In sündiger Silvesternacht
beschlossen, nach Hause zu gehen. Dort würde sie ihre bequeme Jogginghose anziehen und sich in eine Decke kuscheln. Um Mitternacht würde sie sich da wenigstens nicht wie eine Idiotin vorkommen, weil sich alle um sie herum leidenschaftlich küssten, während sie allein im Trubel stand und Däumchen drehte.
Leider konnte sie Alyssa nirgends sehen.
Das war allerdings nicht sonderlich schlimm, denn dafür entdeckte sie einen Mann, der einfach zum Anbeißen aussah. Er war groß und schlank und trug enge Jeans, die typische Texaskluft. Das perfekt sitzende Teil vermittelte einer Frau einen erstklassigen Eindruck von dem, was sich darin verbarg. Zur Jeans trug er ein weißes Button-down-Hemd, das trotz der Hitze im Club immer noch makellos gebügelt aussah.
Auch aus der Entfernung konnte Claire erkennen, dass er blaue Augen hatte. Jetzt blickte er sich im Raum um wie ein König, der sein Reich begutachtet. Er hatte tatsächlich etwas Herrschaftliches an sich. Seine Haltung und der Dreitagebart ließen ihn verwegen aussehen. Wäre er ein Foto, hätte sie geschworen, es sei digital bearbeitet worden. Der Mann war das fleischgewordene Äquivalent zu einer Großpackung Sahneeis: köstlich, himmlisch und süchtig machend.
Ruhig, ganz ruhig, ermahnte sie sich.
Andererseits, wieso?
Der Mann war heiß und sah obendrein auch noch in ihre Richtung. Sie war Single und im Moment zu allem bereit.
Claire ging einen Schritt auf ihn zu, doch ein bulliger Kerl, dessen schwarzes T-Shirt den Aufdruck „Decadent“ trug, trat zum König des Clubs und sprach kurz mit ihm, woraufhin der Traummann dem Bulligen ernst dreinblickend folgte. Leider nicht in ihre Richtung.
Security, dachte Claire. Entweder arbeitet der Traummann auch für den Sicherheitsdienst, oder er wird gerade aus dem Club geworfen.
In jedem Fall war er damit für sie tabu. Als Angehöriger des Sicherheitsteams musste er an diesem Abend arbeiten, und wenn er rausgeworfen wurde, dann …
Claire sehnte sich zwar nach einer wilden Nacht mit einem heißen Typ, aber wer aus einem Club geworfen wurde, stand bei ihr nicht mehr ganz oben auf der Wunschliste.
Wirklich schade, dachte sie. Mister Texas, der Traumtyp, sah zum Vernaschen aus, und verdammt – sie wollte einen Mann! Sie wollte in den Arm genommen, geküsst und gestreichelt werden und all den sexuellen Frust abbauen, der sich in ihr seit der Trennung von Joe aufgestaut hatte. Es war schon Monate her, und im Augenblick sehnte sie sich mehr denn je nach einem Ersatz.
Du hättest einen haben können .
Ja, danke.
Entnervt stieß sie die Luft aus, schnappte sich vom Tablett einer vorbeieilenden Kellnerin einen Jello-Shot und schlang den gelierten Cocktail hinunter. Sie hätte ihren Ex Joe wiederhaben können. Er hatte sie nach einem Jahr Beziehung fallen lassen, und als sie sich dummerweise trotzdem wieder auf einen Drink mit ihm verabredet hatte, nur um zu sehen, ob es für sie beide vielleicht doch noch eine Zukunft gab, hatte er offenbar beschlossen, Sex als Versöhnungsmittel einzusetzen.
Fast wäre sie wieder mit ihm im Bett gelandet, aber nur fast.
Im letzten Moment hatte sich zum Glück ihr Selbstwertgefühl gemeldet, und sie war aus Joes Apartment marschiert. Dabei hatte sie sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Tür hinter sich zuzuknallen. Der Anblick von Joe mit heruntergelassener Hose an den Beinen und fassungsloser Miene im Gesicht hatte ihr als Triumph gereicht.
Moralisch hatte sie diese Auseinandersetzung gewonnen, aber leider war sie nach dem Treffen noch genauso frustriert und sexuell unerfüllt gewesen wie zuvor. Letztlich, so dachte sie, habe ich mich selbst genauso bestraft wie ihn.
„Du hast das Richtige getan.“
Alyssa stand plötzlich neben ihr und reichte ihr eine von zwei Champagnerflöten. Claire nahm das Glas dankbar entgegen und kippte den Champagner dem Jello-Shot hinterher. „Ist es so offensichtlich, was mir durch den Kopf geht?“
Alyssa lächelte. „Nur, weil ich dich so gut kenne.“
Claire seufzte. „Das ist doch nicht fair. Wir beide beschließen, dass wir uns zu Weihnachten einen Mann angeln, und du bekommst sofort deinen Traumpartner, während ich wieder bei Joe lande, nur um schließlich vor ihm zu flüchten, während er mit nacktem Hintern dasteht.“
„Was Weihnachten nicht geklappt hat, das klappt vielleicht heute Abend.“ Alyssas Lächeln war vielsagend.
„Du hast leicht reden. Du bist in festen Händen.“
„Ist es das, wonach du dich
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