In tödlicher Gefahr
Arturo von den achtundvierzigtausend Dollar zu erzählen und sie ihm anzubieten oder umgebracht zu werden.“
„Aber warum hat Arturo Ian dann vor der Geldübergabe umgebracht?“
„Ich vermute, Ihr Stiefbruder wollte ihm das Geld nicht wirklich geben. Er lockte ihn zum See, weil er dort eine bessere Chance sah, Arturo zu töten, falls …“
„Ihn zu töten?“
„Wir fanden neben der Leiche eine Garotte, die aus einem Kleiderbügel gebogen war. Wie es aussieht, hat Ian versucht, Arturo damit umzubringen.“
„Und stattdessen wurde er selbst umgebracht.“ Abbie sank gegen das Kissen zurück und war überrascht, als John sich vorbeugte und ihre kalten Hände nahm, um sie zu wärmen.
Ihre Blicke begegneten sich. „Warum haben Sie es mir nicht eher gesagt, Abbie?“
Während er liebevoll und fürsorglich ihr Gesicht betrachtete und dabei ihre Hände hielt, fühlte sie sich ihm innerlich sehr nah. „Ich hatte Angst, Sie würden die Polizei von Palo Alto informieren und meine Mutter anzeigen.“
„Sie haben wirklich gedacht, ich würde einem Kriminellen – zwei Kriminellen – mehr glauben als Ihnen?“
„Ich habe nicht mehr vernünftig denken können.“
„Verzeihlich unter den Umständen.“
Hoffnungsvoll lächelte sie ihn an. „Soll das heißen, Sie glauben mir, dass meine Mutter unschuldig ist?“
„Das kann ich erst sagen, wenn ich Earl Kramers Geschichte überprüft habe. Aber bei so dürftigen Beweisen würde ich Ihre Mutter niemals anschwärzen, Abbie. So eine Sorte Polizist bin ich nicht.“
Das hatte Claudia ihr bereits zu sagen versucht, aber sie hatte nicht darauf hören wollen. „Was ist mit dem Brief, den ich verbrannt habe? Wäre das nicht ein schlagender Beweis gewesen?“
„Falls Ihre Mutter kein Verbrechen begangen hat, ist der Brief ohne Bedeutung.“
Falls.
Es erschien ihr unerlässlich für ihren Seelenfrieden, die wahren Geschehnisse jener Nacht vor achtundzwanzig Jahren herauszufinden.
Abbie blickte auf ihre Hände in den seinen, und ihr fiel ein, dass er ihr etwas vorenthielt. „John?“
„Ja?“
„Warum sind Sie eben mit der Taschenlampe um das Haus gegangen?“
„Ich habe Ihren Geländewagen gesucht.“
„Meinen Wagen?“
„Laut Laborbericht stammten die Reifenspuren auf dem Parkplatz beim See von Goodyear-Reifen, die meist auf Geländewagen gefahren werden. Als ich sah, dass Sie einen solchen fahren, musste ich die Reifen überprüfen.“ Er deutete auf die Taschenlampe auf dem Tisch. „Ich wollte gerade durch das Fenster in die Garage sehen, als Sie aus der Tür kamen.“
„Dann bin ich doch verdächtig?“
„Nicht des Mordes. Aber Sie haben Informationen vorenthalten.“
Sie entzog ihm sacht ihre Hände, aber nicht aus Verärgerung. Warum auch? Er hatte sich soeben erboten, ihr zu helfen. „Wie haben Sie herausgefunden, dass Ian mich erpresst hat?“
„Das ist nicht wichtig.“
„Für mich schon. Ich habe ein Recht, es zu erfahren“, fügte sie hinzu.
Er schien einen Moment darüber nachzudenken. „Liz Tilly hat es mir gesagt.“
Liz. Dann war ihre Sorge also berechtigt gewesen. Und Liz war immer noch dasselbe Luder wie früher.
John stand auf. „Ich denke, ich habe Sie lange genug aufgehalten. Ich sollte Ihnen jetzt Ruhe gönnen. Wir reden morgen noch einmal über alles.“
An der Tür blieben beide stehen. Sie bemerkte, wie sein Blick über ihre Lippen wanderte, einen Moment dort verweilte und dann zu den Augen zurückkehrte. Die Wirkung war fast wie eine Berührung.
John brach den Bann, indem er fragte: „Sehen wir uns bei der Beerdigung?“
„Ja.“ Mehr bekam sie nicht heraus.
Sie wartete, bis die roten Rücklichter des Plymouth verschwunden waren, ehe sie ins Haus zurückging und die Tür schloss. Angespannt lauschte sie der Stille. Jetzt, da John fort war, wirkte das Haus überraschend leer.
In dieser Nacht schlief sie zum ersten Mal seit einer Woche durch.
29. KAPITEL
D as für die Jahreszeit ungewöhnlich schlechte Wetter, welches das Delaware Tal in den letzten Tagen heimgesucht hatte, wurde von blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein verdrängt, der durch die Bäume brannte und den Teich vor Wilbert Pharmaceuticals in spiegelndes Glas zu verwandeln schien.
Das Gebäude, in dem Clarice Ryan arbeitete, lag im Princeton Forrestal Center, einem üppigen, siebzehn Acres großen Park, der zur Universität gehörte. Hier befanden sich Forschungseinrichtungen und Firmenbüros international tätiger
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