In seiner Hand
einen Schrei ausstoßen, einen wilden Schrei in der Nacht und vernahm seinen Widerhall.
Dann wachte ich mit einem Ruck auf. Das Kissen, auf dem ich lag, war völlig verschwitzt. Über meine Wangen und meinen Hals rannen Schweißtropfen, die sich anfühlten wie Tränen. Ich schlug die Augen auf, es war noch immer dunkel. Ziemlich dunkel. Auf meinem Herzen lastete eine Schwere, als hätte jemand ein großes Gewicht auf mich fallen lassen. Ich war in der Dunkelheit gefangen, hörte mich selbst atmen, doch das Geräusch klang heiser, fast wie ein Röcheln. Irgendetwas stimmte nicht. Ich bekam nicht genügend Luft. Sie steckte in meiner Brust fest, mein Hals krampfte sich immer wieder zusammen und ließ sie einfach nicht durch. Ich musste mir erst ins Gedächtnis rufen, wie es ging. Wie man atmete.
Ich musste zählen, ja, genau, das war es. Einatmen und wieder aus. Ganz langsam. Eins-zwei, eins-zwei. Ich musste Luft in meine Lungen pumpen, sie dort einen Augenblick festhalten und wieder hinauslassen.
Wer war da? Da war jemand. Eine Bodendiele knarrte.
Ich wollte mich aufsetzen, doch mein Körper bewegte sich nicht, ich wollte schreien, doch meine Stimme war tief in mir eingefroren. Wieder knarrte eine Diele. Ich hörte jemanden atmen, ganz in der Nähe, gleich draußen vor der Tür. Den Kopf fest in mein Kissen gepresst lag ich da und spürte, wie sich mein Mund zu einem Schrei verzog, aber noch immer kam kein Laut, und erneut hörte ich dieses Atmen, dann Schritte, ein leises, unterdrücktes Husten.
»Nein«, sagte ich endlich. »Nein.« Diesmal lauter.
»Nein, nein, nein, nein.« Die Worte füllten meinen Kopf.
Sie hallten durch den Raum, krachten gegen meinen Schädel, zerrten an meinem Hals. »Nein, nein, nein, nein!«
Die Tür ging auf, und in dem grellen Licht sah ich eine schwarze Gestalt.
»Nein!«, schrie ich wieder, noch lauter als vorher. Dann spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, Finger auf meinem Haar. Ich warf mich im Bett herum.
»Abbie! Abbie, wach auf! Es ist alles in Ordnung. Du hast geträumt. Es war nur ein Traum.«
»Hilfe, Hilfe!«, wimmerte ich.
»Du hattest einen Alptraum.«
Ich nahm Sheilas Hand und presste sie an meine Stirn.
»Du bist ja vollkommen nassgeschwitzt! Deine Stirn fühlt sich an, als hättest du Fieber!«
»Sheila. O Sheila! Ich dachte …«
»Du hattest einen Alptraum.«
Ich setzte mich auf. »Es war schrecklich«, sagte ich.
»Du Arme. Warte, ich bringe dir ein Handtuch, das du über dein Kissen legen kannst. Gleich geht es dir wieder besser.«
»Ja. Entschuldige. Ich habe dich aufgeweckt.«
»Nein, hast du nicht. Ich war sowieso gerade auf dem Weg zum Klo. Warte einen Moment.«
Sie verließ den Raum und kam ein paar Augenblicke später mit einem großen Handtuch zurück.
»Na, geht’s wieder?«, fragte sie.
»Ja.«
»Ruf mich, wenn du mich brauchst.«
»Danke. Ach, und Sheila – lass die Tür offen, ja? Und das Licht im Gang an?«
»Es ist sehr grell.«
»Das macht nichts.«
»Dann gute Nacht.«
»Gute Nacht.«
Sie ging, und ich ließ mich wieder auf mein Kissen sinken. Mein Herz schlug noch immer wie eine Pauke.
Mein Hals schmerzte vom Schreien, und mich fröstelte.
Außerdem war mir übel, ich fühlte mich schwach und zittrig. Durch die Tür flutete das Licht herein. Ich starrte in die Helligkeit und wartete darauf, dass es Morgen werden würde.
»Wo könnte ich ihn versteckt haben?«
»Keine Ahnung«, sagte Terry. Er war noch im Bademantel – seinem letzten Geburtstagsgeschenk von mir –, trank starken schwarzen Kaffee und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Im gesamten Raum hing ein bläulicher Mief, der nach kalter Asche und dem Knoblauch vom Abend zuvor roch. Von der Frau war jedoch nichts zu sehen.
»In der Kommode ist er nicht. Auch nicht in der Schüssel, in der sonst der ganze Kleinkram landet. Und im Bad kann ich ihn auch nicht finden.«
»Warum sollte er im Bad sein?«
»Ist er ja nicht. Habe ich doch gerade gesagt.«
»Oh.« Er zündete sich die nächste Zigarette an.
»Jedenfalls muss ich mich jetzt anziehen und aufbrechen.
Ich bin sowieso schon spät dran. Brauchst du noch lange?«
»So lange, bis ich den Schlüssel habe. Mach dir deswegen keine Gedanken, ich finde allein nach draußen.«
»Das ist mir eigentlich nicht so recht.«
»Bitte?«
»Du wohnst nicht mehr hier, Abbie. Du hast mich verlassen, hast du das vergessen? Du kannst nicht mehr einfach so kommen und gehen.«
Ich hielt im Suchen inne und
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