In sueßer Ruh
befanden, sahen sie es, genau wie Lee gesagt hatte – ein Loch im Maschendrahtzaun, der den Botanischen Garten vom Friedhof trennte. Der seichte Bach, der den Bronx River speiste, war leicht zu durchqueren; man konnte sich einen Weg über die flachen Steine am Ufer bahnen, durch das Loch im Zaun kriechen und stand nach wenigen Minuten auf dem Woodlawn-Friedhof. Butts konnte einige vereinzelte Grabsteine erkennen, zwischen denen größere Mausoleen lagen, deren kunstvolle Steingravuren im Abendlicht allmählich verblassten.
Und dann flippte Toby aus. Zumindest kam es Butts so vor. Der Hund stürmte voran, jaulte und zerrte an der Leine, und Officer Kalmaka musste mit beiden Händen zupacken, um ihn zurückzuhalten. Der Anblick des kräftigen Tiers, das nur durch einen dünnen Streifen Leder in Schach gehalten wurde, trieb Butts den Schweiß auf die Stirn.
»Hier haben wir etwas«, sagte der Hundeführer, als Toby hechelnd und winselnd fieberhaft auf der Erde herumschnüffelte. Zu Butts Entsetzen beugte Kalamaka sich hinunter, um die Leine zu lösen und das Vieh frei auf dem Gelände herumstreunen zu lassen. Kurz hatte er das Bild vor Augen, wie der Hund ihm an die Gurgel sprang. Zu seiner Erleichterung zeigte Toby jedoch nicht das geringste Interesse an ihm. Stattdessen raste er heftig schnüffelnd im Zickzack über das Gelände. Mit einem Mal setzte er sich hin und sah zum Hundeführer auf.
»Okay, sie war definitiv hier«, sagte Kalamaka. »Brav, Toby, guter Junge! Besser geht’s nicht.« Er streichelte den Kopf des Hundes und kraulte die absurd großen Ohren. Damit ich dich besser hören kann …
»Wie meinen Sie das?«, fragte Sergeant Quinlan. Butts traute sich nicht zu sprechen – wahrscheinlich wäre seine Stimme eine Oktave höher als gewöhnlich.
»Wir haben eine eindeutige Identifizierung«, sagte Kalamaka und sah Quinlan dabei an, als wäre dieser ein Trottel. »Toby hat uns mitgeteilt, dass das Opfer eindeutig an dieser Stelle gewesen ist.«
»Und das wissen Sie, weil …?«
»… er sich hingesetzt hat. Das ist sein Signal«, erklärte Kalmaka, als wüsste das jedes Schulkind.
»Ist es möglich, dass er sich irrt?«, fragte Butts.
»Detective, der Geruchssinn eines Hundes ist tausendmal besser als unserer. Toby hat über zweihundert Millionen Geruchsrezeptoren in der Nase, wir dagegen –«
»Schon gut«, entgegnete Butts. »Er ist eine Superriechmaschine – kapiert.«
»Er ist viel mehr als das«, sagte Kalamaka und sah beleidigt aus.
»Da bin ich mir sicher«, meinte Quinlan mit einem Blick auf Toby, der geduldig dasaß und darauf wartete, dass dieser Quatsch ein Ende hatte.
»Gut«, sagte Butts. »Führt die Fährte noch weiter, oder ist sie nur hier?«
Kalamaka beugte sich zu Toby hinunter und flüsterte: »Los, such!«
Der Hund sprang auf und bewegte sich in Richtung Friedhof, Kalamaka blieb dicht hinter ihm. Butts und Quinlan folgten ihnen und begannen zu laufen, als der Hund losraste. Er führte sie durch das mit äußerster Sorgfalt gepflegte Gelände, vorbei an Gräberreihen, großen alten Mausoleen und Statuen, bis sie schließlich an Melvilles Grab anlangten, das nach wie vor mit gelbem Polizeiband abgesperrt war. Als er den Grabstein erreichte, schnüffelte Toby noch ein wenig herum und setzte sich mit erwartungsvollem Blick auf den Hundeführer erneut hin.
»Hier«, sagte Kalamaka. »Hier endet sie.«
»Gute Arbeit!«, bemerkte Quinlan und wischte sich den Schweiß von der Oberlippe. »Muss schon sagen, bin beeindruckt.«
»Als Nächstes müssen wir ein Team der Spurensicherung herschicken, damit sie nach Spurenmaterial suchen«, sagte Butts, der Toby nicht aus den Augen ließ.
»Wir könnten uns ja in der Zwischenzeit ein bisschen umschauen und zusehen, ob wir was finden«, meinte Quinlan. »Oder?«
Butts wurde angst und bange. Der Sergeant hatte natürlich recht, das hieße allerdings, noch länger mit diesem Monster zusammen zu sein, das so friedlich ein paar Meter weit weg saß. Toby mochte ja gut in seinem Job sein, aber er war noch immer ein Hund. Irgendwie wusste Butts, dass seine Panik unsinnig war, doch er konnte nichts dagegen machen. Allein vom Anblick des Tiers wurde ihm ganz anders.
»Na schön«, sagte er. »Sehen wir uns ein bisschen um. Meinen Sie, Sie sollten ihn für alle Fälle nicht wieder anleinen?«, fragte er Kalamaka.
»Er wird brav sein«, gab der Hundeführer zurück. »Es sei denn, er macht Sie nervös?«
»Nein, nein – überhaupt
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