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In Tödlicher Mission

In Tödlicher Mission

Titel: In Tödlicher Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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zeigen kann. In unzivilisierten Ländern ist es höfliche Sitte, einem Mann, den man liebt und ehren will, eine seiner Ehefrauen zu schenken. Ich bin ebenfalls unzivilisiert. Ich habe keine Ehefrau, aber viele Freundinnen wie Lisl Baum. Sie wird in dieser Angelegenheit keine Anweisungen von mir erhalten. Ich habe guten Grund zu der Annahme, dass sie Ihre Rückkehr heute Abend bereits erwartet.« Colombo suchte etwas in seiner Hosentasche und warf dann geräuschvoll einen Gegenstand vor Bond auf den Tisch. »Hier ist der gute Grund.« Colombo legte die Hand auf seine Brust und sah Bond ernst an. »Ich gebe Ihnen den aus der Tiefe meines Herzens. Und vielleicht auch aus ihrem.«
    Bond nahm den Gegenstand vom Tisch. Es war ein Hotelschlüssel, an dem ein schweres Metallschild befestigt war. Auf dem Schild stand:
Albergo Danieli. Zimmer 68
.

DIE HILDEBRAND-RARITÄT

Der Stachelrochen maß von Flügelspitze bis Flügelspitze etwa zwei Meter und von seiner stumpfen Nase bis zum Ende seines tödlichen Schwanzes vielleicht drei Meter. Er war dunkelgrau mit einem leichten Stich ins Lila, was in der Unterwasserwelt oftmals ein Gefahrensignal war. Als er sich vom blassgoldenen Sand erhob und davonschwamm, sah es so aus, als würde jemand ein schwarzes Handtuch durchs Wasser ziehen.
    James Bond, der seine Arme an seinen Körper gepresst hielt und sich lediglich mit einem kurzen Schlag seiner Tauchflossen fortbewegte, folgte dem schwarzen Schatten durch die breite, palmengesäumte Lagune und wartete auf eine Gelegenheit, zu schießen. Er tötete Fische meist nur dann, wenn er sie essen wollte, aber es gab Ausnahmen – große Muränen und alle Mitglieder der Skorpionfischfamilie. Nun hatte er vor, den Stachelrochen zu töten, weil er so außerordentlich böse aussah.
    Es war zehn Uhr morgens an einem Apriltag, und das Wasser der Lagune Belle-Anse in der Nähe der südlichsten Spitze von Mahé, der größten Seychelleninsel, war spiegelglatt. Der nordwestliche Monsun hatte sich Monate zuvor ausgetobt, und es würde Mai werden, bevor der südöstliche Monsun etwas Erfrischung brachte. Momentan lag die Temperatur bei achtundzwanzig Grad im Schatten und die Luftfeuchtigkeit bei neunzig Prozent, und das von der Lagune umschlossene Wasser hatte fast Körpertemperatur. Selbst die Fische wirkten träge. Ein viereinhalb Kilo schwerer grüner Papageifisch, der Algen von einem Stück Koralle abknabberte, verdrehte nur kurz die Augen, als Bond über ihm vorbeischwamm, und wandte sich dann wieder seiner Mahlzeit zu. Ein Schwarm fetter grauer Makrelen schwamm geschäftig auf ihn zu und teilte sich, um Bonds Schatten hindurchzulassen. Dann verschmolzen die beiden Gruppen wieder miteinander und bewegten sich in entgegengesetzter Richtung weiter. Eine Gruppe aus sechs kleinen und normalerweise sehr scheuen Tintenfischen machte sich nicht einmal die Mühe, die Tarnung anzupassen, während er vorbeischwamm
    Bond bewegte sich langsam vorwärts, sodass er den Stachelrochen gerade noch sehen konnte. Schon bald würde das Tier müde werden oder sich in falscher Sicherheit wiegen, wenn Bond, der große Fisch an der Oberfläche, nicht angriff. Dann würde es sich auf eine ebene Stelle auf dem Grund niederlassen, seine Farbe zu einem hellen, fast durchsichtigen Grau ändern, und sich mit sanften Bewegungen seiner Flügelspitzen in den Sand eingraben.
    Sie näherten sich dem Riff, und die ersten Korallenausläufer und Seegrasfelder tauchten auf. Es war, als würde man vom offenen Land in eine Stadt kommen. Überall funkelten und strahlten die farbenprächtigen Fische des Riffs, und die riesigen Anemonen des Indischen Ozeans leuchteten in den Schatten wie Flammen. Kolonien von Diademseeigeln bildeten schwarze Flecken, als ob jemand Tinte gegen den Fels gespritzt hätte. Und die leuchtend blauen und gelben Fühler der Langusten tasteten sich forschend aus ihren Löchern wie kleine Drachen. Ab und zu funkelten zwischen dem Seetang Kaurimuscheln auf, die größer als Golfbälle waren – Leopardenkauris –, und einmal sah Bond auch die wunderschön ausgebreiteten Finger eines Venusfáchers. Aber all das war für ihn nichts Ungewöhnliches mehr, und er schwamm unbeirrt weiter. Das Riff interessierte ihn nur noch als Deckung, hinter der er den Stachelrochen überholen konnte, um ihn dann landwärts zu verfolgen. Die Taktik funktionierte, und schon bald bewegten sich der schwarze Schatten und sein Verfolger durch den großen blauen Spiegel zurück. In etwa

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