In tödlicher Gefahr
dünnen Oberlippenbart. Er spricht mit britischem Akzent.“
John brauchte keine weiteren Informationen. Clarice hatte eindeutig den Mann in Abbies Restaurant beschrieben. Na und, dachte er und war sich bewusst, wie sein argwöhnischer Verstand arbeitete. Warum sollte ein respektierter ehemaliger Professor nicht ein Hobby haben, das er mit kleinen Jungen teilen wollte? Die FitzRandolph Academy schien damit kein Problem zu haben, warum dann er selbst?
Weil du Polizist bist. Leute verdächtigen ist dein Beruf.
„Warum wolltest du Professor Gilroys Beschreibung haben, Dad?“ Jordan beobachtete ihn genau. „Hat er was Schlimmes getan?“
„Nein.“ John legte ihm eine Hand in den Nacken. „Ich dachte, ich würde ihn kennen, das ist alles. Aber ich kenne ihn nicht.“
Jordan und Clarice brachten ihn an die Tür. Beide sahen ihn ängstlich an, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.
Jordan sprach als Erster. „Du sagst es mir, wenn du Ben findest, ja, Dad?“
„Worauf du wetten kannst.“ Er küsste seinen Sohn auf die Wange. „Geh jetzt und mach deine Hausaufgaben fertig. Ich möchte noch einen Moment mit deiner Mutter reden.“
John wartete, bis Jordan verschwunden war, ehe er sich an Clarice wandte. „Ich will nicht, dass der Junge noch einmal in die Nähe von Professor Gilroy kommt. Und zwar so lange nicht, bis ich den Mann gründlich überprüft habe.“
„Mein Gott, John.“ Sie warf einen raschen Blick auf die Küchentür, um sicherzugehen, dass Jordan nicht mithörte. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass er Ben entführt haben könnten. Er wirkte so … harmlos.“
„So wirken sie meistens“, erwiderte er grimmig.
„Soll ich die anderen Mütter alarmieren?“
John schüttelte den Kopf. „Dazu besteht kein Grund, ehe ich mehr über den Mann weiß. Allein die Nachricht von Bens Verschwinden wird die Eltern veranlassen, ein paar zusätzliche Vorkehrungen zu treffen. Tu das bitte auch, Clarice.“
38. KAPITEL
W ie immer um diese späte Stunde war Joses Tapas & Bar erfüllt von Rauch, schwitzenden Körpern und plärrenden Salsaklängen aus einer Jukebox. Tony saß allein am Ende der Bar, eingeklemmt zwischen einem bulligen Bauarbeiter und einer schwatzhaften Blondine. Er hatte gehofft, Arturo in dem Apartment im Auge behalten zu können, doch der hatte am Nachmittag die kleine Wohnung verlassen und ihm gesagt, er solle sich keine Sorgen machen. Er versprach, sich unauffällig zu verhalten. Außerdem seien die Leute, mit denen er sich treffe, vertrauenswürdig. Mit „Leute“ meinte Arturo natürlich Frauen. Und deren Vertrauenswürdigkeit war eher zweifelhaft.
Arturo hatte Abbie DiAngelo nicht mehr erwähnt, und dafür war Tony dankbar. Vielleicht hatte es genützt, dass er ihm mal den Kopf zurechtgerückt hatte.
Als die Sitcom im Fernsehen, die er nebenbei verfolgte, durch eine Sondermeldung unterbrochen wurde, blickte Tony zum Bildschirm auf und erstarrte mitten in der Bewegung, das Bier zum Mund zu führen.
In der oberen rechten Ecke des Bildschirms erschien das Foto eines Jungen. Darunter stand der Name: Ben DiAngelo. Tony stellte seine Flasche Dos Equis ab, als der Nachrichtensprecher zu reden begann.
„Der neunjährige Ben DiAngelo aus Princeton, New Jersey, wurde heute Nachmittag vor seiner Schule entführt. Er wurde zuletzt gesehen, als er in einen roten Acura Geländewagen stieg, der später von der Mutter des Jungen, Abbie DiAngelo, als gestohlen gemeldet wurde. Die Vermutung, es könnte sich um denselben Täter wie bei der Entführung und Tötung des kleinen Eric Sommers aus Princeton handeln, wollte die Polizei nicht bestätigen. Die Stadtpolizei hat für heute Abend sieben Uhr eine Pressekonferenz anberaumt. Bleiben Sie dran, um sich weiter zu informieren. Und jetzt zum Sport …“
Tony war, als hätte er plötzlich ein schweres Bleigewicht im Magen. Nicht einmal das Bier, das er dringend gebraucht hatte, konnte er noch schlucken. Er starrte auf den Nachrichtensprecher, während ihm Arturos Worte durch den Kopf gingen:
Wusstest du, dass sie einen Sohn hat?
Dieser Bastard hatte den Jungen entführt! Am helllichten Tag. War er verrückt geworden? Oder hatte er blanke Todessehnsucht?
Tony holte einige Dollarnoten aus der Tasche und legte sie auf den Tresen. Er musste hier raus und Arturo finden. Er würde ihn zwingen, den Jungen zurückzubringen, oder sie landeten beide hinter Gittern.
Nachdem sie Tiffany fortgeschickt und Abbie gezwungen hatte, sich in einen Sessel
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