In tödlicher Gefahr
Schale stellte sie auf den Beistelltisch, reichte ihm eine Flasche Bier und trank selbst einen kräftigen Schluck.
„Während der Arbeit dürfen wir keinen Alkohol trinken. Unglaublich, nicht wahr? Wir dürfen Cola haben, bis wir platzen, aber kein lausiges Bier.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ist das nicht die dümmste Regel, von der man je gehört hat?“
Da er selbst nicht wild auf Regeln war, stimmte er zu. „Wie lange arbeiten Sie schon in der Manhattan Bar?“
„Zu lange.“ Sie nahm noch einen Schluck. „Es sind bald zehn Jahre“, fuhr sie fort und starrte ins Leere. „Ich müsste gar nicht arbeiten, wenn ich Judes Lebensversicherung angelegt hätte, anstatt sie für Therapiesitzungen auszugeben.“ Sie zuckte die Achseln. „Aber ich war sowieso nie der Müßiggängertyp. Früher oder später hätte ich mir einen Job gesucht.“
„Dieser scheint richtig für Sie zu sein.“
„Vermutlich. Er ist nicht schwer, und der Job hinter der Bar war alles, was ich seinerzeit bekommen konnte. Roadie für eine Rockband zu sein qualifiziert einen nicht gerade für eine Führungsposition in einem Unternehmen.“
Sie nahm eine Hand voll Erdnüsse und warf sich eine Nuss in den Mund. „Also, was möchten Sie wissen, Mr. Princeton Township Detective?“
„Zu Beginn das Naheliegende. Haben Sie eine Ahnung, wer Ihren Bruder umbringen wollte?“
„Nun ja, mal sehen. Zunächst mal Nick Valenti aus der sechsten Klasse. Er hasste Ian, weil der ihm die Freundin ausgespannt hatte. Und die Lady von nebenan, die behauptete, Ian habe mit seinem Geländerad ihre Katze überfahren.“ Sie setzte die Flasche an den Mund und sah John neckend an. „Aber vermutlich wollten Sie etwas hören, das mehr in der Gegenwart liegt, richtig?“
„Wenn es Ihnen nichts ausmacht?“
„Das ist auch nicht schwierig. Mein Bruder, müssen Sie wissen, hatte das Talent, sich Feinde zu machen. Er hat Menschen belogen, bestohlen und hintergangen. Die meisten hätten nach der ersten Strafe ihre Lektion gelernt. Ian nicht. Wenn er glaubte, mit einem Coup durchzukommen, stürzte er sich blindlings darauf und kümmerte sich erst später um die Folgen.“
„Können Sie mir Namen nennen?“ Er zog sein Notizbuch hervor. „Außer Arturo Garcia.“
„Aha, Sie haben vom großen, bösen Arturo gehört.“
„Rose hat mir von ihm erzählt. Angeblich hatte Ian Angst vor ihm.“
„Das ist noch untertrieben.“ Sie schüttelte den Kopf. „Warum Ian den hereingelegt hat, ist mir schleierhaft. Ich hätte lieber meine Zeit abgesessen, als einen Mann wie Arturo zu verpfeifen. Aber wie schon gesagt, mein Bruder glaubte immer, schlauer zu sein als alle anderen.“
Liz Tilly wich keiner Frage aus und schien auch nicht übermäßig zu trauern. „Hat er andere Feinde erwähnt außer Arturo?“
„Nein. Außer man zählt Abbie DiAngelo dazu.“ Sie hielt die Bierflasche am Hals und schwang sie leicht hin und her. „Sie hat Ihnen erzählt, dass Ian sie erpresst hat, nicht wahr?“
Darauf war er nicht gefasst gewesen. Das hatte Abbie ihm also verheimlicht. Er hätte es ahnen können, wenn er nicht so hingerissen von ihr gewesen wäre.
„Nein“, erwiderte er gelassen. „Hat sie nicht.“
„Könnte es sein, dass sie befürchtet hat, Sie würden sie des Mordes an meinem Bruder verdächtigen?“
Er sah keinen Grund, ihr zu sagen, dass Abbie nie als Verdächtige infrage gekommen war. „Warum hat Ian Miss DiAngelo erpresst? Ich dachte, sie hätten sich achtundzwanzig Jahre nicht gesehen?“
„Ja, das stimmt.“
„Was hatte er dann gegen sie in der Hand?“
„Nicht gegen sie, gegen ihre Mutter.“
Noch eine Überraschung. „Irene DiAngelo?“
„Ich vermute, Sie wissen von dem Feuer, das unser Haus in Palo Alto zerstörte, bei dem mein Vater umkam?“
„Abbie hat es erwähnt.“
Sie hielt die Bierflasche in Augenhöhe und schien sie zu betrachten, während sie sprach. „Kurz nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis vor zwei Wochen erfuhr Ian, dass das Feuer kein Unfall war.“
„Was dann?“ Aber John kannte die Antwort bereits.
„Brandstiftung.“ Sie sah ihn kurz an, um seine Reaktion zu prüfen, doch er ließ sich nichts anmerken. „Irene hatte beschlossen, dass sie nicht länger mit meinem Vater verheiratet sein wollte. Also heuerte sie einen professionellen Killer an und bezahlte ihn, das Haus anzuzünden.“
John brauchte einen Moment, um dies zu verdauen. Er musterte Liz und versuchte zu ergründen, ob sie log. Offenkundig
Weitere Kostenlose Bücher