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In Tödlicher Mission

In Tödlicher Mission

Titel: In Tödlicher Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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aufwachten. Um wie viel Uhr standen diese Leute morgens auf?
    Wie zur Antwort wurde hinter einem der kleineren Fenster auf der linken Seite des Hauptgebäudes eine weiße Jalousie hochgezogen. Bond konnte deutlich das finale Schnappen der Vorrichtung hören. Echo Lake! Natürlich. Übertrug sich das Echo in beide Richtungen? Würde er darauf achten müssen, keine Äste oder Zweige zu zerbrechen? Vermutlich nicht. Die Geräusche im Tal prallten sicher von der Wasseroberfläche ab und schallten so nach oben. Aber er durfte kein Risiko eingehen.
    Eine dünne Rauchsäule stieg aus einem der Schornsteine auf der Linken in die Luft. Bond dachte an den Speck und die Eier, die bald in der Pfanne braten würden. Und an den heißen Kaffee. Er schob sich langsam über den Ast zurück und ließ sich zu Boden gleiten. Er würde etwas essen, seine letzte sichere Zigarette rauchen und sich dann zu seiner Schussposition begeben.
    Das Brot blieb Bond im Hals stecken. Seine innere Anspannung wurde immer größer. Im Geiste konnte er bereits das tiefe Dröhnen des Savage hören. Er konnte sehen, wie sich die schwarze Kugel träge wie eine langsam fliegende Biene in das Tal hinunter und auf den Fleck aus rosa Haut zubewegte. Als sie ihr Ziel traf, ertönte ein leises Klatschen. Die Haut wurde eingedrückt, brach, schloss sich dann wieder und zurückblieb nur ein kleines Loch mit verfärbtem Rand. Die Kugel grub sich ohne Eile weiter bis zum pochenden Herzen vor – das Gewebe und die Blutgefäße teilten sich folgsam, um sie hindurchzulassen. Wer war der Mann, dem er das antun würde? Was hatte er Bond je angetan? Bond schaute nachdenklich auf seinen Abzugsfinger. Er krümmte ihn langsam und spürte im Geiste die kühle metallische Biegung. Fast automatisch griff seine linke Hand nach der Flasche. Er führte sie an seine Lippen und neigte den Kopf zurück. Die Mischung aus Kaffee und Whisky brannte wie ein kleines Feuer in seiner Kehle. Er schraubte den Deckel wieder auf die Flasche und wartete darauf, dass die Wärme des Whiskys seinen Magen erreichte. Dann stand er langsam auf, streckte sich, gähnte ausgiebig, griff nach dem Gewehr und schlang es sich über die Schulter. Er schaute sich vorsichtig um, damit er sich die Stelle für später einprägen konnte, wenn er den Hügel wieder hinaufkam, und machte sich dann langsam zwischen den Bäumen hindurch auf den Weg.
    Nun gab es keinen Pfad mehr, und er musste sich seinen Weg langsam suchen und dabei auf abgestorbene Zweige am Boden achten. Die Baumsorten waren jetzt stärker gemischt. Zwischen den Fichten und Weißbirken fand sich hin und wieder eine Eiche, eine Buche oder eine Platane, und hier und dort strahlte das feurige Herbstlaub eines Ahorns. Unter den Bäumen wuchsen ihre Ableger nur spärlich und überall lag viel totes Holz von vergangenen Hurrikans. Bond stieg den Abhang vorsichtig hinunter, und seine Füße verursachten zwischen den Blättern und moosbedeckten Steinen kaum ein Geräusch, doch der Wald war sich seiner Anwesenheit bald bewusst und fing an, die Nachricht zu verbreiten. Ein großes Reh mit zwei bambiähnlichen Jungen sah ihn als Erstes und preschte mit schrecklichem Getöse davon. Ein Specht mit einem scharlachroten Kopf flog vor ihm her und kreischte jedes Mal, wenn Bond ihn einholte. Und überall waren Streifenhörnchen, die sich auf die Hinterbeine stellten, ihre kleinen Schnauzen hoben und die Zähne bleckten, während sie versuchten, seinen Geruch aufzunehmen. Gleich darauf stürmten sie zurück in ihre Felshöhlen und keckerten dabei so laut, dass sie den ganzen Wald in Angst und Schrecken versetzten. Bond beschwor sie im Geiste, keine Angst zu haben, und teilte ihnen stumm mit, dass das Gewehr, das er bei sich trug, nicht für sie bestimmt war, aber bei jedem neuen Alarm fragte er sich, ob er beim Erreichen des Weiderands unten auf dem Rasen einen Mann mit Fernglas sehen würde, der die verängstigten Vögel beobachtet hatte, die aus den Baumwipfeln flohen.
    Doch als er hinter der letzten dicken Eiche stehen blieb und über die große Weide nach unten zu der letzten Baumreihe, dem See und dem Haus schaute, hatte sich nichts verändert. Alle anderen Jalousien waren immer noch heruntergezogen, und die einzige Bewegung ging von der dünnen Rauchsäule aus.
    Es war acht Uhr. Bond schaute über die Weide zu den Bäumen und suchte nach einem, der seinem Zweck dienen würde. Er fand ihn – ein großer Ahorn, dessen Laub in Rost- und Blutrot leuchtete. Das

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