In Tödlicher Mission
üblich war. »Bleiben Sie an dieser Tür. Gehen Sie nicht hinein und lassen Sie auch keinen Ihrer Männer durch. Ich werde es auf der anderen Seite probieren.« Ohne auf eine Antwort zu warten, rannte er um die Ecke des Gebäudes.
Das Lager war etwa fünfzehn Meter lang. Bond wurde langsamer und ging leise auf die Rückseite zu. Dann presste er sich gegen die Wand und blickte kurz um die Ecke. Sofort zog er sich wieder zurück. Am Hintereingang stand ein Mann. Seine Augen waren an einer Art Türspion. In seiner Hand lag so etwas wie ein Kolben, von dem aus Drähte unter die Tür führten. Neben ihm stand ein schwarzes Lancia Granturismo Cabrio. Das Verdeck war unten. Der Motor lief und es stand in Richtung einer staubigen Straße, die ins Landesinnere führte.
Bei dem Mann handelte es sich um Kristatos. Bond kniete sich hin. Er hielt seine Pistole in beiden Händen, um größere Stabilität zu erreichen, schob sich zentimeterweise um die Ecke des Gebäudes und gab einen Schuss auf die Füße des Mannes ab. Er verfehlte sein Ziel. Fast im gleichen Moment, in dem er den Staub nur Zentimeter neben seinem Ziel aufwirbeln sah, gab es eine Explosion an der Aluminiumwand des Lagers, die ihn zu Boden schleuderte.
Bond kämpfte sich wieder auf die Beine. Das Lager begann sich auf seltsame Weise zu verbiegen. Nun stürzte es unter großem Lärm wie ein Kartenhaus ein. Kristatos war im Wagen und bereits zwanzig Meter entfernt. Seine Hinterreifen wirbelten Staub auf. Bond stand in der klassischen Schießposition und zielte sorgfältig. Die Walther dröhnte los und gab drei Schüsse ab. Der letzte fand sein inzwischen fünfzig Meter entferntes Ziel, und die Gestalt am Steuer zuckte zusammen. Die Hände flogen seitlich vom Lenkrad. Der Kopf wurde kurz nach oben gehoben und fiel dann nach vorne. Die rechte Hand blieb ausgestreckt, sodass es so aussah, als würde der Tote rechts abbiegen wollen. Bond begann die Straße entlangzulaufen und nahm an, dass das Auto stehen bleiben würde, doch die Räder waren noch in der Spur, und da sich der Fuß des Toten weiterhin auf dem Gaspedal befand, raste der Lancia im kreischenden dritten Gang weiter. Bond blieb stehen und sah dem Wagen hinterher. Er fuhr immer weiter über die sonnenverbrannte Ebene und hinterließ eine weiße Staubwolke. Bond erwartete, dass er jeden Moment von der Straße abkommen würde, aber das tat er nicht, und schließlich verschwand er im morgendlichen Nebel, der einen wunderschönen Tag versprach.
Bond sicherte seine Pistole und steckte sie in seinen Gürtel. Als er sich umdrehte, sah er, dass Colombo auf ihn zukam. Der dicke Mann grinste erfreut. Mit Schrecken sah Bond, wie Colombo die Arme ausbreitete, Bond an sich drückte und ihn auf beide Wangen küsste.
»Um Himmels willen, Colombo«, entfuhr es Bond.
Doch Colombo lachte nur schallend. »Ah, der stille Engländer! Er fürchtet nichts außer Gefühlen. Aber ich«, er schlug sich selbst auf die Brust, »ich, Enrico Colombo, liebe diesen Mann und ich schäme mich nicht, das zuzugeben. Wenn Sie den Schützen mit dem Maschinengewehr nicht ausgeschaltet hätten, wäre keiner von uns am Leben geblieben. So habe ich nur zwei meiner Männer verloren, und ein paar andere sind verwundet. Aber es sind nur ein halbes Dutzend Albaner übrig, und die haben sich in das Dorf geflüchtet. Zweifellos wird die Polizei sie dort verhaften. Und jetzt haben Sie diesen Mistkerl Kristatos mit seinem Wagen schnurstracks in die Hölle geschickt. Was für ein grandioses Ende für ihn! Was wird passieren, wenn der rasende Leichenwagen auf die Hauptstraße trifft? Er hält geradewegs auf die Auffahrt auf die Autostrada zu. Ich hoffe, er denkt daran, rechts zu fahren.« Colombo klopfte Bond ausgelassen auf die Schulter. »Aber kommen Sie, mein Freund. Es ist für uns an der Zeit, zu verschwinden. Das albanische Schiff wird bald untergehen. Es gibt hier keine Telefone. Wir werden einen guten Vorsprung vor der Polizei haben. Sie werden eine Weile brauchen, um etwas aus den Fischern herauszubekommen. Ich habe mit ihrem Anführer gesprochen. Niemand hier hat für Albaner besonders viel übrig. Aber wir müssen los. Es weht gerade ein guter Wind, und es gibt auf dieser Seite von Venedig keinen Arzt, dem ich traue.«
Flammen leckten an dem eingestürzten Lager, und es stiegen Rauchwolken auf, die sehr süßlich rochen. Bond und Colombo gingen zur Anlegestellte. Das albanische Schiff war auf Grund gelaufen, und seine Decks waren geflutet.
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