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In seiner Hand

Titel: In seiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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wenn ich mir Notizen mache?« Er zog ein schäbiges kleines Notizbuch aus der Tasche und schrieb ein paar Worte. Dann legte er es aufs Bett und beugte sich vor. »Später wird man Sie abholen und in die Maschine stecken, um einen raschen Blick auf Ihr Gehirn zu werfen, aber das ist eine andere Art von Untersuchung. Darf ich?«
    Während er das sagte, beugte er sich noch weiter vor und begann, ganz sanft mein Gesicht zu berühren, dann meinen ganzen Kopf. Ich liebe es, am Kopf angefasst zu werden. Das ist mein geheimer Fetisch. Das Schönste am Haareschneiden ist für mich der Moment, wenn mir ein anderer Mensch die Haare wäscht, seine Finger auf meine Kopfhaut legt. Terry machte das auch ab und zu.
    Manchmal, wenn wir zusammen in der Badewanne saßen, wusch er mir das Haar. Das ist das Schöne an einer Beziehung, diese kleinen Freuden. Charles Mulligan murmelte leise vor sich hin, während seine Fingerspitzen über meinen Kopf wanderten. Als er eine Stelle über meinem rechten Ohr berührte, stieß ich einen kleinen Schrei aus. »Tut das weh?«
    »Ja. Habe ich da was?« Er untersuchte die Stelle genauer.

    »Es ist ein bisschen geschwollen und blau – ansonsten kann ich nichts Auffälliges entdecken.« Er lehnte sich zurück. »So, das war’s auch schon.« Er griff nach einer der Akten. Es dauerte eine Weile, bis er die richtige gefunden hatte. »Jetzt werde ich Ihnen ein paar Fragen stellen, die Ihnen vielleicht ein wenig albern vorkommen werden. Ich bitte das zu entschuldigen. Außerdem wird das Ganze ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen. Fühlen Sie sich wirklich schon fit genug? Ich kann auch später oder morgen wiederkommen, wenn Sie eine Pause brauchen. Ich weiß, dass Sie eine harte Zeit hinter sich haben.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich möchte alles in meiner Macht Stehende tun, und zwar so schnell wie möglich.«
    »Großartig.« Er öffnete eine große gedruckte Broschüre.
    »Sind Sie bereit?«
    »Ja.«
    »Wie heißen Sie?«
    »Gehört das schon zum Test?«
    »Das ist eine Art philosophische Frage. Sie müssen ein bisschen Geduld mit mir haben.«
    »Abigail Elizabeth Devereaux.«
    »Wann sind Sie geboren?«
    »Am 21. August 1976.«
    »Wie lautet der Name unseres Premierministers?«
    »Ist das Ihr Ernst? So schlimm steht es noch nicht um mich.«
    »Ich teste verschiedene Gedächtnisarten. Es wird schon noch schwieriger.«
    Also sagte ich ihm den Namen des Premierministers. Ich sagte ihm auch, welchen Wochentag wir hatten und dass wir uns gerade im St. Anthony’s Hospital aufhielten. Ich zählte von zwanzig rückwärts, in Dreiersprüngen wieder vorwärts, in Siebenersprüngen von hundert abwärts. Ich war ziemlich stolz auf mich. Dann wurde es schwieriger.
    Er zeigte mir ein Blatt mit verschiedenen geometrischen Figuren, plauderte einen Moment lang über irgendetwas Albernes mit mir und zeigte mir dann ein weiteres Blatt mit geometrischen Figuren. Anschließend musste ich mir ins Gedächtnis rufen, welche Figuren auf beiden Blättern abgebildet waren. Danach las er mir leicht verlegen eine Geschichte von einem Jungen vor, der ein Schwein zum Markt brachte. Ich musste sie nacherzählen. Er zeigte mir Sterne und Dreiecke, die mit Farben kombiniert waren, dann Wortpaare. Schließlich legte er mir vier graphische Darstellungen vor, von denen jede jeweils komplizierter war als die vorherige. Die vierte sah wie ein von Vandalen verunstalteter Elektrizitätsmast aus. Mir wurde schon vom Hinschauen schwindelig, ganz zu schweigen von der Aussicht, diese Abbildung aus dem Gedächtnis nachzeichnen zu müssen.
    »Da kriegt man ja Kopfschmerzen«, meinte ich, während ich mich damit abmühte.
    »Fühlen Sie sich nicht wohl?«, fragte er besorgt.
    »Ich wollte damit nur sagen, dass mir schon bei dem Anblick ganz schummrig wird.«
    »Ich weiß, was Sie meinen«, pflichtete er mir bei. »Ich bleibe bereits beim Rückwärtszählen hängen. Keine Angst, es sind bloß noch ein paar.«
    Er begann mir Zahlensequenzen vorzulesen. Dreier- oder Vierergruppen waren ein Kinderspiel. Er hörte bei acht Zahlen auf, was ich gerade noch bewältigen konnte. Als er mich dann auch noch aufforderte, die Sequenzen rückwärts aufzusagen, wurde es wirklich anstrengend.

    Zum Schluss holte er ein Blatt mit farbigen Quadraten heraus. Er deutete nacheinander auf mehrere Quadrate, und ich musste mir die Reihenfolge einprägen. Wieder rauf bis acht und dann rückwärts.
    »Puh!«, sagte ich, als er das Blatt weglegte.
    »Ja«, antwortete

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