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In sündiger Silvesternacht

In sündiger Silvesternacht

Titel: In sündiger Silvesternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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bugsiert und von seinem alten Leben verabschiedet hatte. Sie hatte seine Scham und seine Furcht gesehen.
    Aber was sie bis zu diesem Moment nicht gesehen hatte, waren die tiefen, selbstzerstörerischen Schuldgefühle, die all dem zugrunde lagen.
    Nathan gab sich die Schuld am Tod seiner Schwester.
    Es war so einfach, und doch hatte sie es bisher nicht erkannt.
    Er gab sich selbst die Schuld. Und offenbar empfand er die Symptome seines posttraumatischen Stresses unbewusst als gerechte Strafe für sein Verbrechen.
    „Du willst nicht, dass es dir besser geht“, vermutete sie. „Du denkst, du verdienst es nicht anders. Ist es nicht so?“
    „Verschon mich mit deiner Laien-Psychologie. Wir hatten eine Urlaubsaffäre. Es ist vorbei. Ende der Geschichte.“
    „Nein, Nate. Wir haben eine Beziehung . Ich liebe dich, und du liebst mich. Und der Gedanke, dass so viel Glück in Reichweite liegt, macht dich fertig. Deswegen wolltest du erst die Firma und dann mich loswerden. Ich dachte, du kannst das Licht am Ende des Tunnels nicht sehen. Aber ich habe mich geirrt, nicht wahr? Du kannst es sehen – du glaubst nur, es nicht verdient zu haben. Du willst es nicht zulassen. Du willst weiter für Olivias Tod bezahlen.“
    „Das ist Unsinn. Ich verkaufe meinen Geschäftsanteil, weil es das Richtige ist. Und ich beende die Sache mit dir, weil sie keine Zukunft hat.“
    „Dann beantworte mir bitte folgende Frage, Nate: Wie bist du heute hierhergekommen? Bist du selbst gefahren?“
    Es war ein Schuss ins Blaue, doch sein Gesichtsausdruck bestätigte ihre Vermutung. Sie lächelte traurig. „Es geht dir jeden Tag besser. Aber es macht dich nicht glücklich, nicht wahr?“
    Nathans starrer Blick fixierte einen Punkt oberhalb ihrer Schultern. „Ich habe mit dem Reisebüro in der Main Street gesprochen. Morgen Abend gibt es einen Flug nach London und noch freie Plätze.“
    „Bist du zu schnell gefahren?“
    Überrascht von ihrer unverhofften Frage schaute er sie wieder an. „Wie bitte?“
    „Bist du zu schnell gefahren in der Unfallnacht?“
    „Nein.“
    „Warst du betrunken? Oder auf Drogen?“
    Er starrte sie einfach nur an. Sie kannte die Antwort natürlich bereits. Nathan war zu verantwortungsbewusst, um sich so leichtsinnig zu verhalten.
    „Hast du versucht gegenzusteuern?
    Er knirschte mit den Zähnen.
    „Hast du versucht, gegenzusteuern?“, wiederholte sie.
    „Ja.“
    „Sag mir, was du sonst noch hättest tun können. Sag mir, was du hättest tun sollen, um sie zu retten.“
    Seine Kinnmuskeln arbeiteten. In seinen Augen lagen so viel Schuldgefühle und Zorn, so viel Leid …
    „Es war ein Unfall, Nate. Ein schrecklicher, sinnloser, verhängnisvoller Unfall. Aber nicht deine Schuld. Niemand war schuld. Ich verstehe, wie hart es für dich sein muss, jemanden verloren zu haben, den du so sehr geliebt hast, aber dass du dich vom Leben abwendest, bringt dir Olivia nicht zurück.“
    Er senkte den Kopf. Einen Augenblick lang glaubte Elizabeth, zu ihm durchgedrungen zu sein, doch als er den Kopf wieder hob, war der kalte, distanzierte Gesichtsausdruck zurück.
    „Ich hoffe, dein Arm erholt sich schnell.“ Er drehte sich um und ging.
    „Nate. Wag es nicht, so wegzugehen!“
    Er ging einfach weiter.
    Sie warf die Decke zurück und schwang ihre Beine aus dem Bett. Der Schlauch von ihrem Tropf verfing sich am Bettgestell, und sie verlor kostbare Sekunden beim Entwirren. Als sie sich schließlich befreit hatte und aufstehen konnte, wurde ihr durch die plötzliche Bewegung schwindelig.
    Sie konnte nicht glauben, was gerade passierte. Wie durch ein Wunder hatten Nathan und sie zueinandergefunden, obwohl ihre Wege sich normalerweise nie gekreuzt hätten. Sie hatte sich in ihn verliebt, mit Haut und Haaren. Und nun warf er diese Liebe weg, ohne dafür zu kämpfen!
    War er wirklich so kaputt? Und wenn ja, wie hatte sie je hoffen können, ihn überzeugen zu können, dass er es verdient hatte, glücklich zu sein?
    „Hätte Olivia gewollt, dass du so lebst, Nate? Hätte sie das?“, rief sie ihm nach.
    Sie hatte keine Ahnung, ob er sie noch gehört hatte. Sicher war nur, dass sie sich fühlte, als ob sie die wichtigste Schlacht ihres Lebens verloren hatte.
    Nathan redete sich ein, dass er das Richtige getan hatte. Während der ganzen Rückfahrt sagte er sich immer wieder, dass er nicht über Elizabeths Worte nachdenken sollte. Dass sie verwirrt und enttäuscht war und dass sie ihn und ihre gemeinsame Zeit bald vergessen

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