In seiner Hand
Kapuzen-Fleece sowie zwei Paar Socken. Danach brühte ich mir eine Tasse Kaffee, machte die Milch dafür warm. Ich kochte ein Ei, toastete eine Scheibe von dem alten Brot und bestrich sie großzügig mit Butter. Von nun an wollte ich es mir so richtig gut gehen lassen. Ich zwang mich, mein Frühstück nicht wie sonst im Stehen, sondern in Ruhe am Tisch einzunehmen, tunkte den Toast ins Eigelb und kaute ihn langsam, nahm dazwischen immer wieder einen Schluck von meinem Milchkaffee. Anschließend ging ich ins Bad und stellte mich vor den Spiegel. Der Anblick meines nackten weißen Gesichts versetzte mir immer noch einen leichten Schreck. Ich machte mein Haar nass und kämmte es, damit es nicht mehr ganz so stark abstand, und putzte mir gründlich die Zähne, den Blick auf den Spiegel gerichtet. Kein Make-up, kein Schmuck. So, nun konnte es losgehen.
Es war erst kurz nach sieben, die meisten Leute lagen vermutlich noch im Bett. Auf jeden Fall war es zu früh, um einen Schwangerschaftstest zu besorgen. Das würde ich später erledigen. Ich ließ mich mit meinen Blättern auf der Couch nieder, ging die Listen durch, die ich die Nacht zuvor zusammengestellt hatte, und machte mir weitere Notizen. Ich durchstöberte Jos Schubladen, suchte nach etwas, womit ich meine Zettel vorübergehend an der Wand befestigen konnte. Zuerst fand ich nichts Geeignetes, doch dann entdeckte ich in einer Schublade voller Schraubenzieher, Schnüre, Sicherungen und Batterien eine Rolle Klebeband. Damit pappte ich sämtliche Blätter und Zettel an die Wand, wobei ich dazwischen Lücken ließ, die ich später zu füllen hoffte.
Das gesamte Unterfangen hatte etwas seltsam Befriedigendes, als hätte ich gerade meinen Schreibtisch aufgeräumt und meine Stifte gespitzt, bevor ich mit der eigentlichen Arbeit begann.
Ich notierte die Namen und Adressen der Männer, die ich heute besuchen wollte. Es waren Namen, die ich gut kannte. Ich ging davon aus, dass es sich dabei um die Männer handelte, die ich bereits aufgesucht hatte, nachdem ich Jay & Joiner verlassen hatte. Während meiner letzten Wochen in der Firma hatte ich täglich mit ihnen oder ihren Angestellten telefoniert. Ich wusste, dass wir ihnen übel mitgespielt hatten. Einige hatte ich auch persönlich kennen gelernt, doch diese hektische Phase war in meiner Erinnerung verblasst, als wäre ich damals zu schnell unterwegs gewesen, um richtig hinzusehen, oder als hätte sich meine Amnesie rückwärtig ausgeweitet.
Vielleicht, dachte ich, verhält es sich mit meinem Gedächtnisverlust wie mit einem Tintenfleck auf Löschpapier. In der Mitte ist der Fleck dunkel und nach außen wird er immer heller, bis schließlich überhaupt nichts mehr von der Tinte zu sehen ist.
Nachdem ich sämtliche Adressen auf der Straßenkarte ausfindig gemacht hatte, plante ich meine Route und legte fest, wen ich zuerst aufsuchen wollte. Dann griff ich nach dem Telefonhörer und begann die erste Nummer zu wählen – legte jedoch sofort wieder auf. Es war besser, wenn ich unangemeldet kam. Mein einziger Vorteil bestand darin, unberechenbar zu bleiben. Ich setzte meine Wollmütze auf und zog sie mir bis über die Augenbrauen.
Den unteren Teil meines Gesichts umwickelte ich mit meinem gestreiften Schal. Dann schaltete ich alle Lichter aus und sorgte dafür, dass die Vorhänge in meinem Schlafzimmer wieder genau so drapiert waren wie vor meinem Eintreffen.
Nach dem langen gestrigen Tag und der unbefriedigend kurzen Nacht fühlte ich mich an diesem Morgen nervös und ängstlich. Es gab keinen Hinterausgang, ich musste zwangsläufig die Haustür benutzen. Bevor ich auf die Straße trat, setzte ich meine dunkle Brille auf. Nun war von meinem Gesicht so gut wie nichts mehr zu sehen. Ich holte tief Luft und marschierte in den böigen Wind hinaus.
Unter den vereisten Scheibenwischern meines Wagens klemmte noch immer der Strafzettel, doch das war mir gleichgültig. Heute würde ich öffentliche Verkehrsmittel benutzen.
Ken Loftings Laden war noch nicht offen, doch als ich mein Gesicht an die Glastür drückte, konnte ich sehen, dass im hinteren Teil bereits Licht brannte. Eine Klingel schien es nicht zu geben, deswegen hämmerte ich mit der Faust gegen die Tür und wartete. Schließlich sah ich Kens massige Gestalt auftauchen. Die Lichter im Geschäft gingen an – und wenn ich sage, sie gingen an, dann meine ich damit, dass ein blendendes Lichtermeer erstrahlte, als wäre wieder Weihnachten –, und Ken kam schwerfällig
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