In Tödlicher Mission
Sie wateten darüber und kletterten an Bord der
Colombina
, wo Bond noch mehr Händeschütteln und Schulterklopfen über sich ergehen lassen musste. Sie legten sofort ab und setzten Kurs auf die Landspitze, die den Hafen beschützte. Dort stand eine kleine Gruppe Fischer vor ihren Booten, die am Strand neben einer Ansammlung aus Steinhäuschen lagen. Sie machten einen ziemlich mürrischen Eindruck, aber als Colombo winkte und ihnen etwas auf Italienisch zurief, hoben die meisten von ihnen ebenfalls eine Hand zum Abschied, und einer rief etwas, das die Mannschaft der
Colombina
zum Lachen brachte. Colombo übersetzte. »Er sagte, wir seien unterhaltsamer als das Kino in Ancona und sollten bald wiederkommen.«
Plötzlich spürte Bond, wie das Adrenalin in seinem Körper nachließ. Er fühlte sich schmutzig und unrasiert, und er konnte seinen eigenen Schweiß riechen. Er ging unter Deck, und lieh sich einen Rasierer sowie ein sauberes Hemd von einem Besatzungsmitglied. Dann zog er sich in seiner Kabine aus und machte sich frisch. Als er seine Pistole herauszog und sie auf die Koje warf, bemerkte er einen Hauch von Kordit, der von der Mündung ausging. Das brachte die Angst, die Gewalt und den Tod der frühen Morgendämmerung zurück. Er öffnete das Bullauge. Draußen tanzte fröhlich die See, und die immer kleiner werdende Küstenlinie, die zuvor schwarz und geheimnisvoll gewesen war, strahlte nun in einem wunderschönen Grün. Plötzlich drang der köstliche Geruch von gebratenem Speck von der Kombüse her. Schnell schloss Bond das Bullauge wieder, zog sich an und ging in die Messe.
Colombo saß über einem Berg aus Spiegeleiern und Speck, den er mit dem mit Rum versetzten Kaffee herunterspülte.
»Das wäre geschafft, mein Freund«, sagte er mit vollem Mund, nachdem er von einer Scheibe gerösteten Brots abgebissen hatte. »Das war ein Jahresvorrat an Rohopium auf seinem Weg zu Kristatos’ Chemiefabrik in Neapel. Es ist wahr, dass ich ein solches Unternehmen in Mailand besitze und dass es ein praktisches Lager für einige meiner Waren ist. Aber es produziert nichts Tödlicheres als Cascara und Aspirin. Was Kristatos’ Geschichte angeht, können Sie praktisch überall seinen Namen statt meines einsetzen. Er ist es, der das Zeug zu Heroin weiterverarbeitet und es mithilfe seiner Kuriere dann nach London geschmuggelt hat. Diese große Schiffsladung war für Kristatos und seine Männer vielleicht eine Million Pfund wert. Aber wissen Sie was, mein lieber James? Es hat ihn nicht einen einzigen Cent gekostet. Warum? Weil es ein Geschenk der Russen war. Ein riesiges und tödliches Geschoss, das auf England abgefeuert werden sollte. Für dieses Geschoss können die Russen unbegrenzte Mengen an Material liefern. Es stammt von ihren Mohnfeldern im Kaukasus, und Albanien ist ein praktisches Zwischenlager. Aber sie haben nicht das notwendige System, um das Geschoss abzufeuern. Kristatos schuf dieses System hier, und er war es, der für seine Herren in Russland den Abzug gedrückt hat. Heute haben wir allein und in einer halben Stunde die gesamte Verschwörung zerstört. Sie können jetzt zurückgehen und Ihren Leuten in England sagen, dass der Drogenhandel aufhören wird. Sie können Ihnen auch die Wahrheit erzählen – dass Italien nicht die Quelle dieser schrecklichen Kriegswaffe war. Sondern dass unsere alten Freunde in Russland dafür verantwortlich waren. Zweifellos handelt es sich dabei um eine Abteilung ihres Geheimdienstes, der sich mit psychologischer Kriegsführung beschäftigt. Das kann ich Ihnen aber nicht genau sagen. Vielleicht wird man Sie ja nach Moskau schicken, um es herauszufinden, mein lieber James.« Colombo lächelte ermutigend. »Wenn das geschehen sollte, hoffe ich, dass wir für Sie ein ebenso charmantes Mädchen wie Ihre Freundin Fräulein Lisl Baum finden, um Sie auf den Weg der Wahrheit zu führen.«
»Was meinen Sie mit ‚meiner Freundin‘? Sie ist doch Ihre.«
Colombo schüttelte den Kopf. »Mein lieber James, ich habe viele Freundinnen. Sie werden doch sicherlich noch ein paar Tage in Italien bleiben, um Ihren Bericht zu schreiben.« Er schmunzelte. »Und bestimmt auch ein paar Dinge überprüfen, die ich Ihnen erzählt habe. Vielleicht werden Sie auch eine amüsante halbe Stunde damit verbringen, Ihren Kollegen von der CIA zu erklären, was Sache ist. Und zwischen diesen Pflichten brauchen Sie doch bestimmt eine Begleitung – jemanden, der Ihnen die Schönheiten meines geliebten Landes
Weitere Kostenlose Bücher