht, mir überhaupt nicht mehr zu glauben, und ich war in seinen Augen zum Opfer meiner eigenen Wahnvorstellungen geworden – eine arme Irre, mit der man Mitleid haben musste. Nun war er von Zweifeln erfüllt.
    »Lassen Sie uns Schritt für Schritt vorgehen«, sagte er diplomatisch. »Als Erstes werden wir uns mit Ms.
    Hoopers Eltern in Verbindung setzen. Wo sind Sie derzeit zu erreichen?«
    »Bei mir«, antwortete Ben. Cross sah ihn ein paar Sekunden lang an, dann nickte er.
    »Gut.« Er stand auf. »Ich melde mich bei Ihnen.«

    »Allmählich glaubt er mir, meinst du nicht auch?«
    Ben griff nach meiner Hand und begann mit meinem Ring

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