In tödlicher Gefahr
Magen schien einen Salto zu drehen und ihre Hände begannen zu zittern. „Wie bitte?“
„Sie sagten, er kam am Montag zu Ihnen. Ermordet wurde er Donnerstagnacht. Warum war er immer noch hier?“
Allmählich wurden ihr die Hände auch noch feucht. Sie suchte eine logische Antwort, doch ihr fiel keine ein. „Ich weiß es nicht. Vermutlich hat er sich nach anderen Einnahmequellen umgesehen. Soweit ich weiß, war Ian ein gewiefter Betrüger, immer auf der Suche nach dem nächsten Deal. Vielleicht gefiel ihm auch die Stadt, was ich ihm nicht verdenken könnte.“ Zu spät erinnerte sie sich an ihre Lieblingskrimiserie – Columbo. Da redeten die Täter auch immer zu viel und gaben dem scheinbar tölpelhaften Detective Anhaltspunkte, ohne zu merken, dass er sie hereinlegte.
„Haben Sie Ihren Stiefbruder nur am Montag gesehen?“
Schnell überlegte sie, ob es schaden könnte, wenn sie seinen Folgebesuch an nächsten Tag zugab. „Nein. Er kam am Dienstag noch mal vorbei und hoffte, ich hätte meine Meinung geändert.“
„Aber das hatten Sie nicht.“
„Nein.“
Sein ruhiger Blick verwirrte sie ein wenig. Da sie nicht an solche Befragungen gewöhnt war, blickte Abbie durch das offene Fenster in den kleinen Kräutergarten, während John Ryan weitere Eintragungen vornahm. Ein blauer Eichelhäher hockte auf der Vogeltränke und beäugte wachsam die Umgebung. Sie versuchte, die idyllische Szene, die etwas Beruhigendes hatte, auf sich wirken zu lassen, doch sie spürte bereits ein dumpfes Pochen in den Schläfen.
„Um welche Zeit schließen Sie abends das Restaurant, Miss DiAngelo?“
Sie zwang sich, den Detective wieder anzusehen und ruhig zu bleiben. „Gegen elf. Manchmal später, wenn besonders viel los war.“
„War gestern Abend besonders viel los?“
„Nein, aber ich bin trotzdem erst nach elf gegangen.“ Aus Sorge, sie könnte zu defensiv geklungen haben, fragte sie rasch: „Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Detective?“
„Sicher.“
„Stehe ich unter Verdacht?“
„Ihren Stiefbruder umgebracht zu haben?“ Er verzog den Mund zu einem Lächeln. „Kaum. Ian McGregor wurde heftig attackiert und starb an den Folgen mehrerer Stichwunden. So geschickt Sie in der Küche auch sein mögen, bezweifle ich doch, dass Sie mit einem Mann seiner Größe fertig würden und ihm mehrere Stichwunden beibringen könnten.“
Sie lachte ein wenig nervös. „Da bin ich aber erleichtert.“
Ryan blätterte eine Seite in seinem Notizbuch um. „Was wissen Sie über einen Mann namens Arturo Garcia?“
Abbie schüttelte den Kopf. „Den Namen habe ich noch nie gehört. Wer ist das?“
„Laut Miss Panini führte er einen Drogendealerring in Toledo, Ohio, und Ihr Stiefbruder arbeitete für ihn. Ian wurde während einer Drogenlieferung geschnappt und sagte als Kronzeuge gegen Arturo Garcia aus. Der ging danach für acht Jahre ins Gefängnis und schwor, Ian umzubringen, sobald er entlassen werde. Ihr Stiefbruder hat ihn nicht erwähnt?“
Abbie unterdrückte eine leichte Ungeduld. „Detective Ryan, Sie scheinen dem Irrtum aufzusitzen, dass Ian sich mir anvertraut hätte. Das hat er nicht. Die zwei Unterhaltungen, die wir miteinander führten, waren kurz und knapp. Ich wusste nicht mal, dass er mit einer Freundin hergekommen war oder wo er wohnte.“
Warum sagte sie das? Weshalb türmte sie Lüge auf Lüge?
„Im Clearwater Motel, an der Route 27.“ Der Detective sah wieder auf seine Notizen. „Miss Panini erwähnte ein Feuer, das vor achtundzwanzig Jahren das Haus Ihrer Familie in Palo Alto zerstörte. Das sei der Grund gewesen, weshalb Sie von Ian und seiner Schwester Liz getrennt wurden.“
Abbies Pulschlag beschleunigte sich. Diese Information hätte er besser nicht haben sollen. „Das ist richtig.“
„Würden Sie mir ein wenig mehr über Ihr Verhältnis zu den McGregors erzählen?“
„Ist das wichtig für den Fall?“
„Könnte sein.“
Sie seufzte, um zu zeigen, dass sie ihm sehr entgegenkam, und hoffte, nicht zu übertreiben. „Also gut. Mein Vater, mein leiblicher Vater, starb, als ich fünf war. Ein Jahr später heiratete meine Mutter Patrick McGregor, einen Witwer und Vater zweier Kinder, Ian und Liz. Zwei Jahre später brannte unser Haus nieder.“
„Wie kam es zu dem Feuer?“
Um ihre Nervosität nicht zu verraten, widerstand sie dem Drang zu schlucken, obwohl ihre Kehle so trocken zu sein schien wie die Sahara. „Mein Stiefvater hatte in jener Nacht getrunken und schlief mit
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