In Tödlicher Mission
»Warum kümmern wir uns um diese Sache, und welche Beweise hat Station I, wenn überhaupt, gegen diese Leute in der Hand?«
M warf Bond einen mürrischen Blick zu. Er drehte seinen Bürosessel so, dass er durch das breite Fenster die hoch am Himmel vorbeirasenden Wolken beobachten konnte. Er griff nach seiner Pfeife, pustete sie durch und legte sie dann, als hätte er dadurch ein wenig Dampf ablassen können, wieder auf den Schreibtisch zurück. Als er sprach, klang seine Stimme geduldig und vernünftig. »Wie Sie sich vorstellen können, 007, will ich nicht, dass der Service in diese Drogensache verwickelt wird. Anfang des Jahres musste ich Sie für zwei Wochen freistellen, damit Sie diesen mexikanischen Züchter verscheuchen konnten. Dabei wären Sie fast umgekommen. Es war ein Gefallen für die Spezialabteilung. Als sie erneut nach Ihnen fragten, um diese italienische Bande zu schnappen, habe ich mich geweigert. Ronnie Vallance ging hinter meinem Rücken zum Innen- und Gesundheitsministerium. Die Minister setzten mich unter Druck. Ich sagte, dass Sie hier gebraucht werden, und dass ich niemand anderen entbehren kann. Dann gingen die beiden Minister zum Premierminister.« M machte eine Pause. »Und das war es dann. Ich muss zugeben, dass der Premierminister sehr überzeugend war. Er argumentierte, dass Heroin in den Mengen, in denen es hereinkommt, ein Mittel psychologischer Kriegsführung ist – dass es die Stärke einer Nation schwächt. Er sagte, er wäre nicht überrascht, wenn sich herausstellen sollte, dass es gar keine Bande von Italienern ist, die das große Geld machen will – sondern Subversion als Ziel dahintersteckt.« M lächelte säuerlich. »Ich nehme an, Ronnie Vallance hat sich diese Argumentation ausgedacht. Offenbar gelingt es seinen Leuten kaum, den Handel einzudämmen und damit zu verhindern, dass die Jugendlichen hier die Droge genauso leicht in die Finger bekommen wie in Amerika. Wie es scheint, sind die Tanzlokale und Spielhallen voll mit Dealern. Vallance’ Einheit ist es gelungen, die Spur bis zu einem der Mittelsmänner zurückzuverfolgen, und es besteht kein Zweifel daran, dass das Zeug aus Italien kommt, versteckt in den Autos italienischer Touristen. Vallance hat durch die italienische Polizei und mithilfe von Interpol getan, was er konnte, aber die Wirkung war gleich null. Sie alle kommen nur bis zu einem gewissen Abschnitt der Pipeline, verhaften ein paar kleinere Fische, aber dann, wenn sie sich dem Zentrum nähern, ist da diese undurchdringliche Mauer. Der innere Kreis der Händler ist entweder zu ängstlich oder zu gut bezahlt.«
»Vielleicht steckt auch jemand Offizielles dahinter, Sir«, unterbrach Bond. »Diese Montesi-Affäre sah nicht besonders gut aus.«
M zuckte ungeduldig mit den Schultern. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Auch darauf werden Sie achten müssen, aber mein Eindruck ist, dass im Fall Montesi recht gründlich aufgeräumt wurde. Als die Anweisung vom Premierminister kam, habe ich jedenfalls mit Washington gesprochen. Die CIA war äußerst hilfreich. Wie Sie wissen, hat die Drogenbehörde seit dem Krieg ein Team in Italien. Die haben nichts mit der CIA zu tun, sondern gehören ausgerechnet zum Finanzministerium. Und das leitet eine Art Geheimdienst, der sich um Drogenschmuggel und Geldfälschung kümmert. Ein äußerst verrücktes Arrangement. Ich frage mich oft, was das FBI darüber denken muss.« M drehte seinen Sessel langsam vom Fenster weg. Dann verschränkte er die Hände hinter dem Kopf, lehnte sich zurück und sah über den Schreibtisch hinweg zu Bond. »Der Punkt ist, dass die römische Abteilung der CIA eng mit diesem kleinen Drogenteam zusammenarbeitet. Das muss sie auch, um Zuständigkeitsgerangel zu vermeiden. Und die CIA – eigentlich Alan Dulles persönlich – gab mir den Namen des besten Mitarbeiters des Büros. Offenbar handelt es sich bei ihm um einen Doppelagenten. Ein Kerl namens Kristatos. Dulles sagte, er könne seine Leute natürlich nicht darauf ansetzen und er sei sich ziemlich sicher, dass das Finanzministerium es nicht besonders gut finden würde, wenn das CIA-Büro in Rom zu eng mit uns zusammenarbeitet. Aber wenn ich wollte, würde er Kristatos davon unterrichten, dass sich einer unserer, ähm, besten Männer mit der Aussicht auf ein Geschäft mit ihm treffen wolle. Ich sagte ihm, dass ich das überaus zu schätzen wissen würde, und gestern bekam ich die Nachricht, dass das Treffen für übermorgen steht.« M deutete
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