In tödlicher Gefahr
Er hat zugegeben, Ian in Notwehr getötet zu haben, und er hat den Angriff auf dich gestanden, aber mehr hat er nicht getan.“
„Er lügt! Er kennt die Strafe für Kindesentführung, und er lügt.“
„Arturo hat es nicht getan, Abbie. Ich habe mit den Leuten im Internetcafé gesprochen. Sie haben niemanden gesehen, der auch nur im Entferntesten Arturo glich. Und Henrietta schwört, dass er seit zwei Uhr am Nachmittag bei ihr war.“
„Und du glaubst ihr?“ Abbie stieß ein trockenes Lachen aus und ging im Kreis wie ein gefangenes Tier. „Was ist los mit dir, John? Vor ein paar Stunden warst du noch genauso sicher wie ich, dass Garcia Ben entführt hat. Und jetzt nicht mehr?“ Ihr Blick war finster vor Enttäuschung und Ärger. „Würdest du auch so leicht aufgeben, wenn Jordan entführt worden wäre?“
„Ich gebe nicht auf. Ich halte es nur nicht für klug, Zeit und Energie an den falschen Verdächtigen zu verschwenden.“
„Und wer ist der richtige Verdächtige?“ fragte sie spöttisch. „Professor Gilroy?“
„Zum Beispiel.“
„Du irrst dich. Oliver kam vorhin am Restaurant vorbei. Wusstest du das? Er erkundigte sich bei Brady, wie ich mich halte und ob er etwas tun könne. Als Brady ihn bat, für Bens sichere Heimkehr zu beten, erwiderte er, das habe er schon getan und werde es wieder tun. Klingt das nach einem psychopathischen Killer? Wäre er so kühn, in mein Restaurant zu kommen und all dies zu sagen, wenn er Ben entführt hätte?“
Johns Erfahrung sagte ihm, dass ein cleverer Psychopath genau das tun würde. Abbie dies zu erklären wäre im Moment jedoch unklug. Sie war wütend auf ihn und konnte nicht mehr logisch denken. Sie hatte in Arturo den Täter sehen wollen und sich darauf verlassen, um Hoffnung schöpfen zu können. Deshalb war die Enttäuschung jetzt umso größer.
Er wandte sich an Claudia, die sich diskret im Hintergrund gehalten hatte. „Bringen Sie Abbie bitte nach Hause. Und sorgen Sie dafür, dass sie ein bisschen Schlaf bekommt.“
Abbie warf ihm einen vernichtenden Blick zu und ging hinaus.
41. KAPITEL
G egen acht am nächsten Morgen, nach nur drei Stunden Schlaf, rief John Abbie zu Hause an. Natürlich hatte er verstanden, warum sie gestern so wütend auf ihn gewesen war, wollte jedoch vermeiden, dass sich gerade in dieser schwierigen Zeit eine Kluft zwischen ihnen auftat.
Nach dem ersten Klingelzeichen antwortete Rose Panini.
„Rose, was machen Sie denn da?“
„Claudia brauchte etwas Schlaf“, flüsterte sie. „Ich bin gekommen, um sie abzulösen.“
„Ist Abbie da?“
„Sie schläft, John, gleich hier in der Küche im Sessel. Ich glaube nicht, dass ich sie wecken sollte. Es sei denn, Sie haben gute Neuigkeiten.“
„Ich wünschte, es wäre so. Sie haben völlig Recht, sie soll weiterschlafen. Ist Sergeant Tyler da?“ erkundigte er sich nach dem Polizeitechniker, der Abbies Telefonleitung anzapfen sollte.
„Ja, aber es hat noch niemand angerufen, außer Freunden und Nachbarn.“
John versprach, sich später noch einmal zu melden, und legte auf. Sofort klingelte das Telefon wieder. Sein Vater meldete sich mit überraschenden Neuigkeiten.
„Wie mir scheint, ist dein Professor ein kleiner Lügenbeutel, mein Sohn.“
John merkte auf. „In welcher Hinsicht?“
„Um damit anzufangen, er ist kein Witwer. Seine Frau hat sich vor Jahren von ihm scheiden lassen, ehe Gilroy in die Staaten kam. Sie lebt, ist wohlauf und wohnt in einem kleinen Cottage irgendwo in den Cotswolds. Außerdem hat er weder eine Tochter noch einen Enkel.“
„Du machst Witze!“
„Nein, die Gilroys waren kinderlos. Und dein Professor hat seit dem Tag, als er in die Staaten kam, auch nie wieder England besucht. Er verbringt seine Urlaube entweder in der Karibik, die er liebt, oder hier zu Hause, wo er seine Züge bastelt. Modelleisenbahnbau ist sein Hobby.“
„Ich weiß.“ John war ziemlich verblüfft. Warum hatte dieser Mann es nötig, eine falsche Familie zu erfinden, die er jedes Jahr besuchte? Und weshalb hatte der Professor auch Abbie diese Lüge aufgetischt? „Du hast nicht zufälligerweise danach gefragt, wo Gilroy wohnt?“ Er hörte ein leises, zufriedenes Lachen am anderen Ende der Leitung.
„Hast du je erlebt, dass ich halbe Sachen mache?“
John lächelte. „Nicht, dass ich mich erinnern könnte.“
„Professor Gilroy lebt in Princeton, Ridge View Road, Hausnummer 7.“
Gilroys Haus im Tudorstil stand auf einem Hügel und war von der Straße
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