In sündiger Silvesternacht
als ich die Organisation auf der Party das erste Mal erwähnt habe.“
Ty sprach nicht gern darüber, doch es war Teil seiner Identität, und er wollte ihr diese Seite von sich nicht verheimlichen. „Ich bin auch Legastheniker. Lesen und Zahlen erkennen, das war schon immer die Hölle für mich.“
Sie wandte sich ihm zu und sah ihn mitfühlend an. Allerdings konnte er kein Mitleid in ihrem Blick erkennen, und dafür war er ihr dankbar.
„Hat man das schon erkannt, als du noch ein Kind warst? Soweit ich weiß, kann man, wenn man es schon in jungen Jahren diagnostiziert, dem Kind helfen, sich über das Vergleichen und Unterscheiden der Buchstabenfolgen soweit selbst zu helfen, dass das Lesen keine so riesige Hürde mehr ist.“
„Tja, bei mir wurde es leider nicht erkannt. Und als ein Beratungslehrer mich zum ersten Mal nicht als Klassenclown, sondern als Schüler mit einem Handicap gesehen hat, hatten mich bereits alle, meine Eltern eingeschlossen, als Versager abgestempelt. Für sie war ich jemand, der lieber früher als später lernen sollte, wie man in einem Imbiss die Friteuse bedient, denn zu mehr taugte ich in ihren Augen nicht.“
So oft er sich auch sagte, dass es ihm nichts ausmachte, so deutlich hörte er noch immer seine Eltern, wie sie ihm davon abrieten, sich an einem College anzumelden, weil er ohnehin abgelehnt werden würde. Letztlich hatte es seine Eltern noch mehr erstaunt als ihn selbst, als er angenommen wurde, doch dann war er dort gescheitert, weil der Kampf mit Buchstaben und Zahlen zu anstrengend war, um in den Kursen mitzuhalten.
Claire drückte seine Hand. „Es tut mir leid, dass deine Eltern so …“
„So sind sie nun mal.“ Er atmete durch. „Ich habe es akzeptiert, und es geht mir gut. Ich höre mir viele Audiobücher an und vertraue beim Computer auf die Autokorrektur und die Rechtschreibhilfe. Außerdem habe ich gleich an meinem ersten Tag in Los Angeles einen Buchhalter eingestellt. Ich komme wirklich gut zurecht.“
„Ja, ich weiß.“ Sie beugte sich zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich finde dich überwältigend, und ich glaube, du bist einfach der perfekte Kandidat für diese Auktion. Können wir deine persönlichen Erfahrungen einsetzen? Das mit deinen Eltern brauchen wir ja nicht zu erwähnen, aber dein Handicap?“
Eigentlich wollte er nicht, dass alle Welt von seiner Schwäche wusste. Sein Bild in der Öffentlichkeit war nur Fassade und nicht der wirkliche Mensch. Andererseits jedoch …
„Glaubst du, es spielt eine Rolle?“
„Meinst du das ernst?“ Erstaunt sah sie ihn an. „Sieh dir doch an, was du alles erreicht hast. Du bist ein Vorbild. Dir gehören die angesagtesten Clubs in L. A., und du wirst jeden Abend mit einem anderen Starlet an deiner Seite gesehen. Die Kids bewundern dich. Du bist einfach perfekt.“ Wieder gab sie ihm einen flüchtigen Kuss. „Und das meine ich in vieler Hinsicht.“
Ty zog sie an sich, weil er ihre Nähe spüren wollte.
„Und was ist mit dir?“, fragte Claire und schmiegte sich seufzend an ihn. „Gibt’s bei dir was Neues und Aufregendes an der PR-Front?“
„Es klingt wirklich sehr gut.“ Er nickte. „Joe hat ein paar ausgezeichnete Ideen. Viel ungewöhnlicher als die des Teams, das ich beauftragt habe. Er hat mich ehrlich beeindruckt. Ich werde mich mit ihm treffen, und wenn mir bisher nichts Gravierendes entgangen ist, werde ich mit ihm zusammenarbeiten. Ich will, dass das ‚Heaven‘ mit einer spektakulären Eröffnung startet, und dafür brauche ich den Besten.“
„Ausgezeichnet.“ Sie wollte sich freuen, dass für ihn alles nach Plan lief, jedoch …
Ohne darüber nachzudenken richtete sie sich auf und versuchte nicht länger, ihre Frustration zu verbergen.
Beruhigend strich er ihr über den Rücken. „Claire? Was ist?“
„Bonita hat Joe in einem Abstellraum mit einer anderen Frau erwischt.“
Ty wirkte geschockt. „Ist sie ganz sicher? War es kein Missverständnis?“
„Nein.“ Claire dachte an das Foto, das sie auf Bonitas Handy gesehen hatte. „Ich würde sagen, sie hat das alles ganz richtig aufgefasst.“
„Dann vergessen wir das Ganze. Ich werde weiter mit meiner bisherigen Agentur arbeiten.“
„Wirklich?“ Es überraschte sie, wie schnell und endgültig er seine Entscheidungen traf. „Ich dachte, für dich ist jeder frei, solange er keinen Ring an seinem Finger trägt.“
„Generell sehe ich das auch so. Kein Mann sollte eine Frau, mit der er keine feste
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