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In tödlicher Gefahr

In tödlicher Gefahr

Titel: In tödlicher Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Heggan
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habe Kaffee für den Sergeant gemacht. Tyler ist nebenan. Möchtest du auch eine Tasse?“
    Sie blickte zur Tür. Den Polizeitechniker hatte sie ganz vergessen. Er war gestern Abend spät gekommen, um ihr Telefon anzuzapfen, und hatte erklärt, dass sie oder jemand anders im Haus sein müsse, falls sich der Entführer melde. Er hatte die Abhöreinrichtung im Wohnzimmer installiert, um ihr nicht im Weg zu sein, und sich erboten, die ersten zwölf Stunden Wache zu halten, bis jemand ihn ablöste. Falls der Kidnapper anrief, würde es ihre Aufgabe sein, ihn so lange wie möglich in der Leitung zu halten.
    „Hier.“ Rose gab ihr einen Becher in die Hand. „Ich hoffe, du magst deinen Kaffee stark, denn bei mir wird er leider immer so.“
    „Ich mag ihn stark.“ Abbie trank in kleinen Schlucken, sah auf die Uhr und dann auf das Telefon, als könnte sie es dazu bringen, zu läuten. Warum meldete sich niemand? Warum war der Entführer so grausam?
    Was wollte man von ihr?
    Sie bemerkte nicht, dass sich ihre Finger so fest um den inzwischen leeren Kaffeebecher legten, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    Vorsichtig nahm Rose ihr den Becher aus der Hand. „Warum gehst du nicht zum Duschen nach oben? Ich mache dir inzwischen Rührei.“
    „Ich habe keinen Hunger.“
    „Du musst essen.“
    Nicht ehe Ben wieder zu Hause war. Abbie fühlte sich schuldig, weil sie geschlafen hatte. Sie hatte es nicht gewollt, da sie die gedankliche Verbindung zu ihm nicht verlieren durfte. Nein, sie würde nichts essen. Der bloße Gedanke an Nahrung verursachte ihr schon Übelkeit. Eine Dusche hingegen und frische Sachen konnten nicht schaden.
    Lange stand sie mit geschlossenen Augen unter dem prasselnden Wasserstrahl. Die Wärme durchdrang ihre Haut, und der Dampf klärte ihre Gedanken.
    Nachdem sie sich abgetrocknet hatte, holte sie Jeans und Sweatshirt aus der Kommode im Schlafzimmer und zog sich an. Jede Bewegung lief automatisch ab, ohne dass sie nachdenken musste. Sie war sich schmerzlich bewusst, wie sehr sich dieser Morgen von allen anderen unterschied. Keine hastigen Schritte auf der Treppe, kein Eile, um das Frühstück auf den Tisch zu bringen, kein „Mom, wo ist mein rotes T-Shirt?“, keine Hetze, um den Schulbus zu erwischen.
    Wie schafften das andere Eltern? Wie konnten sie nach dem Verlust eines Kindes weiterleben, wo sie kaum den Morgen überstand?
    Entgegen besserem Wissen ging sie in Bens Zimmer hinüber. Der Schock war groß, als sie von der Schwelle aus das ordentlich gemachte Bett, den offenen Schrank und den Schreibtisch mit dem Gameboy und den Harry-Potter-Büchern sah.
    Der Baseballschläger und der Fanghandschuh am Fußende des Bettes erinnerten sie daran, dass Ben gestern zum ersten Mal sein Training versäumt hatte. Dass sie nicht in Tränen ausbrach, wunderte sie selbst. Vielleicht war sie stärker, als sie dachte. Oder sie hatte schlicht keine Tränen mehr übrig.
    Während der nächsten Stunde riefen mehrere Mütter an und erkundigten sich besorgt, ob es Neuigkeiten von ihrem Sohn gebe. Einige wollten zu ihr kommen, doch Abbie redete es ihnen höflich aus und versprach, sich zu melden, sobald Ben gefunden war.
    Sie hatte gerade ein Gespräch mit der Mutter von Jimmy Hernandez beendet, als sie das leise Klingeln ihres Handys in der Tasche hörte.
    „Was ist das?“ Stirnrunzelnd sah Rose sich um, da sie herausfinden wollte, woher das Geräusch kam.
    „Mein Handy. Das ist wahrscheinlich John.“ Sie nahm das Gerät heraus, drückte den Sprechknopf und war bereit, sich für ihre Schroffheit gestern zu entschuldigen. „Hallo?“
    „Wie geht’s dir, Luder?“
    Abbie schnappte nach Luft, ängstlich und erleichtert zugleich, und versuchte vergeblich, die männliche Stimme einzuordnen. Leider fand sie nicht die Worte, die sie so dringend loswerden wollte.
    „Hör mir genau zu“, fuhr die Stimme fort. „Falls jemand dein anderes Telefon abhört, schlage ich vor, dass du ihn nicht alarmierst. Informiere niemanden, oder dein Kind stirbt. Hast du mich verstanden?“
    „Ja“, erwiderte sie mit erstickter Stimme.
    Rose stellte die Glaskanne wieder auf den Tresen und beobachtete Abbie. Die warf ihr ein nervöses Lächeln zu und versuchte, sich gelassen zu geben, doch es gelang ihr nicht.
    „Ob dein Sohn lebt oder stirbt, hängt allein von dir ab. Von deiner Fähigkeit, meine Anweisungen zu befolgen. Hol dir Bleistift und Papier.“
    Abbie stolperte fast über ihren Laptop, während sie zur Schublade mit dem

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