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In Tödlicher Mission

In Tödlicher Mission

Titel: In Tödlicher Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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überquert. Auf Letzterem befand sich ein Schild mit der Aufschrift ENOSBURG FALLS 2 KM. Jetzt hatte er die letzte Etappe erreicht – einen kleinen Jagdweg, der steil anstieg. In sicherer Entfernung von der Straße blieb er stehen, verlagerte das Gewicht des Gewehrs und des Rucksacks, genehmigte sich eine Zigarette und verbrannte die skizzierte Karte. Der Himmel wurde bereits heller, und im Wald um ihn herum erklangen Geräusche – der herbe, melancholische Schrei eines Vogels, den er nicht kannte, sowie das Rascheln kleiner Tiere. Bond stellte sich das Haus tief unten in dem kleinen Tal auf der anderen Seite der vor ihm liegenden Berge vor. Im Geiste sah er die leeren, mit Vorhängen verhüllten Fenster, die zerknautschten Gesichter der vier schlafenden Männer, den Tau auf dem Rasen und die breiter werdenden Ringe des frühen Sonnenlichts auf der spiegelglatten Oberfläche des Sees. Und hier, auf der anderen Seite des Berges, war der Scharfrichter und schlich durch die Bäume darauf zu. Bond verbannte das Bild aus seinem Geist, trat seine Zigarette aus und machte sich wieder auf den Weg.
    War das hier ein Hügel oder ein Berg? Ab welcher Höhe wird ein Hügel zu einem Berg? Warum stellt man nicht etwas aus der silbrigen Rinde der Birken her? Sie sieht so nützlich und wertvoll aus. Das Beste in Amerika sind Streifenhörnchen und Austerneintopf. Am Abend bricht die Dunkelheit eigentlich nicht herein, sondern erhebt sich. Wenn man auf dem Gipfel eines Berges sitzt und beobachtet, wie die Sonne hinter dem gegenüberliegenden Berg versinkt, erhebt sich die Dunkelheit aus dem Tal darunter nach oben. Werden die Vögel eines Tages ihre Furcht vor den Menschen verlieren? Es muss schon Jahrhunderte her sein, seit die Menschen in diesen Wäldern kleine Vögel gejagt haben, um sich von ihnen zu ernähren, und trotzdem haben sie immer noch Angst vor ihnen. Wer war dieser Ethan Allen, der die Green Mountain Boys aus Vermont anführte? Heutzutage werben amerikanische Motels mit Ethan-Allan-Möbeln. Warum? Stellte er Möbel her? Armeestiefel sollten Gummisohlen wie diese hier haben.
    Mit diesen und anderen wahllosen Gedanken im Kopf kletterte Bond stetig nach oben und verdrängte stur das Bild der vier schlafenden Gesichter auf den weißen Kissen.
    Der runde Gipfel befand sich unterhalb der Baumgrenze, und Bond konnte das Tal unter sich nicht sehen. Er ruhte sich ein wenig aus und suchte sich dann eine Eiche, an der er hochkletterte, um sich auf einem der dicken Äste zu positionieren. Jetzt konnte er alles sehen – den endlosen Ausblick auf die Green Mountains, die sich so weit das Auge reichte in alle Richtungen erstreckten, die goldene, kreisrunde Sonne, die sich im Osten gerade in all ihrer Pracht über den Horizont erhob, und sechshundert Meter darunter einen langen, flachen Abhang, dessen Baumwipfel nur ein Mal von einem breiten Streifen Weideland unterbrochen wurden. Und durch einen dünnen Nebelschleier sah er auch den See, die Rasenflächen und das Haus.
    Bond lag auf dem Ast und beobachtete, wie das Band aus blassem Morgenlicht ins Tal hinunterkroch. Es brauchte eine Viertelstunde, um den See zu erreichen. Dann schien es sofort auf den funkelnden Rasen zu schwappen und über die feuchten Schieferschindeln der Dächer zu fließen. Der Nebel über dem See löste sich schnell auf, sodass der Zielbereich frisch und klar und neu wie eine leere Bühne dalag.
    Bond zog das Zielfernrohr des Gewehrs aus seiner Tasche und suchte die Gegend Stück für Stück ab. Dann betrachtete er den Abhang unter sich und schätzte die Entfernungen ab. Vom Rand der Weide aus, die sein einziges freies Schussfeld darstellen würde, sofern er sich nicht durch die letzten Baumreihen bis zum Ufer des Sees vorwagte, waren es etwa vierhundertfünfzig Meter bis zur Terrasse und zur Veranda, und knapp dreihundert bis zum Sprungbrett und dem Seeufer. Wie verbrachten diese Leute ihre Zeit? Wie sah ihre tägliche Routine aus? Badeten sie manchmal im See? Es war noch warm genug dafür. Nun, er hatte den ganzen Tag Zeit. Wenn Sie bis zum Abend nicht zum See gekommen waren, würde er es auf vierhundertfünfzig Meter Entfernung mit der Veranda versuchen müssen. Aber mit einem fremden Gewehr standen seine Chancen nicht sonderlich gut. Sollte er sofort bis zum Rand der Weide hinuntergehen? Es war eine große Weide, daher würde er knapp fünfhundert Meter ohne Deckung zurücklegen müssen. Das brachte er besser hinter sich, bevor die Bewohner des Hauses

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