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In tiefster Dunkelheit

In tiefster Dunkelheit

Titel: In tiefster Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Webb
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bleiben.«
    Das Letzte sagte er voller Verbitterung. Sein Ego war verletzt worden, und es tat immer noch weh.
    »Du und Andrea, ihr standet euch nahe.«
    »Das tun wir immer noch.« Sosehr er sich auch bemühte, diesen Teil seines Lebens außen vor zu lassen, es gelang ihm nicht immer. Er liebte Andrea, und die Vorstellung, dass sie irgendwo da draußen war und litt, zerriss ihn innerlich. Aber er konnte seine Arbeit nicht tun, wenn er das zu nah an sich heranließ. Vielleicht war es das Bedürfnis nach Ablenkung, warum er so empfänglich für Jess und ihre gemeinsame Geschichte war.
    »Wie mag sie hiermit umgehen?«
    »Sie dürfte ziemlich stark sein. Vorsichtig. Clever.«
    »Clever genug, um ihre Situation richtig einzuschätzen und einen Fluchtversuch zu wagen?«
    »Ja.« Seine Stimme klang hohl. Er vermisste das Mädchen. Keine Woche verging, ohne dass sie anrief oder ihn im Büro besuchte, wenn sie vom College nach Hause kam.
    »Vorsichtig genug, kein zu großes Risiko einzugehen?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Das ist gut.« Jess nickte. »Die anderen werden sie brauchen.«
    »Die anderen sind ebenfalls fleißige Überflieger. Reanne hat vielleicht die Schule abgebrochen, aber ihr Arbeitgeber lobte ihre Verlässlichkeit und Arbeitsmoral in den höchsten Tönen.«
    »Das stimmt, aber die anderen sind nicht wie Andrea. In den anderen steckt noch viel von einem kleinen Mädchen. Die Zimmer. Die Aussagen der Freunde und Familien über sie. Die Art, wie sie leben, verrät eine Menge. Sie haben diesen letzten kleinen Schritt in das Erwachsensein noch nicht gemacht. Andrea ist sehr viel reifer. Sie ist eine Anführerin.«
    »Ich verstehe, was du meinst.« Er hatte dieselben Berichte gelesen wie Jess. Herrgott, er war dabei gewesen. Hatte gehört, was Familie und Freunde gesagt hatten. Hatte die Zimmer der Mädchen gesehen. Und dennoch hätte er niemals eine so präzise Analyse formulieren können. Zielsicher pickte sie sich aus der Flut der Informationen das heraus, was solche Charakterzüge offenbarte.
    Im Haus von Dr. Sullivan gingen die letzten Lichter aus. Irgendwann würde Jess sich geschlagen geben und die Observierung abbrechen müssen.
    »Jetzt bin ich an der Reihe.« Schon wieder betrat er persönliches Terrain.
    »Womit?« Sie lehnte sich vor, so nah, dass er den Jasminduft ihres Shampoos riechen konnte. »Sieht aus, als würde Frau Doktor ins Bett gehen.«
    »Geben wir ihr noch ein bisschen Zeit«, schlug er vor, »nur um sicherzugehen.« Warum zum Teufel tat er das? Weil sein Hirn nicht mehr richtig arbeitete, wenn sie ihm so nah war?
    Und er wollte auch noch mehr wissen … sehr viel mehr.
    Sie lehnte sich wieder zurück. »Vielleicht gibt es einen Grund, warum sie wartet.« Sie nahm wieder die Pepsi-Dose, schüttelte sie und steckte sie zurück in den Becherhalter.
    Um ein Schweigen zu vermeiden und weil die Neugier ihn fast umbrachte, begann er sein Profil von ihr zu entwerfen. »Ich habe lange Zeit verfolgt, was du so gemacht hast.«
    Vielleicht lag es an dem verdammten Mondlicht oder an ihrer Nähe, vielleicht auch an beidem: In jedem Fall war dieses Geständnis nicht geplant gewesen. Doch er war froh, dass es heraus war. Zu viel war zu lange verschwiegen worden. Wenn dieser Fall nicht reichte, um einem Mann vor Augen zu führen, dass das Leben viel zu kurz und zu unsicher war, dann war dieser Mann ein Idiot. Dan hatte schon viele dämliche Entscheidungen in seinem Leben getroffen, aber er war nicht blöd.
    Was seiner unprofessionellen Neugier Glaubwürdigkeit verlieh.
    »Meine Karriere, meinst du«, gab sie zurück.
    Er schüttelte den Kopf, den Blick auf das Haus gerichtet. »Alles andere auch.«
    Als ihr Atem ganz leicht stockte, geriet auch seiner aus dem Rhythmus.
    »Vom Abschluss der Akademie bis zu deiner letzten Beförderung. Mein Kontaktmann in eurer hiesigen Zweigstelle hat mich auf dem Laufenden gehalten.«
    »Du hast dich über mich informiert bis vor zwei Jahren?«
    »So ist es.«
    Sie drehte das Gesicht nach vorn. »Vor zwei Jahren habe ich geheiratet.«
    »Ja, ich weiß.« Damals hatte er aufgehört, sich nach ihr zu erkundigen, und einen Schlussstrich gezogen. Er widerstand dem Impuls, den Kopf zu schütteln.
Toll gemacht, Burnett
.
    »Das hat leider nicht geklappt.« Traurigkeit lag in ihrer Stimme. Keine gequälte Er-hat-mir-das-Herz-gebrochen-Traurigkeit, sondern eine bedauernde Ich-habe-es-akzeptiert-Traurigkeit.
    »Du trägst doch immer noch den Ring?« Er warf ihr einen Blick zu, aber

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