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In seiner Hand

Titel: In seiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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braune Hose, eine marineblaue Jacke, die aussah, als wäre sie aus Sackleinen genäht, sowie ein kariertes Hemd mit offenem Kragen. Sein lockiges graues Haar kringelte sich in alle Richtungen. Er trug ein paar Akten unter dem Arm. An seinen Mundbewegungen konnte ich erkennen, dass er etwas zu sagen versuchte, doch der Lärm der Putzmaschine übertönte alles, woraufhin er verlegen an der Wand stehen blieb und wartete, bis die Maschine den Raum wieder verließ. Er blickte ihr skeptisch hinterher.
    »Eines Tages wird jemand eine dieser Maschinen überprüfen und feststellen, dass sie überhaupt nichts bringen«, meinte er.
    »Wer sind Sie?«, fragte ich ihn.
    »Mulligan«, antwortete er. »Charles Mulligan. Ich bin gekommen, um mich ein wenig mit Ihnen zu unterhalten.«
    Ich kämpfte mich aus dem Bett. »Können Sie sich ausweisen?«
    »Was?«

    Ich ging an ihm vorbei auf den Gang hinaus und rief nach einer vorübereilenden Krankenschwester. Sie wirkte nicht begeistert, sah aber an meiner Miene, dass es wichtig war. Ich erklärte ihr, dass ein Fremder zu mir ins Zimmer gekommen sei. Nach einer kurzen Diskussion verließ er mit ihr den Raum, um einen Anruf zu tätigen. Ich legte mich wieder ins Bett. Wenige Minuten später ging erneut die Tür auf, und der Mann wurde von einer älteren Krankenschwester hereingeführt.
    »Dieser Mann hat die Erlaubnis, Sie zu sehen«, erklärte sie.
    »Er wird nur ganz kurz bleiben.«
    Mit einem misstrauischen Blick auf Charles Mulligan verließ sie den Raum. Er nahm eine Brille mit Hornrand aus seiner Jackentasche und setzte sie auf.
    »Das war wahrscheinlich sehr vernünftig von Ihnen«, sagte er. »Sehr pedantisch, aber wahrscheinlich auch sehr vernünftig. Jedenfalls wollte ich vorhin gerade sagen, dass Dick Burns mich gebeten hat, mich ein wenig mit Ihnen zu unterhalten.«
    »Sind Sie Arzt?«
    Er legte seine Akten auf den Tisch und zog sich einen Stuhl ans Bett.
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich setze?«
    »Nein, tun Sie sich keinen Zwang an.«
    »Ja, ich bin Arzt. Zumindest habe ich die entsprechende Ausbildung, auch wenn ich nicht viel Zeit im Krankenhaus verbringe.«
    »Sind Sie Psychiater? Oder Psychologe?«
    Er stieß ein nervöses, abgehacktes Lachen aus.
    »Nein, nein, eigentlich bin ich Neurologe, mehr oder weniger zumindest. Ich untersuche das Gehirn, als wäre es ein Gegenstand. Ich arbeite mit Computern und schneide Mäusegehirne in Scheiben, solche Sachen. Natürlich spreche ich auch mit Menschen. Wenn nötig.«
    »Sie müssen entschuldigen, vielleicht bin ich ein bisschen schwer von Begriff«, sagte ich. »Aber warum sind Sie hier?«
    »Wie gesagt. Dick hat mich angerufen. Ein faszinierender Fall.« Plötzlich nahm sein Gesicht einen besorgten Ausdruck an. »Mir ist natürlich klar, dass es für Sie eine furchtbare Erfahrung war. Es tut mir schrecklich Leid. Aber Dick hat mich gebeten, einen Blick auf Sie zu werfen. Falls Sie nichts dagegen haben.«
    »Wozu?«
    Er rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht und wirkte plötzlich fast übertrieben mitfühlend.
    »Dick hat mir ein wenig von dem erzählt, was Sie durchgemacht haben. Eine schreckliche Sache. Ich bin sicher, man wird Ihnen jemanden schicken, der mit Ihnen darüber spricht. Über das Trauma. Das alles.«
    Er wirkte leicht verwirrt, als hätte er den Faden verloren.
    Verlegen fuhr er sich mit den Fingern durch seine störrischen Locken, was aber nicht viel dazu beitrug, sie zu glätten.
    »Hören Sie, Abigail. Ist es Ihnen Recht, wenn ich Sie so nenne?« Ich nickte. »Und Sie können mich Charlie nennen. Ich würde gern mit Ihnen über Ihren Gedächtnisverlust reden. Fühlen Sie sich dem schon gewachsen?« Wieder nickte ich.
    »Gut.« Er lächelte leicht. Nun, da er bei seinem eigentlichen Thema angelangt war, wirkte seine Sprechweise, seine ganze Art viel selbstsicherer. Das gefiel mir. »So, jetzt werde ich mich einen Moment lang wie ein richtiger Arzt benehmen und einen Blick auf Ihren Kopf werfen. Ist Ihnen das Recht?« Ich nickte ein weiteres Mal. »Ich habe mir Ihren Krankenbericht angesehen.
    Demnach hatten Sie eine Menge Blutergüsse am gesamten Körper, aber von Kopfschmerzen oder einer Kopfverletzung, irgendetwas in der Art, war nicht ausdrücklich die Rede.«
    »Das ist aber das Erste, woran ich mich erinnern kann.
    Nach der Phase, an die ich mich nicht erinnern kann, wenn Sie wissen, was ich meine. Ich bin aufgewacht und hatte schreckliche Kopfschmerzen.«
    »Aha. Haben Sie etwas dagegen,

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