In tödlicher Gefahr
Gesellschaften.
Wilbert war der neueste Zuzug, nachdem die Zentrale vor zwei Jahren von Bordentown nach Princeton verlegt worden war. Das dreistöckige Gebäude aus Glas und Stein mit seinem Atrium und der firmeneigenen Kunstgalerie war bereits ein Wahrzeichen, von dem man in Princeton mit Stolz sprach.
Clarice war erstaunt, dass John mitten in der Woche um ein Gespräch bat, und noch mehr, als er sich nicht abwimmeln ließ.
Obwohl er wusste, dass Clarice vor sechs Monaten zur Vizepräsidentin ernannt worden war, überraschte ihn die Größe und Eleganz ihres neuen Büros, als ihre Sekretärin ihn hineinführte. Mit einem raschen Blick nahm er die Fensterfront zum Teich, den antiken Schreibtisch in der Mitte und den orientalischen Teppich darunter wahr.
An einer Wand hing sogar ein Bild des Malers van Gogh, das bestimmt nicht echt sein konnte. Trotzdem, wie er Clarice kannte, wäre es vielleicht doch möglich.
„Aber hallo“, schwärmte er, als sie hinter ihrem Schreibtisch aufstand. „Keine üble Bude. Kein Wunder, dass die Kosten für Medikamente in die Höhe schnellen.“
Was als Scherz und Eisbrecher gedacht war, trug ihm nur einen strafenden Blick ein. „Was musst du mir unbedingt sagen, das nicht am Telefon zu bereden wäre?“ fragte sie.
Mit anderen Worten, die Lady hatte es eilig und er sollte sich kurz fassen. Ihm war es nur recht. „Darf ich mich setzen?“
Sie deutete auf einen grünen Brokatsessel. „Also gut. Aber ich muss dich warnen. Ich befinde mich gerade zwischen zwei Konferenzen.“
„Es dauert nicht lange.“ John legte ein Bein über das andere. „Ich möchte, dass du noch einmal über unsere Abmachung bezüglich Jordan nachdenkst.“
Verblüfft setzte sie sich. „Unsere Abmachung überdenken? Was soll das heißen?“
„Das heißt, dass ich gern das Sorgerecht für Jordan hätte. Das volle Sorgerecht.“
Sie lehnte sich zurück. Der Schock war ihr anzusehen, obwohl sie sich bemühte, es nicht zu zeigen. „Hast du den Verstand verloren?“
„Keineswegs. Es ist eine sehr vernünftige Entscheidung, und je mehr ich darüber nachdenke, desto plausibler erscheint sie mir.“
„Dir vielleicht, aber mir nicht.“
„Ich gebe zu, ich habe unregelmäßige Arbeitszeiten. Aber seit du Vizepräsidentin bist, hast du noch weniger Zeit für Jordan als ich. Du reist mehr denn je, manchmal ins Ausland und für mehrere Tage. Währenddessen wird Jordan von einem Haushalt in den anderen geschoben, und das tut ihm nicht gut. Die Vernachlässigung beeinträchtigt inzwischen seine Noten und sein Verhalten.“
„Wirfst du mir etwa vor, mein Kind zu vernachlässigen?“
Er schüttelte den Kopf und ärgerte sich, dass er so kritisch klang. Das hatte ihm noch nie etwas gebracht. „Ich hab’ mich unglücklich ausgedrückt, tut mir Leid. Tatsache ist – und das ist Mrs. Rhineharts Interpretation –, dass Jordan sich wohl vernachlässigt fühlt, und er wehrt sich dagegen, indem er uns zwingt, ihm Aufmerksamkeit zu schenken.“
„Jordan ist kein hinterhältiges Kind. Er tut so etwas nicht.“
„Vielleicht nicht bewusst.“ Er ließ ihr einen Moment, darüber nachzudenken, ehe er fortfuhr: „Der Junge ist erst neun, Clarice. Du betonst immer, er brauche Disziplin und Regeln. Ich sage, er braucht Kontinuität und Vertrautheit. Und vor allem ein Zuhause, in das er jeden Nachmittag heimkehrt, zur selben Person, die für ihn da ist, Kekse backt, ihm das Essen kocht und bei den Hausaufgaben hilft.“
Clarice lachte spöttisch. „Und das willst du machen? Kekse backen und Essen kochen?“
„Nicht ich. Percy.“
Sie verschränkte die Arme. „Percy.“ Sie sprach den Namen mit einer gewissen Vorsicht aus. Vielleicht, weil dieser Mann zu den wenigen Menschen gehörte, die Clarice respektierte.
„Warum nicht? Jordan und Percy verstehen sich blendend. Und außerdem ist Percy, da stimmst du mir sicher zu, einer der zuverlässigsten Menschen, die wir kennen.“
Ein leichtes Lächeln umspielte ihren Mund. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass die beiden ständig zusammen sein möchten. Jordan kann eine ziemliche Herausforderung sein.“
„Percy wird mit ihm fertig. Das hat er schon bewiesen.“
„Und er wäre bereit, deinen Vater zu verlassen, um einen Neunjährigen zu versorgen?“
„Er würde meinen Vater nicht ganz verlassen. Wir haben ein Arrangement getroffen, das allen gerecht wird. Einige Stunden pro Woche, wenn Jordan in der Schule ist, geht Percy zu meinem Vater, um zu
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