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In tiefster Dunkelheit

In tiefster Dunkelheit

Titel: In tiefster Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Webb
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dem Mann so leid getan haben mochte. Dass er seine Tochter nicht hatte schützen können? Dass er der Grund für ihre Flucht von zu Hause war – falls sich das als zutreffend erwies? Oder gar, dass er direkt für ihr Verschwinden verantwortlich war? Und warum gerade jetzt? Noch war schließlich nichts endgültig erwiesen, was dagegen sprach, dass man seine Tochter lebendig wiederfand. Es gab noch Hoffnung. Vielleicht war das Warten in Ungewissheit zu viel für ihn geworden.
    Erschöpft rieb sich Dan die brennenden Augen. Es gab Fragen, die unbedingt gestellt werden mussten, und er war sich nicht sicher, ob Patterson der richtige Mann dafür war. Er stand dieser Familie zu nahe.
    Aber wer im Glashaus saß … Andrea war zwar nicht Dans Tochter, aber während seiner einjährigen Ehe mit ihrer Mutter waren sie einander doch sehr ans Herz gewachsen. Patterson nun Befangenheit vorzuwerfen, wäre ausgesprochen heuchlerisch. Wenn Jess das herausfand, würde sie ihm bestimmt vorhalten, dass er die Ermittlungen des gesamten Falls gefährdete. Und er musste es ihr unbedingt bald sagen, sonst würde sie es von jemand anderem erfahren.
    Er blickte sich um. Wo war sie überhaupt? Er sah im Schrankzimmer nach und in dem kleinen anschließenden Bad. Keine Jess. Er traute ihr durchaus zu, dass sie einfach in die Küche platzte und Fragen stellte, von denen sie ebenso gut wie Dan wusste, dass Patterson sie nie direkt stellen würde. Doch da man Patterson nicht herumbrüllen hörte, hatte sie es wohl noch nicht so weit geschafft. Bei seinem Glück war sie gerade dabei, den Pastor zu grillen.
    »Wir sind hier fertig, Sir«, verkündete einer der Techniker.
    Dan nickte. »Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie alle Abdrücke reproduziert und abgeglichen haben.«
    Leider hatten sie sonst kaum etwas, womit sie arbeiten konnten. Wenn es überhaupt etwas gab, das die These vom Selbstmord infrage stellte, dann war es an der Leiche zu finden. Selbst das war zweifelhaft, außer es waren Drogen im Spiel. Da es nirgendwo im Haus oder an der Leiche Hinweise auf einen Kampf oder ein Verbrechen gegeben hatte und Mrs Parsons darauf bestand, dass die Tür abgeschlossen und das Licht aus war, als sie nach Hause kam, war diese Tragödie vielleicht tatsächlich nicht mehr als das. Eine
Tragödie
.
    Dan folgte den Technikern in den engen Flur, der die Rückseite des bescheidenen Farmhauses in zwei Hälften unterteilte. Reannes Zimmertür stand etwas offen, Licht fiel durch den schmalen Spalt zwischen der schlichten Holzpaneeltür und dem Rahmen. Er blieb stehen, um hineinzuschauen. Seit das Mädchen verschwunden war, war das Zimmer dreimal durchsucht worden. Vielleicht wollte Jess sich selbst ein Bild machen. Nein,
ganz sicher
wollte sie das.
    Langsam schob er die Tür auf und hielt verblüfft inne. Jess lag ausgestreckt auf Reannes Bett. Er trat ein und schloss rasch die Tür, um zu verhindern, dass jemand sie sah. »Was machst du hier?«
    »Ich sehe mich um.« Sie schwenkte einen Arm. »Dies ist das unpersönlichste Zimmer, das ich je gesehen habe. Wie kann ein neunzehn Jahre altes Mädchen hier leben?«
    »Das mag sein«, er ging zum Bett und streckte die Hand aus, um sie hochzuziehen, »aber es ist ihr Zimmer, und wir haben es mehrfach minutiös durchkämmt. Hier gibt es nichts außer Kleidern und zwei Puppen.«
    Den Teppich hatten sie herausgenommen, um seine Unterseite abzusuchen. Die Rohrleitungen, die von der Heizung und der Klimaanlage in ihr Zimmer führten, hatten sie geöffnet. Das Bett hatten sie ganz auseinandergenommen, genauso den Kleiderschrank und die Kommode. Selbst die beiden Puppen, von denen ihre Mutter behauptete, dass Reanne sie besaß, seit sie ein Baby war, waren gründlich untersucht worden. In diesem kleinen Zimmer gab es keine geheimen Verstecke. Nichts. Nur kahle weiße Wände, rosa Bettwäsche, eine rosa Tagesdecke und eine Second-Hand-Garderobe. Und ein hölzernes Kreuz über dem Kopfende des Bettes.
    »Aber irgendetwas stimmt hier nicht.« Aus der Rückenlage zeigte Jess auf die Decke direkt über ihr. »Siehst du? Ich hätte selber nachgesehen, aber ich kam nicht dran.«
    Die Decke war mit dreißig mal dreißig Zentimeter großen einfachen Dämmplatten abgehängt, wie sie in Häusern diesen Typs aus den Sechzigern und Siebzigern oft zu finden waren. Seit ihrer Anbringung waren sie nicht gestrichen worden und hatten sich mit der Zeit leicht gelblich gefärbt. Abgesehen davon, dass sie ein bisschen schmuddelig waren und ein

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