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In tiefster Dunkelheit

In tiefster Dunkelheit

Titel: In tiefster Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Webb
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hoch und traf die Deckenlampe seines schicken Geländewagens.
    Ein Mercedes. Meine Güte, der Mann fuhr einen
Mercedes
. Vor zehn Jahren war es noch ein Chevy gewesen, fast so alt wie jetzt ihr Audi –, den sie gebraucht gekauft hatte und das auch erst, nachdem sie den Verkäufer überredet hatte, auf seine Kommission zu verzichten.
    Seit wann verdienten Polizeichefs so viel Geld? Er wohnte in Mountain Brook. Die genaue Adresse musste sie gar nicht wissen, die Gegend sprach für sich. Großes Haus, dicke Kohle. Oder vielleicht hatten Katherine und Daniel Senior ihm den Mercedes gekauft. Wer wollte schon, dass ein alter, klappriger Chevy
diese
Einfahrt hinaufrollte?
    »Du wirst wieder verschwinden«, sagte er anklagend, bevor sie sich eine Verteidigung ausdenken konnte, »so wie das letzte Mal. Und vergessen, dass es uns gibt.«
    Die ungerechtfertigte Wut in seinem Ton ging ihr gegen den Strich, sodass sie um ein Haar verdrängt hätte, dass es gar nichts mehr gab, wohin sie verschwinden konnte. Ihre Karriere beim FBI war gelaufen. Die sogenannte Beziehung mit dem Mann, dem sie beinahe vertraut hatte, war vorbei. Der Ring an ihrem Finger brannte auf ihrer Haut, als dieser Gedanke ihre ohnehin schon wackelnde Abwehr durchbrach.
    Es war vorbei. Alles war vorbei.
    »Schön«, knurrte er. »Du hast ganz recht. Schön.«
    Bei seinem barschen Ton fuhr sie zusammen. Sie hatte sich in ihren eigenen Sorgen verloren, und nun dachte er, sie habe nichts zu seiner Bemerkung zu sagen. In Wahrheit bezweifelte sie, dass er tatsächlich hören wollte, was sie zu sagen hatte.
    Tief atmen, Jess.
    »Wir reden. Ich schwöre es. Dieser Fall lenkt mich ab, und das ist gut so.« Sie fasste sich ein Herz und tätschelte seine Hand. Nicht gerade subtil, aber das schien ihn nicht zu stören. »Aber zuerst müssen wir diese Mädchen finden.«
    Er nickte, ohne sie anzusehen. »Du hast recht. Ich entschuldige mich dafür, dass ich die Vergangenheit aufgerührt habe. Es war ein anstrengender Abend.«
    Weil du deine Exfrau mit ihrem neuen/alten Ehemann gesehen hast?
Jess biss sich auf die Zunge. Dass er ihrem Blick auswich, als er es sagte, verriet ihr, dass auch er einiges für sich behielt.
    »Das stimmt«, sagte sie. Ihr Gespräch mit Lorraine Parsons fiel ihr wieder ein. »Morgen müssen wir früh raus.« Ruhig, beherrscht. Gut.
Jetzt sag gute Nacht und mach, dass du aus diesem Wagen kommst.
    »Wells und Harper haben nach dem Gottesdienst noch Termine für die Befragungen der Familien gemacht. Das ist also erledigt«, lenkte er das Thema wieder aufs Berufliche.
    »Gut. Wir können das Team um sieben zusammenrufen. Dann sehen wir weiter.« Ihre Finger schlossen sich um den Türgriff. »Gute Nacht.«
    »Nacht.«
    Sie trat in die feuchte Nachtluft hinaus und schloss rasch die Wagentür, bevor er ihr noch etwas an den Kopf werfen konnte. Als sie die Stufen zum Haus hochging, hörte sie erleichtert, wie er den Motor anließ. Gott sei Dank, dass dieser Tag vorbei war. Mit der Hand in der Tasche versuchte sie sich zu erinnern, wo sie den Hausschlüssel hingetan hatte, den er ihr gegeben hatte.
    Ihr Handy schepperte laut wie ein altes Telefon, ein Geräusch, das sie hasste, das ihr jedoch half, ihren Klingelton von den vielen anderen Handysounds und -melodien zu unterscheiden.
    »Mist.« Wo war das dämliche Handy?
    Das Kleid bis über die Schenkel hochgezogen, hockte sie am Boden – eine Position, die Katherine Burnett zweifellos entsetzt hätte – und wühlte in dem Krimskrams in den Tiefen ihrer Tasche. Zwei weitere Male hatte es schon geschrillt, und sie hatte das Mistding immer noch nicht gefunden. Der Mercedes hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Warum fuhr er nicht weg? Sie hatte ›gute Nacht‹ gesagt. Was wollte er denn noch?
    Das Bild von zerknüllten Laken und heißer, feuchter Haut flackerte in ihrem müden Kopf auf. »Idiotin«, murmelte sie.
    »Jess!«
    Dan war aus dem Wagen ausgestiegen und rief über die Motorhaube hinweg.
    »Alles in Ordnung«, versicherte sie, ohne zu ihm hinzusehen. »Ich versuche bloß gerade mein Handy zu finden.«
Und den Schlüssel, den du mir gegeben hast!
    »Steig wieder ein, Jess.«
    Gedanken, Geräusche, selbst die Fähigkeit zu atmen traten in den Hintergrund. Von dort, wo sie war, neben der Haustür, konnte sie seine Augen nicht sehen, aber das war auch nicht nötig. Sie kannte alle Nuancen seiner Stimme.
Es muss etwas Schlimmes passiert sein.
    »Reanne Parsons’ Vater ist tot. Seine Frau hat ihn

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