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In Tödlicher Mission

In Tödlicher Mission

Titel: In Tödlicher Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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Castro-Rebellen und die ausgebrannten Boote waren der Stoff eines Abenteuercomics in einer billigen Zeitung. Er hatte auf einer stumpfsinnigen Dinnerparty neben einer stumpfsinnigen Frau gesessen, und eine beiläufige Bemerkung hatte ihm eine Geschichte wirklicher Grausamkeit eröffnet – eine Geschichte über die Comédie Humaine, wo menschliche Leidenschaften roh und echt waren und das Schicksal ein authentischeres Spiel trieb, als jede Geheimdienstverschwörung irgendwelcher Regierungen.
    Bond sah den Gouverneur an und streckte ihm seine Hand entgegen. »Ich danke Ihnen für die Geschichte. Und ich schulde Ihnen eine Entschuldigung. Ich fand Mrs Harvey Miller furchtbar langweilig. Doch dank Ihnen werde ich sie niemals vergessen. Ich muss den Menschen mehr Aufmerksamkeit schenken. Diese Lektion haben Sie mich gelehrt.«
    Sie schüttelten einander die Hand. Der Gouverneur lächelte. »Ich bin froh, dass Sie Interesse an der Geschichte finden konnten. Ich befürchtete schon, sie würde Sie langweilen. Sie führen ein sehr aufregendes Leben. Um die Wahrheit zu sagen, hatte ich keine Ahnung, worüber wir nach dem Abendessen reden sollten. Das Leben im Kolonialdienst ist furchtbar eintönig.«
    Sie verabschiedeten sich. Bond schlenderte über die stille Straße auf den Hafen zu, wo sein Hotel lag. Er dachte über die Besprechung mit der Küstenwache und dem FBI nach, die am nächsten Morgen in Miami stattfinden würde. Diese Aussicht, die ihn zuvor noch interessiert, sogar begeistert hatte, wirkte nun langweilig und sinnlos.

RISIKO

»Dieses Geschäft ist äußerst riskant.«
    Die Worte drangen leise durch den dichten braunen Schnurrbart. Der unnachgiebige Blick der schwarzen Augen wanderte langsam über Bonds Gesicht und hinunter zu seinen Händen, die gerade ein Streichholzbriefchen zerrissen, auf dem
Albergo Colomba d’Oro
stand.
    James Bond spürte den Blick. Diese verstohlene Inspektion dauerte nun schon an, seit er den Mann vor zwei Stunden in der Bar des Excelsior getroffen hatte. Man hatte Bond gesagt, er solle nach einem Mann mit einem dichten Schnurrbart Ausschau halten, der allein seinen Alexandra trank. Bond hatte dieses geheime Erkennungszeichen amüsant gefunden. Der sahnige, eher weibliche Drink war so viel raffinierter als die gefaltete Zeitung, die Blume im Knopfloch, die gelben Handschuhe – die gängigen nachlässigen Erkennungszeichen zwischen Agenten. Er hatte zudem den großen Vorteil, dass er auch alleine, ohne seinen Besitzer, funktionierte. Kristatos hatte mit einem kleinen Test begonnen. Als Bond die Bar betreten und sich umgesehen hatte, waren vielleicht zwanzig Personen im Raum gewesen. Keine von ihnen trug einen Schnurrbart. Aber an einem Ecktisch im hinteren Bereich des Raums, flankiert von einem Schälchen Oliven und einem weiteren mit Cashewnüssen darin, stand ein langstieliges Glas mit Sahne und Wodka. Bond ging schnurstracks zu dem Tisch und setzte sich.
    Der Kellner kam. »Guten Abend, Sir. Signor Kristatos ist gerade am Telefon.«
    Bond nickte. »Einen Negroni. Mit Gordon’s, bitte.«
    Der Kellner ging zur Bar zurück. »
Negroni. Uno. Gordon’s

    »Bitte entschuldigen Sie.« Die große haarige Hand zog den schmalen Stuhl zurück, als wäre er so leicht wie ein Streichholz, und beförderte ihn unter die schweren Hüften. »Ich musste mit Alfredo sprechen.«
    Es gab keinen Handschlag. Sie waren alte Bekannte. Wahrscheinlich arbeiteten beide in derselben Branche. Irgendetwas mit Import-Export. Der Jüngere wirkte amerikanisch. Nein. Nicht mit dieser Kleidung. Britisch.
    Bond nahm den schnellen Aufschlag an. »Wie geht’s seinem Jungen?«
    Signor Kristatos’ schwarze Augen verengten sich zu Schlitzen. Ja, man hatte ihm gesagt, dass dieser Mann ein Profi war. Er breitete seine Hände aus. »Unverändert. Was kann man schon erwarten?«
    »Polio ist eine furchtbare Sache.«
    Der Negroni wurde serviert. Die beiden Männer lehnten sich behaglich zurück. Jeder von ihnen war zufrieden, es mit jemandem aus der gleichen Liga zu tun zu haben. Das war in diesem Spiel selten. Wie oft schon hatte man bei einer Teamarbeit die Zuversicht auf ein erfolgreiches Ergebnis bereits verloren, bevor der Auftrag überhaupt angefangen hatte. In Bonds Vorstellung lag bei einem solchen ersten Treffen oft ein schwacher Brandgeruch in der Luft. Das war für ihn das Zeichen, dass der Rand seiner Tarnung bereits zu glimmen begonnen hatte. Und schon bald würde alles in Flammen aufgehen und er

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