In sueßer Ruh
erst bemerkt, dass sie anwesend war. Das gefiel ihr überhaupt nicht, und sie beschloss, ihn auf die Liste ihrer Feinde zu setzen.
»Es heißt Ruggles, Ma’am«, erklärte er, noch immer lächelnd und mit roten Ohren. Er tat alles, außer sich vor ihr zu verbeugen, und dennoch war da diese subtile Herabsetzung, die sie so gut kannte, das kleine Feixen in seiner Stimme, das sagte: Du bist doch nur ein Kind – ich bin hier der wirklich Erwachsene.
»Ja, meinetwegen«, erwiderte sie und winkte ab. »Können Sie mir sagen, wann mein Mann – Commander Morton – zurück sein wird?« Sie betonte den »Commander«, um den Sergeant an seinen Rang zu erinnern.
»Nun, er ist Downtown bei einer Sitzung. Ich rechne deshalb damit, dass es eine ganze Weile dauern wird. Möchten Sie auf ihn warten?«
»Ich warte in seinem Büro, wenn Sie nichts dagegen haben«, sagte sie in einem Ton, der deutlich machte, dass es keine Rolle spielte, ob er etwas dagegen hatte oder nicht.
»Gewiss, Ma’am, fühlen Sie sich wie zu Hause«, meinte er freundlich lächelnd. Aber seine Augen verrieten, was er wirklich empfand – die Außenränder waren zusammengezogen, ein sicheres Zeichen von Geringschätzung.
»Wenn er noch eine Zeit lang weg ist, gehe ich einen Happen essen«, sagte Krieger, ohne Susan anzusehen. »Soll ich Ihnen etwas mitbringen, Sergeant?«
Ruggles errötete. »Für einen Kaffee wäre ich wirklich sehr dankbar«, sagte er und kramte in seinen Taschen nach Geld.
»Kein Problem – das geht auf meine Rechnung«, erklärte sie und legte ihm eine Hand auf den Arm. Die Farbe wich aus seinem Gesicht, und er hatte praktisch genau hier auf der Stelle einen Orgasmus. Wirklich widerwärtig, dachte Susan.
»Bin gleich wieder da«, sagte Krieger. Ohne Susan eines Blickes zu würdigen, drehte sie sich um und ging durch den Vorraum zur Eingangstür. Sollte sich Ruggles seiner Kränkung bewusst sein, so zeigte er es jedenfalls nicht. Er sah ihr hinterher, während sie auf den Ausgang zusteuerte.
Susan beobachtete Kriegers Abgang mit dem ihr eigenen männlichen Schritt. Kein Zweifel, die Frau war eine Lesbe. Ohne ein weiteres Wort an dieses verknallte Weichei zu richten, das sich für einen Polizisten ausgab, zog sich Susan in Chucks Büro zurück, um zu warten – worauf, wusste sie nicht so genau, obwohl sie hoffte, dass es Lee Campbell sein würde. Es machte solchen Spaß, ihn mit Flirten zu quälen. Sie wusste, dass er Chuck nie etwas sagen würde, und genoss sein Unbehagen. Die Vorstellung, dass sich ein heterosexueller Mann nicht zu ihr hingezogen fühlte, befand sich außerhalb von Susan Mortons Gefühlsspektrum, und deshalb nahm sie insgeheim an, dass er ihre kleinen Spielchen genauso stimulierend fand wie sie.
Sie machte die Tür hinter sich zu, nahm hinter dem Schreibtisch Platz und zog ihre Nagelfeile hervor. Susan fand es schwierig stillzusitzen. Sie war zu zappelig, um zu lesen, und draußen vor dem Fenster gab es außer einer verdreckten alten Klimaanlage und ein paar faden alten Gebäuden nichts zu sehen. So feilte sie die Nägel ihrer linken Hand, der feine weiße Staub trieb um sie herum durch die Luft.
Elena Krieger war zugegebenermaßen eine schwierige Gegnerin, auch wenn Susan keinen Zweifel hatte, sie auf dem Kriegsschauplatz schlagen zu können, den sie kannte wie keinen anderen – Sex. Susan Morton war es gewöhnt, ihren Willen durchzusetzen, vor allem bei Männern. Der einzige Mann, der sich ihrem Griff entwunden hatte, war Lee Campbell, und der Gedanke wurmte sie noch immer. Es ging nicht darum, dass sie ihn tatsächlich liebte oder ihn wirklich wollte – es ging darum, dass er sie scheinbar nicht wollte.
Und wenn ein Mann sie nicht wollte, konnte sie ihn nicht kontrollieren. Doch Kontrolle war ihre Lieblingsdroge – sie fand sie toll, denn sie war befriedigend und beruhigend. Es gab nichts Besseres, als zu wissen, dass ein Mann nach deiner Pfeife tanzte, nicht weil man Sex mit ihm hatte, sondern weil er hoffte, Sex mit einem zu haben. Das war am allergeilsten. Man musste eigentlich nichts weiter tun, als einfach vorhanden sein – und hübsch natürlich –, dann taten Männer alles für einen.
Susan zog ihren runden Taschenspiegel mit den geschliffenen Kanten und in einer Fassung aus geschnitztem Zedernholz heraus. Chuck hatte ihn ihr geschenkt, als sie sich den Grand Canyon angesehen hatten. Von dem Hotel, in dem sie abgestiegen waren, war sie nicht sonderlich begeistert gewesen. Sie bevorzugte
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