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In tiefster Dunkelheit

In tiefster Dunkelheit

Titel: In tiefster Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Webb
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bewusst nur kurz. Wollte sie ihm sagen, dass die Ehe vorbei war? Warum war er so erleichtert, verdammt?
    »Reine Gewohnheit.«
    Er lachte. »Der ist gut, Agent Harris.«
    »Zuerst habe ich gedacht, wir kriegen doch noch die Kurve.«
    Sie sagte eine Weile nichts.
    »Irgendwann habe ich dann begriffen, dass es doch nichts mehr wird. Das Komische ist, dass ich nie verstanden habe, warum. Er bat mich, ihn zu heiraten, und zwei Monate später unterschrieb er ausgerechnet den Arbeitsvertrag, für den er am weitesten wegfahren und am längsten fortbleiben musste. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er eine feste Stelle an der Westküste annahm. Eines Tages warteten dann die Scheidungspapiere im Briefkasten auf mich, als ich nach Hause kam. Ich denke, es hat einfach nicht sollen sein.«
    »Autsch.« Was für ein herzloser Mistkerl. Sie hatte mit wenig oder gänzlich ohne Gefühl gesprochen. Bedeutete das, dass sie über den Kerl hinweg war? Nein, das glaubte Dan nicht. Sie trug immer noch seinen Ring.
    »In der Innenstadt gibt es einen Laden, die zahlen gute Preise für Gold.« Er tippte sich auf den linken Ringfinger. »Ich war dort mehr als einmal.«
    »Der Ring ist eigentlich ganz praktisch.« Sie hielt die Hand hoch und betrachtete den schlichten Goldreif. »Solange man den Ring trägt, fragt einen niemand, was schiefgelaufen ist. Und man wird nicht angebaggert. Das macht das Leben einfacher.«
    Das nahm Dan ihr zwar nicht ab, doch er wollte sich nicht noch weiter auf persönliches Terrain wagen. Dass sie nicht länger gebunden war, verschob die mentalen Grenzen, die er sich unbewusst gesetzt hatte. Was bedeutete, dass er diesen Drang, alles wissen zu wollen, schnell in den Griff bekommen musste, bevor er einen Fehler machte.
    »Sie kommt nicht raus, Jess.«
    »Geben wir ihr noch eine Stunde, nur zur Sicherheit.«
    Er hatte es bis hierhin geschafft, dann würde eine weitere Stunde hier drinnen mit ihr zusammengepfercht ihn auch nicht umbringen.
    Freitag, 16. Juli, 1:48 Uhr
    Die Mädchen auf den fünf Fotos, die auf der glänzenden Oberfläche des Couchtischs ausgebreitet waren, sahen Jess an.
    »Was wollt ihr mir sagen?«, murmelte sie.
    Sie hatte sich noch einmal die Aussagen vorgenommen, die Fotos. Jedes Detail. Wenn diese jungen Frauen von ein und demselben Täter entführt worden waren, dann musste es eine Verbindung geben. Eine Gemeinsamkeit. Die Schulen, die sie besuchten, waren es nicht, genauso wenig die Gegenden, in denen sie aufgewachsen waren. Keine übereinstimmende Glaubensgemeinschaft, keine Clubs oder studentischen Vereinigungen. Kein gemeinsamer Arbeitgeber, keine ehrenamtliche Tätigkeit.
    Da sie alle ungefähr das gleiche Alter hatten, war es wahrscheinlich, dass sie in denselben Läden einkauften. Musik, Filme, Bücher … Freizeitaktivitäten … Dinge, die fast unmöglich zurückzuverfolgen waren.
    Jess machte sich eine Notiz, nachzuprüfen, wo sie gewöhnlich eingekauft und wo sie in ihrer Freizeit hingegangen waren. Dieser Punkt war zwar schon beackert worden, doch ein zweiter, genauerer Blick konnte nicht schaden.
    Vor einer halben Stunde war Dan endlich ins Bett gegangen. Sie hatte nicht vor, sich in diesen Flügel des Hauses zu wagen, bis sie sicher war, dass er schlief. Die drei Stunden im Mercedes mit ihm hatten sie emotional ausgelaugt.
    Sie rieb sich die Augen, als sie begann verschwommen zu sehen, und warf den Stift aus der Hand. Die Müdigkeit machte ihr zu schaffen. Sie brauchte Schlaf. Sie schob die Fotos zu einem Stapel zusammen und steckte sie zurück in den Ordner. Ihr Blick fiel auf den Ring an ihrer linken Hand. Sie hatte nicht vorgehabt, so ehrlich zu antworten. Zumal es keinen Grund dafür gab. Doch als sie einmal angefangen hatte zu reden, konnte sie nicht mehr aufhören. Das war nie gut.
    Er hatte sich also die ganze Zeit über sie auf dem Laufenden gehalten. Das überraschte sie. Es ergab keinen Sinn. Er war derjenige gewesen, der nicht mit ihr nach Quantico kommen wollte, weil er angeblich zu Hause Verpflichtungen hatte. Lügen.
    Über Jahre hatten sie eine gemeinsame Zukunft geplant. Und darin kam immer auch das FBI vor. Aber Dan hatte in jenem ersten Sommer nach dem College keinen Praktikumsplatz bekommen. Er hätte überall in Washington oder der Umgebung arbeiten und es weiter versuchen können, doch stattdessen hatte er ihre gemeinsamen Pläne aufgegeben und war abgehauen, sein gekränktes Ego im Schlepptau.
    Der Schmerz war immer noch lebendig. Erstaunlich. All die

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