In tödlicher Gefahr
gezogen, jedoch erst nach ihrer Heirat mit dem Rockstar und bösen Jungen des Metiers in die Promiszene von Manhattan eingetaucht. Das berühmte Paar hatte zu den am meisten fotografierten Leuten von New York gehört. In ihrem luxuriösen Penthouse gaben sie Feste für ihre Freunde, besuchten Filmpremieren und flogen rund um die Welt. Das Luxusleben war jedoch nicht problemlos gewesen. Jude war hoffnungslos den Drogen verfallen, und seine Sucht belastete nicht nur die Ehe, sondern auch seine Karriere.
Die Scheidung des Rockstars vor zehn Jahren hatte fast so viel Aufmerksamkeit erregt wie die Heirat seinerzeit. Doch als Judes Karriere nach der Auflösung seiner Band den Bach hinunterging, ließ das öffentliche Interesse rasch nach. Unfähig, diese Rückschläge zu verkraften, suchte er wieder Trost in Alkohol und Drogen, doch es gelang ihm lediglich, sich mit einer Überdosis umzubringen.
In einem Interview des
Rolling Stone
vor einigen Jahren hatte Liz zugegeben, die Scheidung habe sie fast zerstört. Ohne die wöchentlichen Therapiesitzungen wäre ihr Leben vermutlich tragisch geendet.
Erst vor drei Jahren fand ein eifriger Reporter eines Fanmagazins, der für die Reihe „Was tun sie heute?“ schrieb, heraus, dass Liz in New York hinter einer Bar stand.
Ihr Foto, obwohl schon einige Jahre alt, zeigte eine deutliche Ähnlichkeit mit Ian McGregor. Beide hatten dunkle Augen, dasselbe kantige Gesicht – bei Liz allerdings abgemildert – und die ausgeprägte Spitze am Haaransatz der Stirn.
Als John sie gestern angerufen hatte, war sie nicht erstaunt gewesen und gleich bereit, mit ihm zu reden. Mit einer angenehmen, ziemlich erotischen Stimme hatte sie ihm ihre Anschrift genannt und sich für Montagabend um sieben dort mit ihm verabredet.
Gemäß seiner üblichen Vorgehensweise war er jedoch zuerst in die Bar gegangen, in der sie arbeitete, und hatte sie von einem Tisch in der Lounge aus unbefangen beobachtet, genau wie Abbie im Campagne vor einiger Zeit. Liz bewegte sich mit der Leichtigkeit und Professionalität hinter der Bar, die jahrelange Übung mit sich brachten. Lächelnd schenkte sie ein und wehrte einen gelegentlichen Annäherungsversuch geschickt ab.
Genau um sechs zog sie ihre Lade aus der Kasse, warf ihren Gästen ein Gute-Nacht-Lächeln zu und ging hinaus. John beglich seine Rechnung und verschwand ebenfalls.
Er brauchte länger als erwartet, um von dem Pagen seinen Wagen zu bekommen, und noch länger, sich durch den albtraumhaften Verkehr Südmanhattans zu quälen.
Dies war sein erster Besuch in der City von New York seit den tragischen Ereignissen vom 11. September 2001. Damals war er als Teil eines Spezialteams am Ground Zero gewesen, aber auch als Berater für die Hinterbliebenen der vielen Opfer beim Einsturz der Twin Towers.
Das Gebiet hatte sich in den letzten zwei Jahren sehr verändert. Schutt und Chaos waren entfernt, und die Läden florierten wieder. Doch die Erinnerung war noch frisch. Man konnte nicht den Broadway hinunterfahren, ohne daran zu denken.
Er hatte es schon fast aufgegeben, einen Parkplatz zu finden, als ein Lieferwagen vom Straßenrand abfuhr, zwei Blocks von Liz’ Wohnung entfernt. Augenblicke später läutete er an ihrer Tür.
Liz trug noch die Dienstkleidung aus der Bar, hatte jedoch die schwarze Weste und die Schuhe schon ausgezogen und die ersten beiden Knöpfe ihrer weißen Bluse geöffnet.
Ein leichtes Lächeln huschte um ihren Mund. „Haben Sie sich von der Bar bis hierher verfahren, Detective?“
Er lachte. „Sie haben mich entdeckt?“
„Es ist Ihnen vielleicht neu, aber Männer ihres Aussehens bleiben nicht unbemerkt – nicht mal in New York.“ Sie öffnete die Tür ein Stück weiter. „Aber ich bringe Sie in Verlegenheit. Kommen Sie doch herein.“
Er folgte ihr in einen Wohnraum mit hübschem, modernem Mobiliar und einem weißen Stutzflügel mitten im Raum, der vermutlich ihrem verstorbenen Mann gehört hatte. Etliche Fotos standen darauf. Obwohl Hardrock nie Johns Lieblingsmusik gewesen war, erkannte er auf den meisten Jude Tilly von der Band „The Boys From Hell Fame“.
„Möchten Sie etwas trinken?“ fragte Liz. „Noch eine Cola oder etwas Stärkeres?“
„Ein Bier wäre nicht schlecht, falls Sie eins haben.“
„Ich habe sogar zwei.“ Sie ging in die Miniküche. „Glas oder Flasche?“
„Flasche, bitte.“
Sie kehrte mit zwei Flaschen Heineken in der einen Hand und einer Schüssel Erdnüsse in der anderen zurück. Die
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