In tiefster Dunkelheit
geht es so ähnlich wie den Vampiren. Wir brauchen eine Einladung, um eintreten zu können.« Hinter ihr räusperte sich Dan. Falls Patterson sich beschwerte, konnten sie wenigstens anführen, dass Kelli Moran sie hereingebeten hatte.
Kelli verdrehte die Augen. »Kommen Sie rein.« Sie winkte mit dem Arm. »Setzen Sie sich.«
»Danke.« Jess entschied sich für das andere Ende des Sofas. Dan ließ sich auf dem Rand des Armsessels nieder. Er sah aus wie ein Topanwalt aus einer dieser sexy Fernsehserien. Beinahe hätte sie ihm heute Morgen gesagt, wie gut ihm dieser Anzug stand. Wieder ein eleganter Anzug, wie maßgeschneidert für ihn, in einem kühlen Grau, das sein dunkles Haar und seine blauen Augen zur Geltung brachte. Was ein blöder und unsinniger Gedanke war. Und der Beweis, dass sie ihre Professionalität noch nicht wiedergewonnen hatte.
Oder ihr emotionales Gleichgewicht.
»Ihre Freundin, Reanne Parsons …«, begann Jess, leicht überrascht, dass Dan ihr den Vortritt ließ. Vielleicht wollte er sich so aus Pattersons Schusslinie nehmen. »… wird immer noch vermisst.«
»Ja«, sagte sie, zu sehr mit dem abblätternden Lack auf ihren Fingernägeln beschäftigt, um aufzusehen, »ich hab’s in den Nachrichten gesehen.«
»Wir haben ihr Handy gefunden.«
Kellis Finger erstarrten, doch sie hob nicht den Blick.
»An dem Tag, an dem sie verschwand«, fuhr Jess fort, »hatte sie mit ihrem Freund gesimst, Tim.«
Kelli sah schnell zu Dan hinüber und nahm dann ihre behelfsmäßige Maniküre wieder auf. »Reanne hatte keinen Freund.«
»Vielleicht waren sie und Tim nur Bekannte.«
Kelli zuckte die Achseln. »Keine Ahnung.«
Jess und Dan wechselten einen Blick, der ihr sagte, dass er ihre Einschätzung teilte. Kelli Moran hatte Angst zu reden. Obwohl sie die Highschool abgebrochen hatte, war sie seitdem stets in fester Beschäftigung gewesen und hatte für ihren eigenen Lebensunterhalt gesorgt. Was den mangelnden Geschmack erklärte, den sie bei der Wahl ihrer Unterkunft bewies. Sie hatte keine Angst vor der Polizei, daran ließ das Verhalten, das sie ihnen gegenüber zeigte, keinen Zweifel. Aber vor irgendetwas hatte sie Angst.
»Kelli, ich weiß, dass Reanne sich Ihnen anvertraut hat. Und wir brauchen Ihre Hilfe. Sie ist vielleicht in Gefahr.«
Wieder ein verstohlener Blick zu Dan. »Ich sage Ihnen, was ich weiß.« Sie hob den Blick zu Jess. »Nur Ihnen. Vor unserem Freund und Helfer hier sage ich nichts.«
Jess sah Dan an. Er stand auf. Doch bevor er sich zurückzog, fragte er: »Miss Moran, sind Sie allein hier?«
Sie antwortete mit einem Augenrollen. »Wenn ich nicht bei der Arbeit bin, bin ich allein hier. Männer wissen ein intelligentes, unabhängiges Mädchen wie mich nicht zu schätzen.«
»Haben Sie etwas dagegen, dass ich mich davon überzeuge, bevor ich nach draußen gehe?«
Jess presste die Lippen aufeinander, um nicht zu sagen, was ihr auf der Zunge lag. Sie kam sehr gut alleine klar. Das passierte, wenn ein weibliches Mitglied der Polizei auch nur die leiseste Schwäche verriet. Dann war sie auf einmal nicht mehr in der Lage, auf sich selbst aufzupassen. Sie hätte es ihm nicht erzählen sollen. Verdammt.
»Tun Sie sich keinen Zwang an«, sagte Kelli.
Mit rasendem Puls wartete Jess, während Dan den Beschützer gab.
Schließlich blieb er bei der Eingangstür stehen. »Ich warte draußen.«
»Danke, Chief.« Jess zwang sich zu einem Lächeln, doch ihr Blick sagte, wie gern sie ihm den Hals umgedreht hätte. Als er durch die Tür war, wandte sie sich wieder Reannes Freundin zu.
»Sie dürfen es nicht ihren Eltern sagen«, flehte Kelli, die auf einmal gar nicht mehr so unausstehlich tat. »Keine Ahnung, was die dann machen. Sie will nicht, dass die sie finden. Sie ist neunzehn, das ist ihr gutes Recht.«
Damit hatten sie die Bestätigung, dass die Dinge bei Reanne anders lagen als bei den anderen, doch zur Lösung des Falles trug es nichts bei. Das war nicht das, was Jess sich erhofft hatte. »Was können Sie mir über Tim sagen? Wie hat die Beziehung zwischen ihm und Reanne angefangen?«
»Zuerst«, Kelli beugte sich zu Jess vor, als könnte sie es nur flüstern, »müssen Sie wissen, dass Reanne unbedingt von ihren Eltern weg wollte. Ihre Mutter und ihr Vater sind superstreng.«
Offensichtlich hatte das Mädchen heute Morgen noch keine Nachrichten gesehen. »Hat sie Ihnen gesagt, dass sie von ihren Eltern weg wollte?«
Kelli nickte. »Sie liebt sie, aber die sind einfach
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